Landrat Stefan Frey stellt in einem Videoclip (gym-herrsching.de) die Baustelle vor. Zwei von vier Lernhäusern werden bis zum Beginn des neuen Schuljahres fertig werden. Foto: Landratsamt Starnberg

Unterrichtsstart im neuen Gymnasium: „Es wird knapp“

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Es war ein Parkchaos, als würden die Volleys um die Deutsche Meisterschaft spielen: Dabei ging es nicht um Meisterehren, sondern um den Master-Nachwuchs: Der Förderverein Gymnasium Herrsching bat in Kooperation mit dem Landratsamt zur großen Präsentation : Etwa 700 Mütter, Väter, Kinder, ja sogar Opas und Omas wollten vom Landrat und von der Schulleiterin Dr. Eva Weingandt wissen, ob der neue Bildungstempel rechtzeitig fertig wird. Dazu hatte Landrat Frey eine gute und eine schlechte Nachricht: Zwei Lernhäuser schaffen den Zieleinlauf bis September 2025, die beiden anderen Unterrichtseinheiten werden vermutlich erst im neuen Jahr in Betrieb gehen. Den größten Jubel gab es unter den Schülern und Eltern bei der Verkündung des morgendlichen Schulbeginns: Um 8.30 Uhr ertönt der Gong. Wie das Gymnasium heißen wird, das bestimmt, so Schulleiterin Weingandt, die Schulgemeinschaft. Einen Vorschlag gibt es schon vom ehemaligen Gymnasiallehrer und Schriftsteller Robert Volkmann: Albrecht-Haushofer- Gymnasium, benannt nach einem Widerstandskämpfer aus dem Fünf-Seen-Land (siehe auch Artikel unten).

Dass jemals ein Gong im Mühlfeld erklingen wird, verdankt die Seegemeinde auch einem Verein, der mehr als ein Jahrzehnt lang eisern an eine höhere Bildungsanstalt in Herrsching glaubte. Beim Spatenstich fürs neue Gymnasium plauderte die Zweite Vorsitzende des Fördervereins, Dr. Sonja Sulzmaier, ein bisschen aus dem Schreibmäppchen: Mit Misstrauen habe der damalige Minister für Unterricht und Kultus, Ludwig Spaenle, auf die Forderungen nach einem zweiten Gymnasium im westlichen Landkreis geblickt. Er glaubte nicht an die Prognosen der Schülerzahl-Entwicklung.

Seehofer machte das Projekt zur Chefsache

Aber er hatte nicht mit dem Ehrgeiz und der Hartnäckigkeit des Fördervereins gerechnet. 2013 hatte sich die CSU-Kreisgruppe in Andechs getroffen, Ehrengast war der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer. Sonja Sulzmaier erinnert sich noch genau daran, wie Seehofer im Bräustüberl verschwand und nur die beiden Vertreter des Fördervereins, Jens Waltermann und Sonja Sulzmaier, mit in den Saal bat. Dort hörte er sich die Argumente der beiden geduldig an und versprach dann, das Gymnasium-Projekt zur Chefsache zu machen. Und tatsächlich beschloss der bayerische Ministerrat im Sommer 2013 den Bau der Schule.

„Als wollte man ein Atomkraftwerk bauen“

Zwölf Jahre nach diesem historischen Beschluss ist das Projekt keine ferne Utopie mehr, sondern konkrete Wirklichkeit: Sonja Sulzmaier eröffnete die Informationsveranstaltung 236 Tage vor dem ersten Gong. Ihr Co-Vorsitzender Jens Waltermann erinnerte in seiner Begrüßung an die Widerstände („als wollte man ein Atomkraftwerk bauen“), pries das Gymnasium aber auch als Beispiel dafür, was bürgerliches Engagement bewirken könne. Er freue sich besonders, dass diese Schule für alle offen stehe und keine Privatschule sei. Ein bisschen Pathos ist an einem solchen Tag natürlich auch erlaubt: „Diese Schule wird ein Lern- und Lebensort sei, an dem die Schüler auch voneinander lernen können.“

Filigrane Strukturen: Durch viel Glas und Holz wirkt der Bau feingliedrig. Foto: Landratsamt Starnberg

Der Bauherr, der 110 Millionen Euro auftreiben, erklären und rechtfertigen muss, kam dann zu den Fakten: Landrat Stefan Frey streifte kurz all die Widrigkeiten, die ein Großprojekt in der Nähe eines geschützten Biotops an Überraschungen bereithält, an die Auseinandersetzungen mit Nachbarn, die explodierenden Baukosten („teilweise bis zu 50 Prozent Teuerung“), die Verkehrsprobleme und die am Bau üblichen Verzögerungen. „Es wird knapp mit der Fertigstellung im September“, sagte er. Aber der Schulbeginn mit zwei Lernhäusern am 16. September ist wohl schon in Stein gemeißelt. Die Häuser seien jetzt dicht und auch beheizt, im Februar werde das Parkett verlegt. 96 Prozent aller Gewerke seien schon vergeben. Alle Arbeiten mussten nach EU-Recht europaweit ausgeschrieben werden – „ein unvorstellbarer Aufwand“. So etwas macht öffentliches Bauen weder billiger noch schneller.

110 Millionen Kosten: Die Preise stiegen um bis zu 50 Prozent

Immerhin 21 der 110 Millionen Gesamtkosten kommen aus Fördertöpfen, rund 10 Prozent, also mindestens zehn Millionen, muss die Gemeinde Herrsching beisteuern. „Das alles geht natürlich nicht ohne neue Schulden“, räumte Frey ein.

Was um und mit der Schule passiert, das also entscheidet der Landkreis, was in der Schule läuft, hängt von der im letzten Sommer bestellten Schulleiterin Dr. Eva Weingandt ab. Irgendwann einmal wird die Schule 1000 Schülerinnen und Schüler unterrichten. Das Gymnasium startet mit den Jahrgangsstufen 5 bis 9. Die Jahrgangsstufen 5 bis 7 beziehen Lernhäuser mit familiärer Atmosphäre. Ein Lernhaus besteht aus mehreren Instruktionsräumen und Freiarbeitsflächen, die um einen zentralen „Marktplatz“ gruppiert sind. So entstünden viele Lernmöglichkeiten und attraktive Lernorte.

Ab den Jahrgangsstufen 8 – 13 lernen die Schülerinnen und Schüler in Fachlandschaften (Sprachen, Mathematik, Biologie, Chemie, Physik und Gesellschaftswissenschaften). Für ein intensives gymnasiales, fachliches Arbeiten, Experimentieren und Erleben ist jeweils ein Lernhaus pro Fachbereich ausgestaltet. Für jede Jahrgangsstufe stehen darüber hinaus großzügige Aufenthaltsräume zur Verfügung. 

Die Teamräume für die Lehrkräfte und für Ganztagspersonal befinden sich als Arbeits- und Rückzugsort in den Lernhäusern und in den Fachwelten. So könne ein enger Kontakt zwischen Lernenden und Begleitenden hergestellt werden. 

Die klassische Unterteilung in naturwissenschaftliche und sprachliche Gymnasien gilt für Herrsching nicht mehr: Kinder können ab der Mittelstufe zwischen einer naturwissenschaftlich-technologischen und einer sprachlichen Ausbildungsrichtung wählen. In beiden Zweigen können unterschiedliche Sprachenfolgen gewählt werden 

Sprachen oder Formeln: Herrsching bietet alles

Ganztagesschule für Unter- und Mittelstufe

Mustergültig und Eltern-freundlich ist auch das Modell der teilgebundenen Ganztageschule für die Unterstufen von Jahrgang 5 bis 7. Die Ganztagsschule umfasst von Montag bis Donnerstag mindestens zwei und wenn gewünscht vier Ganztage von 8.00 bis 16.00 Uhr. Schülerinnen und Schüler der Mittelstufe (Jahrgangsstufe 8 bis 10) haben die Möglichkeit, sich im teilgebundenen Ganztag anzumelden, sind aber nicht dazu verpflichtet. 

Lernen ist auch harte Arbeit

Weingandt präsentierte auch ein Lernkonzept, dass in seiner Modernität der Architektur des Hause entspricht, marketingmäßig in die drei Ks gepackt: Kommunikation, Kreativität und Kollaboration. Darunter dürfe man das kritische Denken der Schüler verstehen. Dass das keine Kuschelpädagogik wird, macht sie mit einem Statement klar: „Wir erkennen das Lernen als harte Arbeit.“ Damit es nicht gar zu hart wird, gibt es kleine, schlaue Helferlein ab der Jahrgangsstufe 5 in Form von I-Pads, auf denen digitale Lernplattformen (ByCS und mebis) installiert sind. Pädagogisch weniger wertvolle Apps seien verpönt (zustimmendes Lachen im Saal).
Die Rolle der Lehrkräfte am Gymnasium Herrsching lasse sich gut mit der Tätigkeit von Regisseuren beschreiben, die den Unterricht flexibel gestalten und auf die Rückmeldungen der Lernenden eingehen. „Als fachliche und didaktische Experten „designen“ die Lehrkräfte den Unterricht, begleiten und geben individuelle Hilfestellungen.“

Tests werden vorher angekündigt

Mit Wohlwollen im Saal wurde auch die Ankündigung aufgenommen, dass Prüfungstermine vorher angesagt werden. Fördervereins-Vorständin Sonja Sulzmaier dazu: ”Ich kenne das von einigen Schulen (auch denen meiner Töchter), dass manche Lehrer die Tests ankündigen und andere nicht. Und die Kinder wissen, bei welchen Lehrern unangekündigte Tests kommen können, und bei welchen nicht.
Unangekündigte Tests dürfen nicht verboten werden, aber sie sind halt auch nicht vorgeschrieben.“

So meldet man sein Kind an

In der vierten. Klasse der Grundschule erhalten Eltern mit dem Übertrittszeugnis im Mai eine Information, für welche weiterführende Schulart Ihr Kind geeignet erscheint. Dieses Zeugnis ist Voraussetzung für die Anmeldung am Gymnasium. Am Informationsabend für die zukünftigen fünften Klassen können sich Eltern über unsere Schule informieren. 

Die Einschreibung findet Anfang Mai statt (Montag, 5. Mai und Di, 6. Mai). Bereits vorab können Eltern alle wichtigen Daten für das Kind von zu Hause über unser Online-Formular hochladen. Das wird Anfang April freigeschaltet. Schülerinnen oder Schülern ohne Übertrittszeugnis können am Probeunterricht teilnehmen. In diesem Fall vereinbaren Eltern über das Sekretariat einen Beratungstermin.

Im ersten Vierteljahr des neuen Gymnasiums wird es übrigens noch nicht zischen und knallen: Die Laborräume für Physik und Chemie werden erst zum neuen Jahr 2026 fertig werden. „Experimente müssen dann halt um ein paar Monate verschoben werden“, meinte Dr. Weingandt pragmatisch. Ein neuer Einstein, so er mal in Herrsching zur Schule ginge, würde daran nicht scheitern.

Hauptdarsteller, Publikum in der neuen Turnhalle der Realschule: Von links: Altlandrat Roth, der die Planung eines Gymnasiums maßgeblich vorgetrieben hatte, der Vorsitzende des Fördervereins, Jens Waltermann, seine Stellvertreterin Dr. Sonja Sulzmaier, Bürgermeister Schiller, die Schulleiterin Dr. Eva Weingandt, Landrat Stefan Frey und Kreiskämmerer Stefan Pilgram. Foto: Gerd Kloos

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