Container: Landrat will Gemeinde entgegen kommen

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Im Gespräch mit herrsching.online hat Landrat Stefan Frey angedeutet, dass er in Sachen Flüchtlings-Containern der Gemeinde Herrsching entgegen kommen werde – soweit es „in meiner Macht steht”. Allerdings, so Frey in dem Gespräch weiter, liege auch viel an der Gemeinde selber, ob sie sozialen Wohnungsbau betreiben möchte”. Sie könne ja entsprechendes Bauland zur Verfügung stellen. 

Der Landrat wollte in der letzten Gemeinderatssitzung dafür werben, dass die Container-Anlage für Geflüchtete bis 2026 erhalten bleibt. Die Gemeinderäte aber vermissten ein Konzept – und vertagten die Entscheidung. Der Landrat verabschiedete sich leicht pikiert.  Jetzt stellte Frey klar, dass er zwar einen klaren Standpunkt habe, den er vertreten werde. Aber gleichzeitig deutete er auch Entgegenkommen an.

Wenn’s in Deutschland um Geflüchtete geht, hyperventilieren die sozialen Netz- und Hetzwerke. Die Erregung hatte auch den Herrschinger Gemeinderat erreicht, der über die Flüchtlings-Container nördlich der Goethestraße entscheiden sollte. Der Landkreis will, dass die Wohnstätten für Geflüchtete bis 2026 in Herrsching erhalten bleiben. Baurechtliche Konsequenz: Es sollte ein Bebauungsplan gebastelt werden. Und der Flächennutzungsplan müsste für die Fluren 319, 320 und 322 auch geändert werden.  Was in der Behördensprache ganz harmlos klingt, ist für einige Bewohner der umgebenden Wohnblöcke aber eine Bedrohung. 

Bürgermeister Schiller wies in seiner Einleitung darauf hin, dass „einge unwahre Gerüchte um Umlauf gewesen seien”.  Da wurde dem Landrat klar, dass das kein Heimspiel wird. 

In 14 Gemeinden des Landkreises hat das Landratsamt  Flüchtlingsunterkünfte errichtet. Herrsching nahm – gemessen an der Einwohnerzahl –überproportional viele Geflüchtete auf. 

Landrat Stefan Frey wandte sich in einer mitunter leidenschaftlichen Rede an die Gemeinderäte und warb für die Container-Anlage. Er bemühte sogar ein bisschen Pathos, um seinem Werben Nachdruck zu verleihen. Frey: „Es geht um  Solidarität mit geflüchteten Menschen. Geflüchtete haben es sehr schwer, Wohnraum im Landkreis zu finden.” Die Bewohner der Container-Anlage nähmen Anteil an der Gemeinschaft, die Kinder gingen hier zur Schule, in die Vereine und hätten in Herrsching Freunde gefunden. „Wir sind verantwortlich für diese Menschen”, rief Frey den mitunter staunenden Gemeinderäten zu. Der Landkreis dürfe übrigens keine Wohnungen anmieten, um anerkannte Flüchtlinge unterzubringen. 

Bürgermeister Schiller bedankte sich mit Blick auf die Zuschauer-Empore noch einmal ausdrücklich beim Helferkreis für die Flüchtlinge. Dann brachten sich die Gemeinderäte in Stellung, die den Antrag von Kreis und Gemeinde nicht so einfach durchwinken wollten. 

Hannelore Doch (CSU) mahnte, man habe doch ein Konzept bis 2023, man wolle die „Leute ja nicht rausschmeißen”. Johannes Puntsch (FDP) verwies ebenfalls auf die Nachbarn an der Goethestraße. Man habe schließlich zugesagt, dass die Einrichtung temporär sei. Der Bebauungsplan, so Puntsch, müsse umfangreicher ausfallen als der von der Verwaltung vorgesehene Plan. Dr. Rainer Guggenberger (BGH) setzte in seinem Statement andere Akzente: „Wir haben jetzt fünf Jahre nichts gemacht. Wenn wir verlängern, dann muss jetzt mal was passieren”, mahnte er, „wir müssen den Menschen Perspektiven bieten und dürfen die Integrationserfolge nicht gefährden. Der soziale Wohnungsbau muss allen Bedürftigen zugute kommen.” Er sei für eine Befristung um drei Jahre mit einer Option für weitere 36 Monate. 

In Wolfgang Schneider von der SPD fand Landrat Frey den emotional engagiertesten Diskussionspartner. „Wir müssen eine Task force einrichten, die sich um Wohnungen kümmert. Schließlich sollten die Container nur eine Übergangslösung bilden.” Schneider verwies auf lange leerstehende Wohnungen, Ferienwohnungen und zweckentfremdeten Wohnraum. 

Gertraud Köhl (Grüne), die sich persönlich um Flüchtlinge kümmert, mahnte an, dass man auch die Betroffenen befragen sollte, wo sie leben wollten. 

Grünen-Gemeinderat Hans-Jürgen Böckelmann ging mit dem Landratsamt und besonders dem Jobcenter hart ins Gericht: „Den Geflüchteten sind Knüppel zwischen die Beine geworfen worden.” Gemeinderätin Christina Reich wendete die Perspektive: „Wir müssen auch ein Herz für die Leute haben, die in der Gegend wohnen.”

Um die Debatte abzukühlen und abzukürzen, schlug schließlich Gerd Mulert (Grüne) vor, ein Konzept zu erarbeiten und in der nächsten Sitzung noch einmal darüber zu sprechen.  Wolfgang Schneider (SPD) bekräftigte: „Wir vertagen jetzt und verlangen jedes Jahr  eine ehrliche Evaluierung mit konkreten Zahlen.”

Dass das Thema wie gefordert vertagt wurde, überraschte niemanden mehr. Der Landrat packte leicht frustriert seine Unterlagen zusammen und wünschte noch „einen schönen Abend”. 

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