Bürgermeister Schiller im Herrschinger Impfzentrum: Ist Herrsching ein Hotspot von Corona-Skeptikern?

Bürgermeister: Allgemeinverfügung das Mittel der Wahl

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Christian Schiller: Meldet Versammlungen an, dann gibt es sogar Polizeischutz für die Veranstaltung//

Direkt vor dem Rathaus, in dem strenge Hygieneregeln gelten, haben sich am Montag wieder Dutzende von „Spaziergängern” versammelt. Bürgermeister Christian Schiller fordert die Demonstranten auf: Meldet eine ordentliche Versammlung beim Landratsamt an.

herrsching.online: Wäre es nicht an der Zeit, mit einer Allgemeinverfügung die Spaziergänger zu regelgerechten Versammlungen zu zwingen?

Schiller: Diese Demos laufen ja unter dem Deckmantel von Spaziergängen. Grundsätzlich ist das Versammlungsrecht ein hohes Gut in Deutschland. Für angemeldete Veranstaltungen gibt es bestimmte Regeln. Da wäre es doch für das fairste Verfahren, wenn man eine Veranstaltung anmelden würde mit einem Verantwortlichen. Dann können sie 100 Mal um den Block rum gehen. Und solange es friedlich bleibt, ist dagegen auch nichts zu sagen. Wenn Versammlungen ohne Anmeldungen stattfinden, ist eine Allgemeinverfügung des Landratsamtes das Mittel, das wir einsetzen sollten. Aber, wie gesagt, das entscheidet nicht die Gemeinde, sondern der Landrat. 

herrsching.online: Die Herrschinger Inzidenz geht gerade durch die Decke. Findet die Bauausschuss-Sitzung des Gemeinderates trotzdem statt?

Schiller: Die Sitzung findet statt. Wir halten alle Regeln ein, und die Gemeinderäte sind geimpft. Und wenn einer nicht geimpft ist, ist er aufgefordert, frisch getestet den Rathaussaal zu betreten. Die Gemeinde muss ja die freie Ausübung des Mandats sicherstellen. Deswegen können wir keinen Gemeinderat draußen stehen lassen. Die Presse-Vertreter sind alle geimpft, und 3, 4 Zuschauer können dann auch noch in den Saal kommen. 

Etwas anderes sind die Sitzungen zum Beispiel von Arbeitskreisen. Wir weisen immer wieder darauf hin, dass bitte die Notwendigkeit der Zusammenkunft gerade jetzt sehr gut überlegt sein soll. Man kann sich auch in Video-Sitzungen beraten. Leider gibt es immer wieder Leute, die sich unbedingt treffen wollen. Das kann ich derzeit nicht nachvollziehen. Da ist meines Erachtens schon eine gewisse Ignoranz vorhanden. 

herrsching.online: Gemeinderat Alexander Keim, der ja bei der letzten Demo mitgegangen ist, schlägt nun einen Bürgerdialog vor dem Rathaus vor. „Es sollte in einem Ort wie Herrsching möglich sein, dass wir uns auch außerhalb der Online-Medien gegenseitig die Meinung sagen”, meinte er. Ist das eine gute Idee?

Schiller: Weder das Versammlungsrecht, die Infektionsschutzmaßnahmenverordnung noch der Infektionsschutz ist Thema der Gemeinde. Darüber hinaus ist für die Kontrolle die Polizei zuständig. Diesen Dialog müsste er mit dem Landratsamt bzw. Landrat führen. Es bringt ja nichts, wenn der Bürgermeister vor der Versammlung steht und weder zum Versammlungsrecht noch zum Infektionsschutz etwas sagen kann. Das wäre von meiner Seite aus eine Anmaßung, wenn ich zu diesen Themen zum Bürgerdialog einladen würde. 

herrsching.online: Bei der letzten Demo am Montag sind 200 Leute durch Herrsching gezogen. Ist Herrsching ein Hotspot von Corona-Skeptikern?

Schiller: Keine Ahnung, das weiß ich nicht, auch wenn ich den Bericht auf herrsching.online aufmerksam und interessiert gelesen habe. Gottseidank ist die Polizei da und begleitet den Zug. Wir wollen ja keine Ausschreitungen haben. Deshalb wiederhole ich meinen Vorschlag: Meldet eine Versammlung an, dann ist die Versammlung auch geschützt. Die Demonstranten bekommen bei einer angemeldeten und genehmigten Versammlung zudem bestimmte Rechte. Eine angemeldete Versammlung, mit entsprechend verantwortlich zeichnenden Personen wäre die ehrlichere Variante… 

herrsching.online: …mit Ansprachen und meinetwegen mit Plakaten… 

Schiller. Ja, aber wichtig ist dabei schon, dass die Demonstranten die Regeln einhalten. Wir befolgen im Rathaus sehr strenge Regeln, die vom Innenministerium vorgegeben wurden. Und wenn dann vor dem Rathaus 200 Leute dicht an dicht stehen, dann haben auch die Mitarbeiter im Rathaus kein Verständnis dafür. 

1 Comment

  1. Lieber Herr Schiller,
    in meiner zweiten Heimat Herrsching erlebe ich Sie immer als sehr pragmatischen Bürgermeister. Nun aber muß ich erfahren, dass Sie in das gleiche Horn wie Landrat Frey blasen, obwohl Ihnen (als auch medizinisch Versiertem) die neuesten Erkenntnisse zu Corona, wie sie in England, Spanien und Israel umgesetzt werden, bekannt sein dürften.
    Wenn nun viele Bürger Ihrer Gemeinde aus allen sozialen Schichten mit absolut friedlichen und auch seuchentechnisch ungefährlichen Spaziergängen auf ihre sehr wohl begründeten Zeifel und Sorgen an der Corona-Impfpolitik aufmerksam machen wollen, könnten Sie statt Verboten auch so reagieren, wie es aktuell Ihr Dienstherr Söder empfiehlt:
    „…Denn nicht jeder, der skeptisch ist, ist ein Corona-Leugner, Verschwörungstheoretiker oder Rechtsradikaler. Mehr Hinhören ist der erste Schritt zu Heilung.“
    Sie selbst wissen im übrigen ganz genau, wie derzeit mit angemeldeten Demonstrationen und Demonstranten verfahren wird…
    Also: Hinhören statt Verbote!

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