Warum manche Hausärzte nicht impfen wollen

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„Dass Arztpraxen impfen, kann politisch nicht ernstlich gewollt sein”, schimpft Dr. X im Gespräch mit herrsching.online. Grund: Trotz gegenteiliger Beteuerungen sei der bürokratische Aufwand für die Ärzte riesig und neben der Alltagsarbeit in den Praxen nicht mehr zu leisten. Seinen Namen will der Allgemeinarzt nicht in der Zeitung lesen.

Es sollte der neue „Game Changer” werden: Landrat Stefan Frey hatte 10 000 Impfdosen für die Hausärzte im Landkreis Starnberg angekündigt. „Melden Sie sich bei Ihrem Hausarzt”, war der Rat von Offiziellen, wenn sich besorgte Bürger wegen eines Impftermins erkundigten. „Ärzte sind ein Stück weit flexibler als die Impfzentren”, sagte Landrrat Frey auf einer Pressekonferenz. Will heißen: Dort wird auch mal eine Impfung gesetzt, die nicht buchstabengetreu der Bundesimpfordnung entspricht.

St. Bürokratius auch beim Impfen

Also alles gut? Nicht alle Hausärzte sind mit ihrer neuen Rolle als Pandemie-Superwaffe glücklich. Ein Allgemeinarzt, der nicht genannt sein will, machte herrsching.online gegenüber seinem Ärger über die Gesundheitsbürokraten Luft: „Wer die Dokumentationspflicht für die Hausärzte erfunden hat, der kann nicht ernsthaft wollen, dass in den Praxen geimpft wird”, meinte er, erkennbar fertig mit den Nerven. „Ich arbeite zur Zeit 12 Stunden am Tag, und dann ist einfach mal der Akku leer”, meinte er im Gespräch mit herrsching.online. Dass Ärzte beim Impfen weniger bürokratische Zusatzaufgaben hätten, hält er für pure Desinformation der Politik. „Ich müsste jeden Abend, und zwar vor 12 Uhr Mitternacht, bei der Kassenärztlichen Bundes-Vereinigung mit einem komplizierten Einwahlverfahren melden, welche Patienten ich mit welchem Impfstoff geimpft habe”, schimpft Dr. X. Die Einwahl funktioniere nicht mit einem einfachen Passwort, sondern mit einem Token (Hardware-Komponente zur Identifizierung des Benutzers).

Drängeln sich manche Patienten in den Praxis vor?

In welchen Arm das Anti-Covid-Vakzin gespritzt wird, sollte auch bei Hausärzten die Bundesimpfvordnung regeln. Dass dabei Menschen aus einer niedrigeren Priorisierungsgruppe nach vorne hüpfen und vom Hausarzt bevorzugt werden, kann schon mal vorgekommen. Inzwischen weiß man: Es ist bereits vorgekommen. herrsching.online liegt der Bericht eines Bürgers vor, der von seinem Arzt „außer der Reihe” bedient wurde, obwohl er noch zu jung für eine Impfung gewesen wäre.

Impfstoff ist kein Wunschartikel

Man kann sich vielleicht den Arzt aussuchen, aber nicht den Impfstoff: „Alle Vakzine sind wirksam”, sagt das Landratsamt Starnberg. Wer eine AstraZeneca-Impfung verweigere, müsse sich in der Impfreihenfolge wieder hinten anstellen. Zur Beruhigung der Landkreis-Bürger versprach der Leiter des Starnberger Impfzentrums, Roland Schwankhardt: „Wir haben noch nie eine Impfdose weggeworfen, weil sich kein Abnehmer gefunden hat. Jeder Tropfen findet seinen Weg in einen Arm.”

Möglich, dass es in Ausnahmefällen zu einer gewissen Priorisierung von Privatpatienten kommen könnte. Das ist wohl in epidemiologischer Sicht nicht schlimm – wohl aber aus Sicht der Ethiker. Denn Supermarkt-Kassiererinnen, die täglich Hunderte von Kontakten haben, sind in der Regel nicht privatversichert.

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