166 Augen schauen voller Neugierde, Spannung und mitunter auch in ängstlicher Erwartung auf einen neuen Lebensabschnitt. Eine fremde Frau verlangt Gehorsam und Stillsitzen, unbekannte Kinder lärmen in der Nachbarbank, und der Vormittag ist plötzlich in Portionen aufgeteilt, die von einer Glocke zerschnitten werden: Was für eine Zeitenwende für die 83 ABC-Schützen, die in diesem Herbst mit einer großen Tüte in einem großen, fremden Haus völlig verrückte Sachen lernen sollen: In der Christian-Morgenstern-Grundschule beginnt in 5 Klassen der Ernst des Lebens.
Mit einem lauten „Cheese” simulieren die Kinder für die Fotografinnen und Fotografen Fröhlichkeit, auch wenn das kleine Herz noch voller Heimweh schmerzt. Und einige Kinder müssen von den Lehrerinnen vor dem Fototermin ausgesondert werden, weil die Eltern ihre Kinder nicht in der Zeitung sehen wollen. Schon in den ersten Schultagen ein Minderheiten-Schicksal zu erleben, erscheint pädagogisch nicht logisch. Die Lehrerinnen können nichts dafür – der Elternwille ist Gesetz.
Mit 83 ABC-Schützen beginnen in diesem Schuljahr fast genauso viele Schüler ihre Lernkarriere wie im letzten Jahr. Einen deutlichen Schülerrückgang gab’s im letzten Jahr: 12 Kinder fehlten in der Statistik. Die Rektorin der Christian-Morgenstern-Schule, Katharina Casper, vermutete damals, dass einige Kinder in Privatschulen angemeldet worden waren. Außerdem seien einige Eltern auch weggezogen.
Die Christian-Morgenstern-Schule stellt sich auch den Herausforderungen durch Migrantenkinder: In einer speziellen „Deutschklasse” werden die Kinder mit ausländischen Wurzeln besonders intensiv an die neue Sprache herangeführt. Sie lernen aber nicht nur Deutsch, sondern – für eine Gemeinde mit einem 15 Kilometer langen „Schwimmbad” vor der Haustür besonders wichtig – auch Schwimmen.
Spannend in der Herrschinger Grundschule sind die sogenannten Flexiklassen, die sogar Namen tragen: In der Ammersee- und der Regenbogenklasse lernen erste und zweite Grundschulklasse gemeinsam. Die Erstklässler sind die Tiger, die Zweitklässler die Bären. Eltern können wählen, ob ihr Kind in eine Regel- oder eine Flexklasse gehen darf. Die beiden Kombi-Klassen werden von Susanne Hänel und Alexandra Bigge geleitet. Die Zweitklässler aus beiden Flexi-Klassen werden im nächsten Schuljahr zu einer gemeinsamen dritten Klasse zusammengeführt.