Rettet Gentechnik unseren Wald?

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„Man muss der Gentechnik gegenüber offen sein. Sie wird wohl die Zukunft unseres Waldes werden, weil es einfach nicht mehr anders geht.” Das ist die Osterbotschaft des Schlagenhofener Buchautors, Heimatforschers und ehemaligen Gymnasiallehrers Robert Volkmann, 72.  herrsching.online hat den Waldforscher in seinem Schlagenhofener Holzhaus besucht. Dem Brotbaum des deutschen Waldes, der Fichte, gibt Volkmann keine Zukunft. Die könnte einem Baum gehören, der eigentlich gar nicht hierher gehört: der Douglasie. Auch unsere Enkel, glaubt der Schlagenhofener, werden noch durch dichten, gesunden Wald wandern können.

Robert Volkmann in seinem Holzhaus in Schlagenhofen. Der Fichte, aus der sein Haus erbaut wurde, gibt er keine Zukunft

herrsching.online: Welche Gefahren drohen dem Wald heute?

Robert Volkmann: Vordergründig sind es Insekten.  Borkenkäfer sind bei uns regional aber kein großes Thema, weil die Törings (die Waldbesitzer; Red) befallene Bäume systematisch entnommen und entrindet haben, um sie dann noch zu verwerten. Und wir haben relativ wenig Fichtenmonokulturein bei uns, was der massenhaften Verbreitung des Borkenkäfers entgegensteht.

Dann haben wir diverse Pilzschädlinge, die zum Beispiel die Eschen befallen. Die Eschen sind wegen des Schädlings fast alle schon kaputt. Eine Esche stirbt in 4, 5 Jahren ab, wenn sie über den Käfertransport von diesem Pilz befallen worden ist. Er frisst sich von oben in den Stamm hinein und macht die wasserführenden Leitungen zu. Deshalb haben wir, sieht man mal von einzelnen, isoliert stehenden Bäumen ab, keinen Eschenbestand mehr. Der Pilz wurde aus Südostasien eingeschleppt, das ist klar eine Globalisierungsfolge. Unsere Eschen war genetisch nicht auf diesen Pilz eingestellt. Jetzt versuchen Waldwissenschaftler, aus dem Erbgut von nicht befallenen Bäumen neue Eschenbestände aufzubauen. Das Gleiche hatten wir schon einmal vor 20 Jahren mit unseren Ulmen.

Auch die Esche ist ein Globalisierungsopfer

herrsching.online: Welche Rolle spielt der Klimawandel?

Robert Volkmann: Eine große. Die strengen Winter werden immer kürzer, und die Sommer immer trockener. Das begünstigt die Ausbreitung der Schädlingsinsekten. Vor 50 Jahren hatten wir in der Regel eine Borkenkäfer-Generation, mittlerweile hoffen die Förster, dass keine vierte Käfergeneration im Jahr auftritt. 

herrsching.online: Ist die Fichte noch zu retten?

Robert Volkmann: Wir werden uns von der Fichte als Wirtschaftsbaum verabschieden müssen.

herrsching.online: Und der Buche geht’s auch nicht viel besser?

Robert Volkmann: Ja, aber sie schafft die Umstellung etwas besser, weil sie ein anderes Wurzelsystem hat und viel, viel größer ist.  Sie wächst zudem viel langsamer, und, das ist entscheidend, sie ist kein Holz für den Häuserbau. Sie ist zu knorrig, zu schwer und schlecht zu bearbeiten.

herrsching.online: Bringen Bäume von anderen Kontienten Entlastung?

Robert Volkmann: Eben weil die Buche kein Ersatz für die Fichte ist, sind die Forstleute auf den Trichter mit der Douglasie aus Nordamerika gekommen. Dieses Nadelholz wächst deutlich schneller als unsere Buchen und ist gegen den Borkenkäfer widerstandsfähiger, weil sie das Drei- bis Vierfache an Harz besitzt. Die Gänge der Borkenkäfer und deren Puppenstuben werden von dem Harz ganz schnell wieder verschlossen. Zudem braucht sie weniger Wasser. Mit der Douglasie ist schon 100 Jahre lang experimentiert worden. Wir haben hier Bäume, die schon 80 Jahre alt sind. Das Holz unterscheidet sich eher positiv vom Fichtenholz. Es ist zwar ein bisschen schwerer, aber es bringt bessere statische Eigenschaften mit.

herrsching.online: Glauben Sie an die Douglasie als Baum der Zukunft?

Robert Volkmann: Ja. In der forstlichen Versuchsanstalt in Grafrath wurden schon in den 1880er-Jahren fremde Gehölzer gepflanzt und beobachtet. Das einzige Problem der Douglasie ist das Harz, das sie aber auch unempfindlicher gegen den Borkenkäfer macht.

herrsching.online: Werden die Enkel unserer Enkel auch noch im dichten deutschen Wald spazieren gehen können?

Robert Volkmann: Ja. Davon bin ich überzeugt. Die Natur braucht etwas Zeit für Veränderungen. Einige Bäume stellen sich auf die neuen Bedingungen ein. Ich bin auch deshalb optimistisch, weil wir für den neuen Wald ausgewähltes Saatgut hernehmen. Wir haben das Genom vieler Bäume entschlüsselt. Und über genetische Eingriffe kann man die Widerstandskraft gegen große Trockenheit stärken. Dann gibt es auch Kreuzungsversuche. Wissenschaftler importierten zum Beispiel Buchen aus dem Iran und aus Bulgarien. Die vermischen sich dann mit den einheimischen Beständen. Man muss dann halt auch gegenüber der Gentechnik offen sein. Sie wird wohl unsere Zukunft sein, weil es einfach nicht mehr anders geht.

Der Schlagenhofer hat Bücher über Wald und Bäume geschrieben

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