Unter keinem guten Stern steht zur Zeit der Haushalt von Herrsching: Die Geschäfte eines großen Unternehmens mit Sitz am See sind offenkundig so hart von der Konjunktur gebeutelt, dass sich die Firma 2,5 Millionen Gewerbesteuer zurückholen darf und wahrscheinlich 600 000 Euro weniger als Vorauszahlung leisten muss. Kämmerin Miryam Goodwin hatte für den aktuellen Haushalt mit 9,7 Millionen Gewerbesteuern gerechnet – wahrscheinlich aber fehlen am Jahresende 900 000 Euro. Offenkundig ist der Haushalt so knapp auf Kante genäht, dass ein „ausgeglichener Ergebnishaushalt nur mit Kraftanstrengung möglich ist“, wie Bürgermeister Schiller verkündete. Deshalb werden mutmaßlich auch viele Vereine wegen reduzierter Zuschüsse den Gürtel enger schnallen müssen.
Immerhin hatte die Gemeindeverwaltung einen kleinen Trost bereitgelegt: Die Kreisumlage, mit der die Aufgaben des Landkreises finanziert werden, steigt „nur um ein Prozent an“, weil aus Berlin und München ein warmer Geldregen aus dem Sondervermögen auch auf Starnberg niedergeht. Bevor nun im Gemeinderat Euphorie auszubrechen drohte, goss Goodwin gleich Wasser in den Wein: Die Umlage fällt nicht, sie steigt lediglich um 400 000 Euro. Im aktuellen Haushalt musste Herrsching 11 Millionen nach Starnberg überweisen (das sind 54,8 Prozent); ein Prozent Steigerung wären 110 000 Euro.
Am Samstag hatte sich der 24-köpfige Gemeinderat samt Verwaltungsspitzen zu einer Klausur zurückgezogen, um die Hiobsbotschaften aus dem Gemeindetresor zu empfangen. Bürgermeister Schiller erzählte am Rande der Gemeinderatssitzung, dass man sogar um Hunderter-Beträge gerungen habe. Als Zeichen der Genügsamkeit und des Sparwillens verzichtet der Gemeinderat dieses Jahr sogar auf eine Weihnachtsfeier.
Um einen ausgeglichenen Ergebnishaushalt vorlegen zu können, will die Gemeinde ans Tafelsilber gehen: „Zur Kompensation der Einnahmeausfäülle prüft die Verwaltung verschiedene Maßnahmen, darunter Grundstücksverkäufe zur Stärkung der Einnahmeseite“, heißt es in der Stellungnahme der Verwaltung. Zudem werde die Einführung einer Haushaltssperre ab dem 1. Januar 2026 in Betracht gezogen. Dann wäre, um ein altes deutsches Wort mal wieder hervorzukramen, wirklich Schmalhans Küchenmeister.
Diese Verlustrück- oder -vorträge sind im Einkommenssteuergesetz geregelt und wurden natürlich in Berlin ausgeheckt. Wenn in einem Kalenderjahr nämlich negative Einkünfte die positiven Einkünfte übersteigen, können Firmen den Verlust steuerlich geltend machen. Dieser Verlustabzug lässt sich entweder in der kommenden Steuererklärung berücksichtigen oder steuerlich ins Vorjahr verschieben. So lassen sich für einen Kommunalkämmerer die zu erwartenden Gewerbesteuereinnahmen nur schwer errechnen – er muss immer mit schlechten Nachrichten vom Finanzamt rechnen.



