Hoch über dem Ammersee wird das kostbarste Lebensmittel in einer Zisterne gespeichert

Sogar Trinkwasser wird gestohlen

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Gestohlen werden nicht nur Autos, Handys oder Schmuckstücke – sogar die Wasserversorung ist vor Dieben nicht ganz sicher. Immer wieder stellt die AWA Ammersee irgendwo im Leitungsnetz einen außergewöhnlich hohen Wasserverbrauch fest. Wenn sich die Entnahme nicht durch ein Leck erklären lässt, könnten  Wasserdiebe am Werk sein. Hin und wieder, erzählt der Chef der AWA Ammersee, Maximilian Bleimaier, werden die Abzapfer auf frischer Tat ertappt, weil feinste Messtechnik den „Tatort” verrät.  

AWA-Vorstand Maximilian Bleimaier bei einer Grundwasser-Messung

herrsching.online: Man hört immer wieder von Wasserdieben, die öffentliche Wasserentnahmestellen anzapfen…

Bleimaier: Ja, das gibt’s tatsächlich, und die Dunkelziffer ist sehr hoch. AWA-Mitarbeiter haben selbst schon ein paar Leute erwischt.

herrsching.online: Das heißt doch, dass Sie so feine Instrumente haben, die ungewöhnlich hohe Wasserverbräuche feststellen können?

Bleimaier: Wir haben im gesamten Versorgungsgebiet eine Netzüberwachung. Aufgenommen wird das über unsere Leittechnik mit vielen Außenstationen, die die Daten an die Leittechnik weitergeben. So können wir sehen, wo wieviel Wasser verbraucht wird. Nicht bei den Privateigentümern, aber im öffentlichen Netz. Wir sehen also nicht, in welchem Haus jetzt alle baden, sondern wir haben die Verbrauchsdaten eines ganzen Siedlungsgebietes.

herrsching.online: Wie fein messen die Verbrauchsanzeigen – in Kubikmetern?

Bleimaier: Wir haben Durchfluss-Messungen, die können jeden Liter Verbrauch feststellen. Die Werte werden jeden Tag in der Früh überprüft. In der Nacht gibt es ein Nachtminimum. Irgendwo läuft immer Wasser, weil irgendwo irgendwer Wassser entnimmt. Stellen wir nun einen exorbitanten Verbrauch fest, schlagen die Systeme Alarm. Dann müssen wir überprüfen, ob ein Rohrbruch vorliegt, ob jemand Wasser geklaut hat oder seinen Pool befüllt hat.

herrsching.online: Wann ist der höchste Wasserverbrauch?

Bleimaier: In den Morgenstunden, wenn die Leute zum Duschen gehen. Das fängt etwa um 6 Uhr an und geht etwa bis 7.30 Uhr. Und abends, wenn die Leute Essen kochen, steigt der Verbrauch wieder stark an.

herrsching.online: Welcher Wochentag ist beim Verbrauch auffällig?

Bleimaier: Der Montag ist auffällig, weil da wirklich jeder duschen will.

herrsching.online: Wieviel Wasser verbraucht ein Bürger in Ihrem Versorgungsgebiet durchschnittlich?

Bleimaier: Etwa 125 Liter am Tag. Das ist ein ganz normaler Wert. Und die Herrschinger brauchen nicht mehr als die Andechser.

herrsching.online: Vielleicht liegt der normale Wasserverbrauch auch daran, dass es nicht soviele große Gärten gibt, deren Besitzer Golfrasen-Qualität ums Haus herum haben wollen?

Bleimaier: Ja, aber es gibt einen Golfplatz. Und es gibt Poolbesitzer, die im Frühjahr ihre Schwimmbecken befüllen. Wir sehen hohe Verbräuche aber auch im Juli und August bei langen Trockenperioden. Aber viele Leute haben ganz vorbildlich schon Zisternen im Garten aufgestellt, die das Regenwasser sammeln. Und wenn diese Regentonnen leer sind, wird natürlich Wasser aus der Leitung gezogen.

herrsching.online: Wann verbieten die Behörden bestimmte Wassernutzungen wie Gartengießen?

Bleimaier: Bei uns im Versorgungsgebiet sind wir noch lange nicht soweit, dass wir zu solchen Maßnahmen greifen müssten. Und es ist auch nicht absehbar, wann es dazu kommen würde. Wir sind gottseidank mit einem hohen Wasserreichtum ausgestattet.

herrsching.online: Es gibt Prognosen von Klimaforschern, die für den Osten Bayerns weniger Niederschlägen vorhersagen.

Bleimaier: Wir bereiten uns darauf vor, dass wir für solche Notfälle in der Zukunft Verbünde vor, damit ein Wassernotstand in einer Gemeinde durch Bezug aus einer anderen Gemeinde kompensiert werden kann. Wir haben im letzten Jahr die Verbundleitung zwischen Seefeld und Hechendorf geschaffen und zwischen Erling und Herrsching. Das kostet dann jeweils einen hohen Millionenbetrag. Das bezahlt die AWA Ammersee, und die refinanziert sich wieder über die Verbrauchsgebühren.

herrsching.online: Trägt sich die AWA Ammersee selbst?

Bleimaier: Wir tragen uns selbst. Die Gebühren liegen im Verbandsgebiet unter dem deutschen Durchschnitt. Der Kubikmeter Wasser kostet in Herrsching 1,55 Euro.

herrsching.online: Der Wasserpreis in einer Gemeinde ist auch ein Standortvor- oder -nachteil für das Gewerbe und die Industrie?

Bleimaier: Ein günstiger Wasserpreis ist ein Riesenstandortvorteil für eine Gemeinde.

herrsching.online: Große Städte wie Berlin haben einmal die Wasserversorgung privatisiert. Ein Fehler oder ein Kostenvorteil?

Bleimaier: Das geht garnicht. Die Wasserversorgung muss unbedingt in öffentlicher Hand bleiben. Wir berechnen den Bürgern nur, was die Wasserversorung wirklich kostet. Wir machen kein Geschäft daraus. Wasser ist ein Menschenrecht. Unser AWA-Wasser ist unser Wasser und nicht das Produkt eines Konzerns wie zum Beispiel Coca Cola oder Nestlé.

herrsching.online: Wie gut ist unsere Wasserqualität?

Bleimaier: Unser Wasser ist ein naturbelassenes Produkt ohne Zusatzstoffe. Es wird genauso, wie es gewonnen wird, in den Netzen verteilt. Und die Qualität ist so gut, dass es die Anforderungen an die Trinkwasserqualität sogar noch überbietet.

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