Kellenkinder am Betoneimer: Fleißige Helfer des „Kunterbunt"-Kindergartens halfen Architekt Achim Füllemann (links) und Bürgermeister Schiller beim Einmauern der Zeitkapsel. Fotos: Gerd Kloos
Freuten sich über die große Zahl der „Erstbezieher": Füllemann, Schiller, die ehemalige Vorsitzende und Projekt-Begleiterin Dr. Ertl, und die jetzige Vorstandsvorsitzende Tina Drexler
Wenn dieser Edelstahlbehälter einmal von den Nachfahren geöffnet wird, erfahren sie alles über das Herrsching des Jahres 2022

Kinderhände mauern Zeitkapsel ein

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Gemeinde und Architekt sind völlig auf dem Holzweg – und stolz darauf: Das neue Kinderhaus am Fendlbach wird nach Holz riechen, nach Holz aussehen und ganz aus Holz gebaut werden. Am Donnerstag trafen sich Bürgermeister, Architekt, Gemeinderäte und die Gemeinderverwaltung mit den kleinen „Erstbeziehern” zur Grundsteinlegung. Unter kräftiger Mithilfe der Kinder mauerten Bürgermeister Christian Schiller und Architekt Achim Füllemann eine sogenannte Zeitkapsel aus Edelstahl ins Betonfundament. Bezogen wird das neue Haus im November 2023.

In ferner Zukunft werden unsere Nachfahren, wenn sie das Betonfundament aufhämmern sollten, alles über das Herrsching Anno Domini 2022 erfahren: Jahresbericht der Gemeinde, Euromünzen, Architektenentwürfe, Plakate der „Kunterbunt”-Kinder mit ihren Fingerabdrücken und eine Zeitung von Donnerstag sind verrottungssicher in der „Flaschenpost” fürs nächste Jahrhundert enthalten.

Die Herrschinger des Jahres 21XX lesen dann (so sie noch des Lesens kundig sind), dass hier ein Kinderhaus stand, das einmal 149 Kindern den Weg ins soziale Leben ebnete.

Und so gliedern sich die Gruppen im Kinderhaus auf: Auf 2 Ebenen spielen, lernen, lärmen, lachen

• 2 Krippengruppen mit je 12 Kindern unter 3 Jahren,

• 3 Kindergartengruppen mit je 25 Kindern von 3 Jahren bis Schuleintritt,

• 2 Hortgruppen mit je 25 Kindern von 6 bis 10 Jahren

künftig im Haus zwischen Polizeiinspektion und Lagom-Viertel. Hinter dem Haus steht ein Wäldchen, vor dem Haus schiebt sich die Rieder Straße vorbei. Das ganze Grundstück mit Spielplätzen, Haus und Verkehrsflächen ist 5 545 Quadratmeter groß – die Grundfläche des Hauses misst 845 Quadratmeter. 8,9 Millionen Euro Steuergelder aus der Gemeindekasse und aus Mitteln des Freistaates fließen in dieses Vorzeige-Projekt.

Als Träger fungiert der private Kindergarten Kunterbunt, der im November 2023 einfach 100 Meter weiter zieht – aus der alten Villa ins nagelneue Kinderhaus. Organisatorisch verantwortlich für den reibungslosen Übergang ist der Vorstand, der aus Tina Drexler, Johannes Erhart, Alexander Goller, Tobias Schmidt, Maximilian Kirst, Sabine Samet, Elena Krotter und Julia Amann besteht.

Teil des pädagogischen Konzeptes ist eine rollierende Waldgruppe, die ganze Vormittage im Wald verbringt. Die Erzieher haben eine spezielle waldpädagogische Zusatzausbildung gemacht.

Das Essen wird in einer Aufwärmküche zubereitet. Gegessen wird in den Gruppenräumen.

Der Kindergarten Kunterbunt hat eine lange Geschichte – seit 1970 bietet die Einrichtung mit ihrem Eltern-Initiativkonzept eine Alternative zu den anderen Kindergärten in Herrsching. Bürgermeister Schilller ging in seiner Rede auf die spannende kunterbunte Geschichte dieser Elterninitiative ein: Begonnen hatte alles im Kleller der Möbelfabrik Darchinger. 1977 zog der Kindergarten dann nach Lochschwab. Weil der Mietvertrag im Bestandshaus aber ausläuft, setzte sich die damalige Vorsitzende der Initiative, Dr. Sarah Ertl, bei der Gemeinde für eine neue Heimat ein.

Der Bedarf an qualifizierter Kinderbetreuung wachse stetig, berichtete Schiller – durch Zuzug und durch erfreulichen Kindersegen der jungen Herrschinger. Weil aber Herrsching kein ganz billiges Pflaster ist, kämen viele Familien nur über die Runden, wenn beide Elternteile arbeiten. Außerdem nehme die Zahl Alleinerziehender zu, die ohne Kinderbetreuung ihre anstrengende Doppelrolle nicht ausfüllen können.

Herrsching habe stetig das Betreuungsangebot ausgebaut. Jetzt aber, räumte Schiller ein, sei man an die Kapazitätsgrenze gestoßen. Die Fachfrau für die Kindergärten in Herrsching, Lübbers, ebenfalls bei der Grundsteinlegung dabei, zeigte sich im Gespräch mit herrsching.online optimistisch, dass die Gemeinde alle Betreuungswünsche der Eltern erfüllen könne.

Als Bürgermeister und Architekt dann ans Werk gingen und die Kellen schwangen, meinte Achim Füllemann mit Blick auf die zähe Rohstofflage am Bau scherzhaft: „Schön, dass wir den Beton zur Einmauerung der Zeitkapsel auftreiben konnten.”

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