Auch wenn mehr Delikte angezeigt werden, ist das Vier-Seen-Land noch lange kein Hotspot der Kriminalität. Hauptkommissar Christian Schäffler hat immer noch gute Laune. Foto: Gerd Kloos

Mehr Delikte, weniger Aufklärung

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Diebe, Trickbetrüger und Sprayer sind wieder mit voller Schaffenskraft am Werk: Im Bereich der Herrschinger Polizeiinspektion wurden im letzten Jahr fast 10 Prozent mehr Straftaten angezeigt. Dafür ging die Zahl der aufgeklärten Fälle zurück. herrsching.online hat den stellvertretenden Leiter der Herrschinger Polizei, Polizeihauptkommissar Christian Schäffler, um Aufklärung gebeten.

herrsching.online: Eigentlich, so denkt der brave Bürger, ist Herrsching ein ruhiges Pflaster. Aber die Polizeistatistik des letzten Jahres verzeichnet eine Steigerung der Straftaten um 8,9 Prozent, die Aufklärungsqute aber fiel um fast 10  Prozent auf etwas mehr als die Hälfte aller Straftaten.  Was hat die Aufklärungsquote unter 60 Prozent gedrückt – schwierige Fälle, zu wenig Personal oder der statistische Zufall? Immerhin liegt die Aufklärungsquote im ganzen Kreis bei über 60 Prozent.

Schäffler: Alle diese Erklärungen stimmen ein wenig, und dann auch wieder nicht. Ein Grund für die gesunkene Aufklärungsrate ist eine Veränderung der Delikte.

Die Straftaten verlagern sich immer mehr ins Internet und betreffen das kontaktlose Betrügen wie WhatsApp-Delikte unter dem Stichwort „Hallo Mama”. Und dann nehmen Straftaten wie der Fahrraddiebstahl zu, die während der Coronazeit kaum  noch passiert sind. Während einer Ausgangsbeschränkung brauchte niemand ein Radl zu klauen. Auch die Ladendiebstähle nehmen in der Post-Coronazeit wieder zu.

herrsching.online. Internet-Betrügereien sind sehr schwer aufzuklären?

Schäffler: Ja, aber auch Fahrraddiebstähle. Da ist es meist Glückssache, dass man einen Zweiraddieb erwischt – es sei denn, im Rad ist ein Ortungssender verbaut. Ladendiebstähle machen dagegen weniger Arbeit, weil das Personal vorher schon tätig war. Wenn ein Diebstahl nicht aufgedeckt wurde, gibt es auch keine Meldung an die Polizei. Deshalb ist bei Ladendiebstählen die Aufklärungsquote auch viel höher.

herrsching.online: Welche anderen Deliktgruppen machen Ihnen viel Arbeit?

Schäffler: Wir hatten im letzten Jahr eine Graffity-Serie mit 70 Fällen, deren Aufklärung sich über 2 Jahre hingezogen hat. Mittlerweile sind die Täter überführt. Deshalb gibt es auch eine statistische Besonderheit. Wenn solche Serien in einem Jahr aufgeklärt werden, schnellt natürlich die Aufklärungsquote nach oben. Und wenn solche Deliktserien im nächsten Jahr nicht mehr passieren, sinkt natürlich die Quote wieder.

Aber Sie haben recht, die um 10 Prozent gesunkene Aufklärungsstatistik ist nicht nur damit zu erklären.

herrsching.online: Ist die Personalausstattung in Herrsching nicht ausreichend?

Schäffler: Nein. Wir haben zwar viele Aufgaben, aber der Personalbestand wächst. Es wäre unfair zu behaupten, wir hätten zuwenig Personal.

herrsching.online: Auch die Verkehrsunfälle haben gegenüber 2021 leicht zugenommen, es war sogar ein Toter zu beklagen. Ist die Verkehrsmoral schlechter geworden, oder hat im Post-Corona-Jahr einfach der Verkehr wieder zugenommen? Immerhin ist die Tendenz in der Unfallstatistik in Oberbayern Nord seit 2017 stark zurückgegangen. Welche Gründe sehen Sie dafür, dass die Zahl der Unfälle hier sogar leicht angestiegen ist?

Schäffler: Zuerst einmal sollten wir einen Referenzwert nehmen, der sinnvoll ist – und das ist der Wert aus dem Jahre 2019, also vor Corona. Die Statistik für 2022 weist gegenüber 2019 einen Rückgang der Unfälle mit Sachschaden um 18 Prozent aus. Bei schwer verletzten Personen haben wir gegenüber der Vor-Corona-Zeit einen Rückgang um 23 Prozent.

Bei den tödlichen Unfällen schwanken die Zahlen zwischen null und 3 Todesfällen. 2022 gab es einen tödlichen Verkehrsunfall, als ein junger Mann nach links von der Fahrbahn abkam und gegen einen Baum prallte. Der Fahrer war unangeschnallt, Drogen oder Alkohol waren nicht im Spiel, die Unfallursache blieb letztlich ungeklärt. 2019 hatten wir 3 tödliche Unfalle zu beklagen.

herrsching.online: In vielen Polizeiberichten ist die Rede von Unfällen mit Pedelecs. Die Unfälle haben in Oberbayern um rund 5 Prozent zugenommen. Stellen Sie in Herrsching und Umgebung auch eine Häufung von Strom-Radlern fest, die mit ihrem heißen Stuhl ins Straucheln kamen?

Schäffler: Bei den Fahrradunfällen haben wir tatsächlich eine  Steigerung von 22 Prozent. Allerdings muss man bei dieser Zahl berücksichtigen, dass der Fahrradverkehr, und hier insbesondere die Pedelecs, massiv zugenommen hat. Die Unfälle haben, setzt man sie ins Verhältnis zum Fahrradverkehr, nicht proportional zugenommen. Zumal viele Pedelecfahrer den Sport neu entdeckt haben. Viele E-Radler sind vorher 20 Jahre lang nicht mit Fahrrad unterwegs gewesen.

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