Baustelle Baumschutz: Wie sollen wertvolle Bäume künftig geschützt werden?

Bau trifft Baum

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Die Grünen trauten dem Braten nicht, den sie selbst bestellt hatten: Eine neue Baumschutzverordnung sollte nach ihrem Willen nicht nur im Bauausschuss, sondern auch im gesamten Gemeinderat diskutiert und verabschiedet werden. Dabei hatten die sieben grünen Gemeinderäte mit Bürgermeister, CSU, SPD und FDP gemeinsam beschlossen, dass Umweltthemen künftig im Bauausschuss verhandelt werden. Nur die Bürgergemeinschaft (BGH) fand, Grün und Beton passten nicht so gut zusammen.

Als es nun darum ging, dem Bauausschuss das Thema Baumschutzverordnung anzuvertrauen, roch der „Braten“ für die Grünen dann doch leicht angebrannt: Sie forderten, das Thema final im Gesamtgemeinderat (24 Mitglieder) zu behandeln. Vermutlich glaubten die Grünen nicht daran, im Beton-affinen Bauausschuss eine Mehrheit für amtlichen Baumschutz zu erreichen.

Dieser Wunsch löste heftige Reaktionen in den anderen Fraktionen aus. SPD-Mann Wolfgang Schneider drohte gar: „Wenn das Thema im Bauausschuss und dann noch einmal im Gemeinderat behandelt wird, ziehe ich mich aus dem Bauausschuss zurück.“ Er durfte sich dann gleich zurückziehen – in eine Beratungspause: Die Diskussion verhakte sich so sehr, dass der Bürgermeister die Sitzung unterbrach.

Nach der Pause zog die grüne Fraktionssprecherin Rasmussen ihre Forderung zurück. Man hatte in der Geschäftsordnung entdeckt, dass 3 Räte im Bauausschuss eine Abstimmung im Plenum erzwingen können. Die Chancen auf eine Baumschutz-Mehrheit stehen nämlich im gesamten Gemeinderat besser als im Bauausschuss: Im Bauausschuss sitzen 3 CSU-Räte, SPD-Mann Wolfgang Schneider, FDP-Rat Johannes Puntsch und der Bürgermeister – eine solide Brandmauer gegen eine Verordnung. Christoph Welsch (Angehöriger der Grünen-Fraktion) hatte zudem schon mehrmals seine Ablehnung gegen eine Verordnung zu Protokoll gegeben. Einer soliden Mehrheit von sieben Verordnungsgegnern stehen im Bauausschuss nur die BGH-Vertreter Gruber und Guggenberger und eine ungewisse Anzahl von Grünen gegenüber.

Die Baumschutz-Befürworter hoffen nun, dass es in der siebenköpfigen Gesamt-Fraktion der CSU Abweichler(innen) gibt, der eine oder andere Baumschutzgegner in Urlaub ist und ein paar „unsichere Kantonisten“ bearbeitet werden könnten.

Es müsste aber, so gab Claudia von Hirschfeld (BGH) zu bedenken, zuerst einmal ein diskutabler Verordnungsentwurf erarbeitet werden. Dass die Verwaltung in dieser Richtung besonderen Ehrgeiz entwickelt, ist nicht zu befürchten. Und die Baumschutz-Verordnung der Bürgerinitiative Pro Natur, der bereits 400 Bürger per Unterschrift zugestimmt hatten, fiel im Gemeinderat schon einmal durch. Vielleicht erbarmen sich doch wieder ein paar sachkundige Bürger, einen konsensfähigen Entwurf zu erarbeiten, den dann eine Gemeinderatsfraktion „adoptiert“?

6 Comments

  1. Die Aussage von Claudia von Hirschfeld „Es müsse zuerst einmal ein diskutabler Verordnungsvorschlag erarbeitet werden“ kann ich nicht ganz nachvollziehen, nachdem ich die Gemeinderatssitzung vom 24.04.2023 und die Art und Weise, wie der Vorschlag von ProNatur abgelehnt wurde, mitbekommen habe.
    Der Vorschlag selbst wurde überhaupt nicht angesprochen bzw. diskutiert. Der Bürgerantrag als solches wurde meiner Ansicht nach in sehr unsachlicher und polemischer Weise von Bürgermeister Schiller als abzulehnen abgetan. Dass ein Antragstext der aus drei Sätzen besteht, erster Satz: Zusammenfassung, zweiter und dritter Satz: Details, als drei Einzelanträge interpretiert wird, ist eine sehr eigenwillige Vorgehensweise.
    Es hat mich schockiert, dass sich das Gemeinderatsgremium dies ohne Widerrede hat bieten lassen.
    Es muss also nicht erst ein diskutabler Verordnungsvorschlag erarbeitet werden, sondern der vorliegende Vorschlag von ProNatur ist diskutabel. Er muss nur gelesen, verstanden und diskutiert werden.
    Der Vorschlag von ProNatur basiert auf bereits rechtswirksamen Verordnungen und wurde von zwei unabhängigen und sehr kompetenten Expertinnen geprüft. Er beinhaltet u.a. einen Passus zur Unterstützung von Baumpflegemaßnahmen in Privatgärten, ebenso wie die verpflichtenden Anforderungen aus der in Deutschland anzuwendenden DIN 18920 und gibt einen transparenten Überblick über Berechnungen von Ersatzleistungen.
    Leider scheinen weder der Bürgermeister noch Teile des Gemeinderates den Vorschlag von ProNatur jemals wirklich gelesen zu haben und die verpflichtende DIN 18920 nicht zu kennen.
    Ebenso wurde auch weder das Angebot von ProNatur an die Gemeinde und die Fraktionen im Gemeinderat, den Vorschlag gemeinsam durchzusprechen bzw. zu erläutern, noch das Angebot, Informationsveranstaltungen mit anderen Gemeinden zu organisieren, die bereits mit Baumschutzverordnungen gute Erfahrungen gemacht haben, bisher angenommen.
    Eine neue Baumschutzverordnung könnte eigentlich schon seit 10 Monaten in Kraft gesetzt sein, ohne dass die Gemeinde Herrsching hierfür bisher einen einzigen Cent ausgeben musste, da sich Bürger und Bürgerinnen unentgeltlich um dieses Thema gekümmert haben.
    Wie sehr eine gute Baumschutzverordnung für Herrsching von Nöten ist, konnte man in den letzten Wochen sehr deutlich sowohl in privaten Gärten, aber besonders auch auf den öffentlichen Flächen sehen.
    Die Aussage des Bürgermeisters im Jahresgespräch (Herrschinger Spiegel) „…und die öffentlichen Bäume sind außen vor. Da tun wir alles, was möglich ist, um diese so lange wie möglich zu erhalten.“ ist eine sehr subjektive Aussage, die sich objektiv gesehen leider überhaupt nicht halten lässt.
    Auch das immer wieder aufgeführte Argument „Wir brauchen keine Verordnung, weil alle Bürger:innen in Herrsching eigenverantwortlich vernünftig handeln und dadurch Bäume schützen“ wurde leider durch eine Reihe von Beispielen widerlegt.
    Wer wirklich vernünftig Bäume schützt, wird niemals von einer Baumschutzverordnung tangiert werden. Er wird sie aber schätzen, da sie eine Zusammenfassung dessen ist, war zu einem sorgsamen Baumschutz notwendig ist.
    Somit bleibt die Frage, warum stemmt sich Bürgermeister Christian Schiller mit aller Kraft und allen (auch unlauteren) Mittel gegen einen fairen, demokratischen und verantwortungsvollen Prozess zur Einführung einer Baumschutzverordnung, die zum Schutz unserer Umwelt, unseres Mikroklimas und zur Verbesserung der Lebensqualität und somit zum Wohl aller Bürger:innen in Herrsching beiträgt?

  2. Wenn die Sache mit der Baumschutzverordnung noch irgendwann vom Gemeinderat und Bgm. zu Ende geführt werden kann, dann ja dann gilt es den nächsten Schritt zu gehen. Ich denke, dass deshalb jetzt im neuen Superausschuss eine speziell für Herrsching tragfähige Verordnung erarbeitet werden muss. Der nächste Schritt ist dann die Abstimmung im Gemeinderat. Ich denke, dass das die richtige Vorgehensweise im „Dauerstreit Baumschutz Herrsching“ ist. Wir wollen uns doch auch noch auf den Grünplanungsvorschlag „Streuobstwiesen“ an der Heimgarten Straße in Breitbrunn freuen. Gartenbauverein Breitbrunn, Beisitzerin

  3. Man möge mich berichtigen: ist die Tatsache, dass eine Baumschutzverordnung zum übertragenen Wirkungskreis gehört, nicht auch der Grund dafür, dass über die Einführung einer solchen nicht abschließend im Bauausschuss abgestimmt werden kann?
    Ebenso, wie zu dieser Frage ein Bürgerentscheid nicht rechtens war, darf hier lediglich der gesamte Gemeinderat beschließend tätig werden?
    Dann wäre ja eigentlich soweit alles klar.

  4. Es ist beruhigend zu wissen, dass es gesetzliche Bestimmungen gibt, die dem schon wahnhaft anmutenden Bestrebungen unseres „Bürger“meisters und seiner folgsamen Mitglieder des Gemeinderates, eine Baumschutzverordnung um jeden Preis zu verhindern, Einhalt gebieten.
    Von einem Gemeinderat wird erwartet, dass er glaubhaft und verlässlich ist. Ich verlasse mich also darauf, das Herr Schneider Wort hält und sich aus dem Bauausschuss zurückzieht.

  5. Die GR-Sitzung am 19.02.2024 machte wieder deutlich, dass manchen Gemeinderäten die Inhalte der Bayerischen Gemeindeordnung nicht geläufig sind. Die Gemeinde Herrsching verfügt nun über einen „Bau-, Umwelt- und Infrastrukturausschuss“. Es handelt sich dabei um einen beschließenden Ausschuss.
    Gemäß Artikel 32 der Bayerischen Gemeindeordnung (GO) kann jedoch auf beschließende Ausschüsse nicht der Erlass von Satzungen und Verordnungen, ausgenommen alle Bebauungspläne und alle sonstige Satzungen nach den Vorschriften des Ersten Kapitels des Baugesetzbuchs sowie alle örtlichen Bauvorschriften im Sinn des Art. 81 BayBO, auch in den Fällen des Art. 81 Abs. 2 BayBO, übertragen werden.
    Das bedeutet, der „Bau-, Umwelt- und Infrastrukturausschuss“ kann einen Bebauungsplan, einen Grünordnungsplan oder eine Stellplatzsatzung beschließen. Für den Beschluss einer Baumschutzverordnung oder eines Flächennutzungsplans ist jedoch stets der Gesamt-GR zuständig.
    Der „Bau-, Umwelt- und Infrastrukturausschuss“ kann eine Baumschutzverordnung erarbeiten, ein Beschluss darüber muss aber durch den Gesamt-GR erfolgen.
    Ferner stehen die Entscheidungen beschließender Ausschüsse unbeschadet Art. 88 GO stets unter dem Vorbehalt der Nachprüfung durch den Gemeinderat. Eine Nachprüfung muss nach Art. 32 Abs. 3 GO erfolgen, wenn der Erste Bürgermeister oder dessen Stellvertreter im Ausschuss, ein Drittel der stimmberechtigten Ausschussmitglieder oder ein Viertel der Gemeinderatsmitglieder die Nachprüfung durch den Gemeinderat beantragt. Der Antrag muss schriftlich, spätestens am siebten Tag nach der Ausschusssitzung beim Ersten Bürgermeister eingehen.

  6. Tröstlich, wenn sich Herr Schneider dann aus dem neuen Ausschuss zurückzieht. Hoffentlich folgen ihm noch andere.
    Gemeinderät:innen mit Interesse und Expertise in Sachen Umwelt- und Klimaanpassungsmaßnahmen könnten für sie nachrücken, wie Frau Kodisch-Kraft, Herr Weinen und Herr Mulert.
    Denn jetzt haben diese Vertreter:innen der Bürgerschaft im Gemeinderat zu Umwelt-und Klimathemen nicht mehr viel zu sagen – ganz nach dem Motto: Es lebe der Betonfilz!

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