„Wenn nur das Geld über die Ansässigkeit entscheidet…”

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Sie ist so etwas wie die Jeanne d’Arc der Herrschinger Kommunalpolitik geworden, wenn dieser Vergleich nicht zu monströs ist. Seit sich die Mitgründerin der Bürgerinitiative Pro Natur massiv in die Gemeindepolitik einmischt, weil Bäume, Bach und Asylbewerber zu ihren Schützlingen gehören, hat sich der Sound in Herrsching verändert. Christl Voit, pensionierte Studiendirektorin und rhetorische Gewitterwolke, macht sich für alles stark, was schwach ist und Hilfe braucht. Sie sammelt in einer Brache Igel ein, bevor die Bauarbeiter kommen, sie adoptiert herrenlose Katzen, und sie ist die wirkmächtigste Freundin der Bachamseln.

Warum leben Sie in Herrsching?

Schicksal!  (Wobei es durchaus schlimmere Schicksale gibt). Jedenfalls nicht per Gnade der Herrschinger Geburt.

Ist der Satz: „Das Beste an Herrsching ist die S-Bahn nach München” eine Frechheit oder die Wahrheit?

Naja, zumindest am Wochenende wollen mehr Münchner nach Herrsching als umgekehrt.

Wo würden Sie am liebsten wohnen – wenn Sie es nicht schon tun: Lieber am Berg mit schöner Übersicht, lieber feudal am See oder mittendrin?

Wie gehabt: mittendrin!

Welchen Vereinen gehören Sie an?

Tierschutzverein (Herrsching hat selber leider keinen), Bürgerinitiative Pro Natur, Helferkreis Asyl.

Wie heißt Ihr Lieblingslokal?

Liegt nicht in Herrsching. Da ist die Suche hart.

Bei welchem Geschäft in Herrsching kaufen Sie am liebsten ein?

Feinkost Alkan mit tollem frischem Sortiment an Obst und Gemüse.

Wo in Herrsching vergeht Ihnen Ihre gute Laune?

Beim Reinfahren aus Richtung Seefeld in den Ort. Ein städtebaulicher „Verhau“ (sorry) und das schönste Gebäude, ein alter Bauernhof, verfällt zunehmend.

Sind die Leute nach Ihrem Geschmack in Herrsching zu alt, zu jung oder stimmt die Mischung?

Was sagt das Alter eines Menschen schon aus? Passt alles, wie es ist.

Wenn Sie Bürgermeister in Herrsching wären, was würden Sie ändern (wenn Sie könnten)?

Wenn ich Bürgermeister wäre, dann wäre ich erstmal BürgermeisterIN! Mit der Leutseeligkeit hätte ich Übungsbedarf, ansonsten reicht der Platz hier in diesem Manuskript dafür nicht aus…

Herrsching ist eine reiche Gemeinde. Wird das Geld richtig ausgegeben?

Nein, Herrsching müsste definitiv mehr in Sozialwohnungen investieren, damit diejenigen, die hier in schlecht bezahlten Berufen arbeiten, sich auch das Wohnen hier leisten können. Was passiert, wenn nur noch das Geld über die Ansässigkeit  entscheidet, ist zu erfahren im lesenswerten Buch des Herrschinger Soziologen und Philosophen Vedder („Reicher Pöbel“).

Im Gemeinderat in Herrsching herrscht das vertraute DU.  Lieber etwas distanzierter oder gleich bei der bayerischen Anrede?

Ich reg mich schon auf, wenn mich Ikea und die Telekom duzen. Das ‚Du‘ in politischen Gremien sollte zumindest nicht vordergründige Kumpanei fördern oder notwendige Unterschiede verwischen.

SUV oder Pedelec?

Nix davon! Eines fast(!)  so schlimm wie das andere.

Alle Welt redet übers Klima. Aber die Herrschinger gelten – sogar amtlich belegt durch Statistiken – als Öko-Muffel. Können Sie das aus Ihrem Bekanntenkreis bestätigen?

Ja, sogar, aus dem allerengsten Bekanntenkreis, nämlich bei mir selbst. Auch unsere Familie hat da deutlichen Nachholbedarf bei den erneuerbaren Energien.

Herrsching bietet viele kulturelle Veranstaltungen. Wann waren Sie zuletzt in einem Konzert, einem Vortrag oder einem anderen Kultur-Event?

Corona hat ja vieles ausgebremst. Davor war ich immer mal wieder  im Kurparkschlösschen, bei Faltsch Wagoni oder Alice Schwarzer oder bei Pop Up Art Events im Ort – meist als Zwischennutzung. Ansonsten fehlt mir das ehemalige Kino sehr.

Wie oft gehen Sie im Sommer im See baden?

Ich bin in gewisser Weise  Seenfremdgängerin, meist spring ich in den Pilsensee.

Herrsching ist stolz auf den Zusatz „am Ammersee”. Sind die Herrschinger eher dem Wasser zugetan oder bleiben sie lieber auf festem Grund?

Die Welt der Segelclubs ist mir und einigen Anderen relativ fremd, aber am Wasser zu leben ist wunderbar. So viele stimmungsvolle Momente!

Was hat Sie in der letzten Woche richtig geärgert in Herrsching?

Wieder mal der sorglose Umgang mit Grün. Mitten in der Brutzeit werden überall Hecken geschnitten-und die Gemeinde befeuert es noch mit eigenem Flyer.

Und worüber haben Sie sich sakrisch gfreit?

Es war a sakrische Hitz‘ – ansonsten hab ich mich gefreut, dass eine befreundete afghanische Familie nach sieben Jahren im Container, endlich eine eigene Wohnung gefunden hat.

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