AWA-Manager Christoph Wilhelm in einer Pumpstation an der Herrschinger Seepromenade. Wenn der Strom ausfällt, springt ein Mercedes-Achtzylinder-Motor an. Im Reservetank befinden sich 500 Liter Diesel. Foto: Gerd Kloos

Wasser ohne Strom? 72 Stunden kann die AWA überbrücken

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Bleibt der Wasserhahn trocken, wenn der Strom ausfällt? Wenn wir Glück haben, reicht das Wasser in den Hochbehältern für einen Tag, sagt Christoph Wilhelm von der Technischen Leitung des Wasserversorgers AWA-Ammersee. herrsching.online hat mit Wilhelm auch eine Abwasserpumpstation besucht, wo in Sekundenbruchteilen ein Mercedes-Achtzylinger anspringt und den Strom ersetzt.

Christoph Wilhelm

herrsching.online: Strom kommt aus der Steckdose, Wasser aus dem Hahn, das galt als so sicher wie der Sonnenaufgang. In Zeiten der Energiekrise aber tauchen plötzlich Panikfragen auf: Ist bei einem Blackout auch die Wasserversorgung gefährdet?

Christoph Wilhlem: Die AWA-Ammersee hat für diesen Fall ein Konzept erarbeitet, um die Wasserver- und -entsorgung im Verbandsgebiet für mindestens 72 Stunden aufrecht zu erhalten.

herrsching.online: Zur Technik: Funktioniert die Wasserversorgung im Verbandsgebiet flächendeckend nicht mehr ohne Strom? Wie muss sich der Bürger die Technik vorstellen? Wieviele Pumpen im Verbandsgebiet transportieren das Trinkwasser in die Haushalte?

Quelle: AWA-Ammersee

Christoph Wilhlem: Das Trinkwasser im Verbandsgebiet wird ausschließlich aus Brunnen gewonnen, die ohne Strom nicht funktionieren. Insgesamt betreiben die AWA-Ammersee gKU (gemeinnütziges Kommunalunternehmen; Red.) 6 Brunnen zur Wassergewinnung, 9 Druckerhöhungsanlagen und 7 Hochbehälter. Hinzu kommen 6 Brunnen, 2 Druckerhöhungsanlagen, 3 Behälter und eine Vielzahl von Übergabeschächten der Wassergewinnung Vierseenland gKU, die für die Sicherstellung der Trinkwasserversorgung unverzichtbar sind und die von der AWA-Ammersee betrieben werden. In der Gemeinde Herrsching gibt es 2 Brunnen, 2 Druckerhöhungsanlagen, 2 Behälter und 4 Übergabeschächte. Insgesamt sind das 40 große Pumpen.

herrsching.online: Gibt es Wohngebiete in Herrsching, die auch ohne Strom, nur dank der physikalischen Druckverhältnisse (z.B. Jaudesberg versorgt Breitbrunn…) funktionieren?

Christoph Wilhlem: Für einen überschaubaren Zeitraum können Teilbereiche des Herrschinger Versorgungsgebiets auch ohne Strom direkt aus den Hochbehältern versorgt werden. Allerdings nur so lange, bis diese leer sind, denn ohne Strom können die Brunnen kein frisches Wasser nachschieben. Wie lange es dauert, bis die Behälter leer sind, kann man schlecht abschätzen, da man nicht weiß, wann der Stromausfall eintritt. Ist der Behälter zu dieser Zeit gut gefüllt, so reicht der Wasservorrat für den tiefer liegenden Ortsteil Herrsching etwa einen Tag, bei niedrigem Füllstand nur wenige Stunden. Höher gelegene Bereiche z.B. an der Schmidschneiderstraße, Kientalstraße oder Leitenhöhe, können ohne Druckerhöhungsanlage nur eingeschränkt bis gar nicht versorgt werden.

Der Hochbehälter am Jaudesberg in Breitbrunn ist durch stetige Ortsentwicklung mittlerweile zu klein dimensioniert und schafft die Versorgung des Ortsteils Breitbrunn bei vollständiger Füllung maximal 12 Stunden.

herrsching.online: Gibt es im Falle eines Strom-Blackouts Notstromaggregate, die die Pumpen versorgen?

Christoph Wilhlem: Ja, für die strategisch wichtigsten Pumpen stehen Aggregate bereit. Diese werden in einem vorgeschriebenen Turnus auch von uns gewartet.

herrsching.online: Und wie lange reicht der Treibstoff-Vorrat im Notfall?

Christoph Wilhlem: Das kommt auf den jeweiligen Kraftstoffverbrauch des Aggregates an. In der Regel schaffen wir 1 bis 2 Tage, danach müssen wir auf externe Kraftstoffvorräte zugreifen.

Ein Abwasser-Pumpwerk an der Herrschinger Seepromenade. Im Erdreich liegt eine Abwasser-Pipeline, die 8,5 Millionen Liter Verbraucht-Wasser speichern kann

herrsching.online: Ohne Strom würde vermutlich auch die Abwasser-Ableitung nicht mehr funktionieren?

Christoph Wilhlem: Die Freispiegelkanäle in der Ortschaft benötigen keinen Strom – die Pumpwerke, die die Ortsnetze miteinander verbinden und das Abwasser bis zu unserer gemeinsamen Kläranlage Ammersee in Eching pumpen, jedoch schon.  Hierfür haben wir stationäre und mobile Notstromaggregate zur Verfügung.

herrsching.online: Eine Frage, die niemand beantworten kann und trotzdem gestellt wird: Wie realistisch ist ein Worst-Case-Szenario?

Christoph Wilhlem: Eines ist sicher: Wir haben in Europa eines der stabilsten Stromnetze weltweit. Die Frage nach einem Worst-Case-Szenario können wir nicht beantworten. Seitens der AWA-Ammersee sind wir aber darauf gut vorbereitet.

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