Neue Schindlbeck-Klinik an der Seefelder: Ist Geiz oder Gier im Spiel?

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Für den Neubau einer Klinik hat Herrsching nur noch einen Standort zu bieten: Das Gebiet westlich der Seefelder Straße. Hier sollte auch schon das neue Gymnasium entstehen, das Projekt scheiterte nach Angaben der Gemeinde an den Preisforderungen der Grundstückseigentümer. Immer wieder wird die bisher landwirtschaftlich genutzte Fläche als Standort für die vereinigte Westklinik genannt. Für den FDP-Gemeinderat Alexander Keim sind „marktgängige Preisforderungen” kein Grund, den Standort zu verwerfen. Man solle aus den Verhandlungen für den Gymnasium-Standort lernen, empfiehlt er. Hieße: Landrat, sei nicht so geizig und biete einen Preis, bei dem die Eigentümer schwach werden.

Gemeinderat Alexander Keim: Der Landrat soll marktgängige Preise bieten

herrsching.online: Nachdem die Widerstände gegen eine Klinik im Landschaftsschutzgebiet in Hechendorf zunehmen, könnte wieder Bewegung in die Standortfrage kommen.  Wenn wir den Landrat in dem Interview mit herrsching.online richtig verstanden haben, verhandelt er mit verschiedenen Grundstückseigentümern,  „da und dort“. Auch mit Grundstückseigentümern an der Seefelder Straße?

Keim: Der alternative Standort an der Seefelder Straße ist die einzige freie Fläche in Herrsching, auf der sich ein Klinikneubau mit dem angezeigten Flächenbedarf von etwa. 25.000 Quadratmetern realisieren ließe. Dass dort unter der Führung von Landrat Stefan Frey Verhandlungen laufen, ist kein Geheimnis. Der Landrat hat bereits mehrfach gesagt, dass man „mehrgleisig“ unterwegs ist und einen Alternativstandort brauchen wird, falls das Vorhaben in Hechendorf nicht umsetzbar ist. Präferenz hat laut Klinikchef Thomas Weiler ja der Ausbau der Schindlbeckklinik. Über die Erweiterbarkeit dieses Standorts befindet aber erst mal das Bayerische Gesundheitsministerium. Es ist also kein Wunschkonzert. 

herrsching.online: Nun gelten die Eigentümer dieser Fläche als tüchtige Geschäftsleute. Schon bei der Standortfrage zum Gymnasium ging das Gerücht um, sie wollten viel mehr Geld als die angebotenen 70 Euro pro Quadratmeter. Sie kennen ein paar dieser Eigentümer. Stimmt das Gerücht?

Keim: Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden hat erst vor kurzem bekannt gegeben, dass in Bayern der Quadratmeter Bauland im Durchschnitt 349 EUR kostet. Noch auszuweisendes Bauland ist in Herrsching so knapp wie sonst fast nirgendwo in Bayern. Jetzt reden wir bei den betreffenden Flächen von landwirtschaftlicher Nutzfläche, für die der Bodenrichtwert weit unter dem von Ihnen genannten Preis liegt. Dennoch kann ich jeden Eigentümer nur zu gut verstehen, wenn er oder sie für sich und seine Familie den bestmöglichen Verkaufspreis erzielen möchte. Daher sollte man mit marktgängigen Forderungen rechnen, wenn man sich als öffentlicher Bauherr um solche Flächen bemüht. Zudem gibt es eine Lernkurve, die aus den gescheiterten Verhandlungen in Bezug auf das Gymnasium resultieren sollte. 

herrsching.online:  In der Gemeinde verbreitet sich das Gerücht, die Grundstückseigentümer würden gerne ein sogenanntes Koppelgeschäft machen: Sie verkaufen Grund für die Klinik zum vom Kreis angebotenen Preis, wollen aber für die restliche Fläche einen Bebauungsplan, um diesen Grund viel teurer an Privatleute verkaufen zu können. Haben Sie in dieser Richtung Informationen?

Keim: Das ist für mich kein Gerücht, sondern ein kritischer Punkt, der ebenfalls bei den gescheiterten Verhandlungen zum Gymnasium zum Tragen kam. Es gab damals eine juristische Stellungnahme, die von einem Kopplungsverbot für diese Art des Geschäfts ausgegangen ist. 

herrsching.online: Nun sind aber Koppelungsgeschäfte für die Öffentliche Hand ausdrücklich verboten. Landrat oder Bürgermeister würden sich wahrscheinlich strafbar machen, wenn sie auf solche Forderungen eingehen würden – sieht man einmal davon ab, dass ja der Gemeinderat mit Mehrheit zustimmen müsste. 

Keim: Als Laie in Rechtsfragen mag ich mir dazu kein Urteil erlauben. Wenn die Öffentliche Hand bei den aktuellen Grundstückspreisen in der Region aber handlungsfähig bleiben möchte, so sollte sie sich zumindest bemühen, kreative rechtssichere Lösungen für derart eingefahrene Situationen zu finden. Wir hatten bei der letzten Gemeinderatssitzung lange Diskussionen über die Probleme mit dem gewählten Standort für das Gymnasium an der Mühlfelder Straße. So sehr ich dieses Vorhaben begrüße und mich für die Kinder freue, die diese Schule besuchen werden – das hätte man damals schon einfacher haben können. Dass es so schnell ein Déjà-vu geben wird, hätte ich mir bei der Aufnahme meines Mandats nicht gedacht. Um es abschließend zu sagen, werde ich den Eindruck nicht los, dass man manche Dinge komplizierter darstellt als sie sein müssten. Vielleicht „darf“ es keine Klinik in Herrsching mehr geben, aus welchen Gründen auch immer.

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