Ein Schwarm, von dem niemand träumt. Und wenn, dann nur in Albträumen: Im Mai und Juni machen sich Teile der Bienenvölker auf eine abenteuerliche Reise. Ziel: unbekannt. Imker hassen diese Fluchten, Spaziergängern wie Gartenbesitzern kommt das kalte Grausen, wenn sich Zehntausende von Honigsammlern an irgendwelche Bäume hängen. Dabei sind die schwärmenden Bienen so friedlich wie Schmetterlinge – sie stechen eigentlich nicht. Wir konnten uns selbst davon überzeugen, als ein Breitbrunner Imker eine summende Traube einsammelte.
Imker, die ein herrenloses Bienenvolk finden, betrachten die hochfrequent summende Traube als Himmelsgeschenk. In Breitbrunn hatte sich kürzlich eine Königin mit ihrem abtrünnigen Volk in einem Garten festgesetzt. Ein Besitzer war nicht auszumachen. Da sammelte ein ehemaliger Imker das bienenfleißige Völkchen ein – und kann bald wieder Honig liefern.
Der Himmel verdunkelt sich, wenn ein abtrünniges Bienenvolk auf die Reise geht – die alte Königin mittendrin. Im Bienenstock war eine junge, neue Königin hochgepäppelt worden, für zwei Chefinnen ist aber kein Platz in den Waben. Bevor der fluchtwillige Teil des Volkes auf Reisen geht, frisst er sich noch den Bauch voll, denn ohne Proviant würde der Ausflug schnell im Desaster enden. Der Vorrat reicht für etwa 3 Tage, dann muss eine neue Behausung bezogen sein.
Auch wenn eine solche Menge Bienen Respekt einflößt – keine Angst: Bienen, die schwärmen, stechen nicht. Denn sie haben nichts zu verteidigen, weder einen Bienenstock mit Brut noch Honigvorräte. Sie suchen nur eine neue Heimat. Sie bevorzugen Höhlen in alten Bäumen in etwa fünf Meter Höhe mit ungefähr 40 bis 60 Liter Inhalt. Auf der Reise sendet der Schwarm Spurbienen aus, die geeignete Stellen auskundschaften und die frohe Kunde dem Schwarm mitteilen. Dazu nutzen sie den Schwänzeltanz. Die Bienen entscheiden sich dann für den am besten geeigneten Platz für den Aufbau eines neuen Bienenvolkes.
Die meisten Imker haben wenig Interesse daran, dass ein Teil des Volks abtrünnig wird. Denn einerseits bringen geteilte Völker nicht mehr so viel Honig, andererseits haben Schwärme kaum Chancen zu überleben, wenn sie der Imker nicht findet. Findet der Schwarzm nämlich keine neue Behausung, stirbt er an Futtermangel oder geht an der Varroa-Milbe zugrunde.
Der Breitbrunner Imker, der das besitzerlose Völkchen aus dem Baum gepfückt hatte und ihm eine neue Heimat bot, hat der Natur, den Obstbäumen und der Honig-süchtigen Bevölkerung einen großen Gefallen gemacht.