„Man traut sich bei Nacht kaum mehr über den Bahnhofsplatz"

Wie gefährlich ist es nachts am Bahnhof?

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Ist der Herrschinger Bahnhof ein Drogenumschlagplatz geworden? In der Gemeinderatssitzung haben der Herrschinger Polizeichef Winfried Naßl und sein Drogen-Sachbearbeiter, Polizeiobermeister Ortmann, zu den Polizei-Razzien Stellung genommen und einen Blick in die Kriminalstatistik erlaubt. Die schlechte ist gleichzeitig auch die gute Nachricht: Herrsching sticht weder positiv noch negativ aus der Drogenstatistik hervor. Insgesamt verzeichnete die Polizei im letzten Jahr 35 Drogendelikte in der Seegemeinde. Gemeinderat Wolfgang Darchinger berichtete in der Gemeinderatssitzung von einem jugendlichen Gewaltexzess in Bahnhofsnähe. „Man traut sich nachts fast nicht mehr über den Bahnhof“, kommentierte Darchinger den Vorgang.

Winfried Naßl leitet die Polizeiinspektion Herrsching

Solche Gewaltdelikte seien fast immer mit Alkoholkonsum verbunden, berichtete der Erste Polizeihauptkommissar Winfried Naßl. Der Herrschinger Polizeichef beantwortete damit die Frage des FDP-Rates Alexander Keim, der wissen wollte, ob der Alkoholkonsum der Jugendlichen denn – wie vielfach berichtet – zurückgehe. Härtere Drogen als Alkohol oder Cannabis, das war die gute Nachricht des Abends, kämen in Herrsching fast nicht vor. „Unsere Klientel ist der Jointraucher“, sagte Polizeiobermeister Ortmann. Der Drogen-Sachbearbeiter der PI Herrsching berichtete im Gemeinderat auch von der Präventionsarbeit der Polizei, die ab der siebten Klasse in Schulen stattfinde – mit mehr oder minder tätiger Unterstützung der Schulleiter. Ob denn der von der Gemeinde beauftragte Sicherheitsdienst mit der Polizei kooperiere, wollte man im Gemeinderat wisse. Naßl äußerte sich dazu ausweichend. Gemeinderätin Christiane Gruber wollte wissen, warum mitunter mehrere Polizeibusse am Bahnhof stünden. „Man geht dahin, wo man etwas findet“, antwortete der Polizeichef. Naßl beschrieb dann noch das Dilemma der Polizeiarbeit: „Wir müssen präventiv, also vorbeugend tätig werden. Aber zu unserer Arbeit gehören auch Repression, also Kontrollen und Verfolgung von Straftaten“, klärte er auf. „Würden wir nicht kontrollieren und anzeigen, wäre das Strafvereitelung im Amt.“

Polizeiobermeister Ortmann berichtete von 3 Rauschmittel-Komplexen, die der Polizei die Arbeit schwer machen: Die E-Zigaretten (Vapes), deren Besitz ebenso wie konventionelle Rauchware für Jugendliche unter 18 verboten ist. Wenn Jugendliche unter 18 mit den Dampfzigaretten erwischt werden, konfisziert die Polizei das Zeug und übergibt es den Eltern. Strafrechtliche Konsequenzen habe der Besitz aber nicht. Eine weitere obskure Gruppe sind psychoaktive Stoffe, die unter dem Verschleierungsnamen „Badesalze“ (synthetische Cathinone) laufen. Und schließlich ist der Klassiker Cannabis reichlich im Umlauf. Da es in Herrsching weder einen Cannabisclub gibt noch Apotheken, die das Gras verkaufen, bleibe den Herrschinger Konsumenten nur der Dealer.

Warum wird mein Kind immer kontrolliert?

Polizeiobermeister Ortmann hat’s nicht nur mit konsumbereiten Jugendlichen zu tun – die Eltern machen oft noch mehr Stress: „Warum geht die Polizei immer nur auf mein Kind los?“ fragen sie empört. Selbstkritische Reflexionen der eigenen Erziehungsleistung scheinen bei manchen Eltern eher nicht zur Verhaltenskultur zu gehören.

3 Comments

  1. Selig sind diejenigen, die sich am Herrschinger Bahnhof fürchten.
    Ihnen Allen sei ein Realitätscheck an einem beliebigen Großstadtbahnhof oder auch nur Weilheim oder Gilching empfohlen. Herrsching als Ganzes ist scheinbar so glatt und geschleckt, dass ein paar anders aussehende und sich jugendgemäß verhaltende Jugendliche am Bahnhof schon für Aufregung sorgen. Tu Felix Herrsching!

  2. Das sehe ich genau so Franz. Gestern Abend gegen 22 Uhr habe dort noch einen Brief eingeworfen und bin sechs Jugendlichen mit migrantem Hintergrund begegnet. Ein allseits freundliches „Hallo“ gab keinerlei Anlass zur Furcht.

  3. Daß man sich „nachts fast nicht mehr über den Bahnhof” traut, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen, obwohl ich mich nun nicht gerade für übermäßig mutig halte.

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