Der „Weltladen“ in der Luitpoldstraße ist Herrschings unbekannteste Feinkost-Adresse/Mehr als Bio: Hier kann man mit ruhigem Gewissen konsumieren/Elisabeth Kreuz regelt nach 40 Jahren Indien-Hilfe ihre Nachfolge///
Sie wäre eine erfolgreiche Ärztin geworden, mit gediegenem Wohlstand und dankbaren Patienten. Aber ihre Bestimmung führte sie nicht ins Sprechzimmer, sondern ins Land der tausend Sprachen: Das Lebensthema der Elisabeth Kreuz ist der indische Subkontinent. Mit ihrem Verein Indienhilfe e. V. unterstützt sie sechs sozial engagierte indische Organisationen. Dank einer großmütigen Stiftung hat die Initiative vor 14 Jahren ein eigenes Dach bekommen – das Welthaus Alte Schule in der Luitpoldstraße. In diesem Haus der Solidarität kämpft Elisabeth Kreuz mit ihrem „Weltladen“ auch für den Fairen Handel – und um die Aufmerksamkeit der Herrschinger Bevölkerung. Und die lässt schon zu wünschen übrig: Der Laden braucht mehr Kunden, die den Fairen Handel unterstützen, das kleine Mini-Unternehmen ist auf Kante genäht.

„Warum kommen die Herrschingerinnen und Herrschinger nicht öfter mal bei uns in der Luitpoldstraße vorbei, um unser Premiumsortiment zu probieren?“ fragt Elisabeth Kreuz im Interview mit herrsching.online. Hier gibt es erlesene Schokoladen, feinsten Kaffee und Tee, Nudeln, Reis, edle Öle und kultivierten Essig, Sekt und sogar hochwertigen Rum. Mit jedem Schluck hilft man „armen Schluckern“ in der Dritten Welt. Alle Produkte im Weltladen kommen von Fairhandels-Organisationen, die ausschließlich fair handeln, transparent nachvollziehbar und vom Weltladen-Dachverband als Weltladen-Lieferanten anerkannt sind, verspricht Elisabeth Kreuz. So wird garantiert, dass die Bauern oder Handwerker fair und im voraus bezahlt und medizinische und soziale Initiativen im Herstellerland unterstützt werden. Einkaufen im Weltladen ist also nicht nur eine gute Tat für den eigenen Gaumen, sondern auch ein Akt der Solidarität.
„Wir sind als gemeinnütziger Verein aus gesetztlichen Gründen dazu verpflichtet, mit dem Laden Gewinn zu machen“, sagt Elisabeth Kreuz – die Indienhilfe darf ihn nicht quersubventionieren, sonst verliert sie ihre Gemeinnützigkeit.. „Uns fehlen mehr Gutmenschen“, klagt Kreuz. Und natürlich informierte KonsumentInnen, die wissen, dass Bioprodukte nicht automatisch auch „faire“ Produkte sind. „Wenn Sie ein sinnvolles Mitbringsel oder ein nettes Geburtstagsgeschenk suchen, dann schauen Sie doch zuerst einmal bei uns im Weltladen vorbei“, schlägt Elisabeth Kreuz vor.
Man muss da nicht unbedingt mit dem Lastenrad vorbeikommen – es gibt sogar Parkplätze im Hof.
Elisabeth Kreuz hat die Indienhilfe seit 1980 aufgebaut. Als junge Medizinstudentin arbeitete sie in Kalkutta für eine Sozialstation Mutter Teresas und lernte dort auch den Beichtvater der Ordensschwestern kennen. Mit ihm gelang es, für Flüchtlingsfamilien aus Bangladesch Land zu kaufen und mit den Spendengeldern den Hüttenbau zu finanzieren. Sogar die Famulatur für ihr Medizinstudium, ein Praktikum nach dem bestandenen Physikum, absolvierte Kreuz in Indien.
Aber nicht nur vor Ort in Indien waren viele Hindernisse zu überwinden, auch in Herrsching musste die Entwicklung der Indienhilfe zur entwicklungspolitischen Allround-NGO mit einigen professionellen, doch bescheiden bezahlten Fachkräften und steigendem Raumbedarf über Jahrzehnte zäh erkämpft werden. Und 2010 fasste die Gemeinde den Beschluss, die alte Volksschule zu verkaufen und mit dem Erlös das Stellwerk an den Bahngleisen als Jugendhaus herzurichten. „Das wäre das Ende des Indienhilfsprojekts geworden“, vermutet Kreuz. Aber es kam ein „Weißer Ritter“, wie es in der Wirtschaftssprache heißt, in Form eines großmütigen Stifter-Ehepaares. Mit deren Geld wurde die Stiftung „Hilfe für Indien“ gegründet, und der größte ein Teil des Stiftungsvermögens ging dann in den Erwerb des nun so benannten Welthauses. Aus den Mieteinnahmen und durch die Vermietung des Saals werden Stiftungserträge generiert, die wiederum an die Indienhilfe für Kinderprojekte in Indien und für die Eine-Welt-Bildungsarbeit in unserer Region ausgeschüttet werden.
Aber Steine allein garantieren das Fortbestehen eines wichtigen Projektes nicht: Es braucht charismatische Menschen, die für eine Idee brennen – so wie die Indienhilfe- und Stiftungsvorsitzende Elisabeth Kreuz. Sie hat kürzlich ihren 70. Geburtstag gefeiert und wird sich nach vielen Jahren des selbstlosen Engagements irgendwann zurückziehen. Bereits jetzt ist sie dabei, so erzählte sie hoffnungsfroh, ihr „Baby“ in jüngere Hände zu übergeben – wie man hört, seien darunter sogar prominente Hände.
Fakten zum „Welthaus“
Der Weltladen der Indienhilfe – übrigens mit Second-Hand-Buchabteilung – hat von Montag bis Freitag von 9 bis 18 Uhr geöffnet, samstags von 9 bis 12.30 Uhr. Im Hof gibt es manchmal sogar Parkplätze. Die Adresse: Luitpoldstraße 20, Welthaus „Alte Schule“, Mails an weltladen@indienhilfe-herrsching.de – weitere Informationen zum Weltladen unter https://www.indienhilfe-herrsching.de/node/390
Die Indienhilfe e.V. Herrsching mit ihrem kleinen Teilzeit-Team wird vom Vorstand Elisabeth Kreuz, Dr. Johann Alzinger und Regine Linder geleitet. Der Vorstand der Indienhilfe ist automatisch auch der Vorstand der Stiftung „Hilfe für Indien“. Dem Stiftungsrat gehören die Indienhilfe-Mitarbeiterinnen Sarah Well-Lipowski und Corinna Wallrapp, sowie Marion Schmid, Walter Hundertschuh-Guess, Monika Reinfeld, Hedwig Schöttler und das Stifterehepaar, das nicht genannt werden möchte, an.
Spenden für die Projekte der Indienhilfe in Westbengalen an Indienhilfe e.v. Herrsching, BIC DE29 7025 0150 0430 3776 63 unter Angabe des Spendernamens mit Anschrift – mehr zu einzelnen Projekten unter https://www.indienhilfe-herrsching.de/node/63 .