Hochwasser 1999: Das Grundproblem: steigendes Grundwasser bei hohem Seepegel

Überwachung statt Überschwemmung

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Gemeindebäche und gefährdete Geländeflächen sollen elektronisch überwacht werden/Staat zahlt Gutachterkosten/

Die Regierung will mit modernster Technik Katastrophen wie im Ahrtal verhindern. An gefährlichen und gefährdeten Bächen könnten bald automatische Wassermelder rechtzeitig vor einer drohenden Überschwemmung warnen. Die Warnungen werden dann nicht nur über Funk und Sirenen verbreitet, sondern auch über eine spezielle App, die auf jedem Handy anzeigt: Hochwassergefahr. Der Kommandant der Herrschinger Feuerwehr, Daniel Pleyer, weiß aus Untersuchungen: Ab einem Pegelstand von 534,88 Meter wird’s kritisch.

Weil Herrsching, so glaubt die Gemeindearchivarin Dr. Friederike Hellerer, alle 10 Jahre mit bedrohlichen Pegelständen rechnen muss, sollen Fachleute alle „vulnerablen” Gebiete untersuchen. Im schwulstigen Ministerialdeutsch heißt das „Sturzflut-Risikomanagement”. Das Umweltministerium will nun 75 Prozent der Gutachterkosten für einen wirkungsvollen Hochwasserschutz übernehmen. Der Gemeinderat sagte dazu: Danke, machen wir, die 25 Prozent übernehmen wir gerne.

Gemeinde-Archivarin Friederike Hellerer hat in ihrem Archiv Urkunden aufbewahrt, die von einem unvergesslichen 1. Juli 1885 berichten: An jenem Tag stieg das Wasser in dem sonst so friedlichen Kienbach auf 5 Meter an und räumte alles ab, was sich ihm in den Weg stellte. Damals allerdings, so weiß Friederike Hellerer von einer Karte aus dem Jahre 1809, war das Bächlein noch nicht domestiziert – es durfte in großen Schleifen durch das Örtchen mäandern. Die Gemeinde Herrsching bestand aus ein paar Dutzend Bauernhöfen, die auf ihren Feldern genug Auslauf für den überquellenden Bach boten.

Als zu Beginn des 20. Jahrunderts eine Bahnverbindung nach Herrsching gebaut wurde, musste das natürliche Bachbett dem Fortschritt weichen – es wurde begradigt und südlich des neuen Bahnhofs Richtung See geleitet. Deshalb gilt der Flussbett-Tunnel unterm Bahnhof als eine der verwundbarsten Stellen in Herrsching.

Überschwemmungen, an die sich noch viele Herrschinger erinnern, passierten im Jahr 1965, 1999, 2005 und 2016. Wenn der 10-Jahres-Rhythmus tatsächlich eintritt, hätte Herrsching also noch 4 Jahre Zeit, Kienbach, Fendlbach, Fischbach oder das Rinnsal vom Jaudesberg in Breitbrunn hochwasserfest zu gestalten.

In einem Hochwasserkonzept, so Bürgermeister Schiller, sind aber auch Privatleute, sprich Hausbesitzer aufgefordert, Vorsorge zu treffen. Für alle Hochwasser-Ereignisse außerhalb einer 5-Jahres-Periode müssen die Hausbesitzer gewappnet sein.

Der Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Herrsching, Daniel Pleyer, hat im Video-Interview mit herrsching.online aber darauf hingewiesen, dass das Problem nicht nur von den Bergen kommt: Auch der Grundwasserspiegel sei ein großes Problem im Frühjahr. Wenn die Ammer fünfmal mehr Wasser einspeise, als die Amper abtransportieren kann, drückt das Grundwasser aus dem Erdreich. Wenn dann noch ein starker Westwind Seewasser ans Ostufer drückt, können die Herrschinger Bäche ihre Fracht nicht mehr im See abladen – die Bachpegel steigen dadurch zusätzlich ab. Dagegen hilft dann kaum ein Frühwarnsystem – da hilft nur: Keller ausräumen und Hosen hochkrempeln.

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