Gemeinderäte haben theoretisch große Gestaltungsmöglichkeiten: Sie bestimmen über den Gemeindehaushalt, über die Entwicklung einer Kommune, über Bauprojekte, Steuern und Gebühren. Und bei ihrer Vereidigung legt der Bürgermeister sogar die Amtskette um.

Gesucht: Mini-Jobber als Würdenträger

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Parteien suchen Kandidatinnen und Kandidaten für die Kommunalwahl///

Nach der Bundestagswahl ist vor der Kommunalwahl: Die Parteien und Gruppierungen klopfen allmählich die winterliche Müdigkeit aus den Kleidern und überlegen sich Wahlkampfschlager für den 8. März 2026. Die Bürgergemeinschaft Herrsching (BGH) bringt sich mit einer Veranstaltung zur Pflege in Erinnerung, die CSU-Gemeinderätin Christina Reich hat schon mal das Wahlziel ausgegeben: „Wir wollen im Gemeinderat wieder eine eigene Mehrheit haben“. Die SPD will die „Ärmel hochkrempeln“ und die Grünen freuen sich jetzt erst einmal über die Initiative des Pro-Natur-Vereins, der eine Umfrage zum „Status der Gemeinde“ am Laufen hat. Inzwischen werden auch fleißig bekannte Namen in der Gemeinde auf Eignung für die eigene Wahlliste geprüft. Neue Namen sind deshalb so begehrt, weil eine Reihe bekannter Rätinnen und Räten nicht mehr antritt.

Wenn man eine Blaskapelle führt, einen Ballsportverein managt, im Bauerntheater eine Rolle spielt oder Tausende von Thekenkunden kennt, dann werfen die Parteien die Angel nach einem aus. CSU, Grüne, SPD, BGH oder BGH müssen schließlich 24 Plätze auf der Wahlliste füllen. Es genügt schon, der Sohn eines prominenten Herrschingers zu sein, einen allseits angesehenen Beruf zu haben, als Zwölfender der Kommunalpolitik unverzichtbar oder ein PR-Genie zu sein, um in der Wahlliste einen vorderen Platz zu ergattern. Ab Listenplatz zehn sind die meisten Kandidatinnen und Bewerber ohnehin nur Stimmvieh – es sei denn, sie werden dank großer Bekanntheit oder Verwandtschaft nach vorne gehäufelt (schließlich kann man bis zu drei Stimmen auf einen Kandidaten, eine Kandidatin konzentrieren).

Bei der Zusammenstellung einer chancenreichen Liste sollten kluge Parteistrategen auch darauf achten, dass eine homogene Fraktion entsteht. So gab es beispielsweise bei den Grünen immer wieder Zoff zwischen dem Ortsverband und Grünen-Gemeinderäten: Was die Parteimitglieder dachten und wollten, spielte in der Fraktion oft keine Rolle. Zwei Mitglieder der Grünen-Gruppe im Gemeinderat sind nicht einmal Parteimitglieder, ihr Abstimmungsverhalten ist so unberechenbar wie das Wetter.

Die CSU hat ein großes Ziel: Für eigene Projekte oder zur Abwehr ideologisch unpassender Anträge will sie wieder eine Gestaltungsmehrheit erreichen. Sie bräuchte mindestens zwölf Räte im Rat (der Mehrheitsbeschaffer, also der 13. Mann bei Abstimmungen ist der Bürgermeister, der meist mit der CSU stimmt). Damit hätten alle Initiativen, die der CSU nicht ins Konzept passen, keine Chancen mehr, es sei denn, es gibt einen Abweichler in der Fraktion.

Die Grünen sind zur Zeit nicht vom Zeitgeist verwöhnt, obwohl sie bei der Bundestagswahl mit 20 Prozent ein sehr respektables Ergebnis in Herrsching erzielt hatten. Die Fraktion war zu heterogen, ein ideologisch durchgehendes Muster war nicht zu erkennen. Es wäre deshalb ein Erfolg, wenn die Partei wieder sieben Rätinnen und Räte durchbringen würde. In einer Partei, die soviel Wert auf Geschlechter-Parität legt, wäre auch mehr weibliche Kompetenz hilfreich (im aktuellen Gemeinderat sitzt nur eine Frau in der Fraktion).

Die Bürgergemeinschaft Herrsching (BGH) ist zur Zeit mit vier Rätinnen und Räten paritätisch besetzt. Die BGH darf sich viele wichtige Initiativen auf die Fahne schreiben – Baumschutzverordnung, Stellplatzsatzung, Nazinamen-Straßenumbenennung oder Pflegethema sind nur einige der Themen, die von Christiane Gruber und ihrer Gruppe auf die kommunale Bühne geschoben wurden.

Die Drei-Mann-Fraktion der SPD ist zur Zeit auch nicht vom Genossen Trend begünstigt – 11,6 Prozent bei der Bundestagswahl verheißen nichts Gutes. Ähnlich ergeht es auch der FDP-Fraktion, die in Herrsching mit sieben Prozent zwar deutlich über dem Bundesergebnis lag, aber auch vor einem Umbruch steht.

Reich wird man mit einem Rats-Mandat im Gemeinderat allerdings nicht: Es gibt 40 Euro „Entschädigung“ pro Sitzung für Gemeinderats- und Ausschuss-Sitzungen. Und wer als Zweiter oder Dritter Bürgermeister die Gemeinde bei offiziellen Terminen vertritt, wird proportional zum Bürgermeistergehalt entschädigt.

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