Rad- und Fußweg kostet 15 Bäumen das Leben

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Der Bauausschuss des Gemeinderates hat gesprochen: Der Radweg hinter der Polizeistation wird gebaut. Die Gemeinderäte stimmten dem Vorschlag der Verwaltung zu, 15 Bäume – 8 hinter der Polizei, 7 an der Westgrenze des Polizeigebäudes – zu fällen. Die gute Nachricht: Bäume auf den Nachbargrundstücken müssen nicht gefällt werden. Anmerkung von Gemeinderat Christoph Welsch dazu: „Die gehören uns ja auch nicht.”

Die Gemeinde hatte es sich, wie Gemeinderätin Claudia von Hirschfeld und Gemeinderat Wolfgang Darchinger lobend erwähnten, mit den Bäumen nicht einfach gemacht. Die Umweltreferentin im Herrschinger Rathaus, Franziska Kalz, hatte bei der Firma Treeconsult ein Gutachten in Auftrag gegeben, das auf 28 Seiten alle Bäume an und auf der späteren Trasse unter die Lupe nahm – fast wörtlich: Die Experten entdeckten sogar Spechtlöcher in einem Stamm.

Allerdings war das Gutachten nicht aktuell: Es geht davon aus, dass der Fuß- und Radweg hinter dem Kinderhaus nach Westen führt. Wegen eines renitenten Nachbarn, der sein Wegerecht nicht abgetreten wollte, führt der Weg aber zur Rieder Straße zurück. Und auf diesem Teilstück stehen ebenfalls Bäume, die – ganz wörtlich – im Wege stehen.

Der kombinierte Fuß- und Radweg wird etwa 3,50 Meter breit werden, breit genug für den Begegnungsverkehr der Lastenräder.

Bauamtsleiter Guido Finster trug im Bauausschuss drei Bauvarianten für den Pedalpfad vor:  

1. Konventioneller Aufbau des Weges. Er würde das Wurzelwerk vieler Bäume beschädigen und kommt für Finster deshalb auch nicht in Frage.

2. Bodenaustausch

3. Der Weg wird als Steg angelegt, über die Wurzeln führt eine Brücke. Diese Baum-schonende Methode sei aber, so Finster, viel zu teuer und komme für Herrsching nicht in Betracht. Außerdem wäre der Winterdienst für den Steg problematisch.

Die Gutachter schlagen nun als Alternative ein Verfahren vor, das beim Wegebau die Wurzeln schont und den Druck der Fahrbahn und des Verkehrs verteilt: Unter dem Fahrbelag liegt ein Verteiler-Vlies, das die Wurzeln vor allem der Nachbarbäume schonen soll.

Keinen Zweifel lassen die Gutachter daran, dass alle Bäume am Wegesrand, die auf Gemeindegrund und auf der Grenze stehen, gefällt werden müssen. Das kostet dann 8 Bäumen unterschiedlicher Art das Leben.

Gemeinderat Christoph Welsch (Grüne) fragte dann an, ob man den Weg nicht weiter nach Süden Richtung Polizeiinspektion rücken könne. An der Grenze zu diesem (staatlichen) Grundstück wachsen vor allem Thujen, die einen geringen ökologischen Wert haben. Das ökologische Entlastungsargumente, dass man die Bäume auf den Nachbargrundstücken verschonen könne, konterte er mit dem lakonischen Hinweis, dass diese Bäume ja nicht im Gemeindebesitz seien.

Gemeinderäte Claudia von Hirschfeld (BGH) warf die Frage in den Raum, ob man nicht Rudimente von gefällten Bäumen als „Insektenhotel” stehen lassen könne. Finster versprach, diese Anregung mit der Umweltbeauftragten Franziska Kalz zu besprechen.

Gemeinderat Wolfgang Darchinger (Grüne) tippte dann noch ein an die Wurzel gehendes Thema an, das der Verwaltung schwer im Magen liegt: Die Bäume an der Seepromenade drücken ihre Wurzeln an einigen Stellen aus dem Asphalt heraus. Bürgermeister Schiller stöhnte daraufhin: „Ein komplexes Thema.” Könnte heißen: Diese Wurzeln haben kommunalpolitische Sprengkraft.

Ein Thema, das auch eine ökologische Wirkung hat, war die Beleuchtung des Weges. Volle „Stadionbeleuchtung” würde viele Tiere stören. Bauamtsleiter Finster  versprach niedrig aufgehängte Lampen, die man zudem in der Nacht noch dimmen könne. Bewegungsmelder, wie sie Gemeinderat Gerd Mulert vorgeschlagen habe, seien zu teuer.

Bei der Abstimmung gab es einhellige Zustimmung. Auch die grünen Räte stimmten der Wegeführung und der Fällung von mindestens 15 Bäumen zu.

Nicht diskutiert wurde die Frage, ob der Weg durch die geänderte Planung überhaupt noch sinnvoll ist. Benutzt eine Radfahrerin, ein Radfahrer mit Kinderanhänger den Umfahrungsradweg Oberer Stocketweg, Polizei-Tangente? Dieser Weg ist von der Abzweigung Rieder Straße bis zum Eingang Kinderhaus etwa 370 bis 400 Meter lang. Würde der Zweirad- und Fußgängerverkehr aber auf der Rieder Straße bleiben und an der Verkehrsinsel die Staatsstraße überqueren, wäre der Weg nur 250 Meter lang.

Gemeinderat  Gerd Mulert, selbst nicht im Bauausschuss, dazu: „Der Weg wird auch von Spaziergängern und Joggern genutzt. Wir kennen (aus Anliegersicht) sehr viele Personen, die aus Lochschwab West den Weg bei uns vorbei nach Rausch gehen und beim Bauern Jäger vorbei zurück gehen. Das ist ein wunderschöner Rundweg. Der ist bislang nur an einer Stelle nicht schön, das ist genau der Übergang über die Rieder Straße im Bereich der Hechendorfer Straße/Stocketweg. Der neue Stichweg am Kindergarten vorbei ist die Alternative.”

Das ist sehr schön für die Spaziergänger, aber ob ein Spazierweg 50 000 Euro kosten darf (das ist eine grobe Kostenrechnung), ist damit noch nicht beantwortet.

1 Comment

  1. Wie schreiben Sie so „schön“: ….Über die Frage, ob dieser Rad- und Fußweg überhaupt Sinn macht, wird vermutlich nicht entschieden.… wir bewegen uns übrigens hier im gleichen B-Plan bei dem es dem Bauamt total wuppe ist, dass dieser, was die Anforderungen an die Bepflanzung angeht, eingehalten wird! Mißachtung mit Ansage!
    Wie sollen die gleichen Bauauschussmitglieder mit der Eignung und Erkenntnis gesegnet sein, diesen Blödsinn von Trassenführung zu unterbinden? Mir bleibt die stille Hoffnung, dass sich sechs Vernünftige finden, die den Quatsch ablehnen.
    Anschließend könnten die Damen und Herren prüfen, was aus dem festgesetzten B-Plan geworden ist.

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