• Andy Laufer auf dem Speedkanal in Namibia
  • Ein Fehler bei Geschwindigkeiten um die 100 km/h kann sehr sehr weh tun
  • Eine Gewichtsweste mit 16 Kilo Blei bildet das Gegengewicht zum Segelzug
  • Selbst im Winter hat das Surfboard keine Pause. Schnee ist keine Ausrede, nur Flaute ist ein Grund, in Wartaweil an Land zu bleiben
  • Man darf alles haben, nur keine Angst: Laufer auf der Speedpiste
  • So sehen die Flügelchen unterm Board aus. Sie katapultieren das Surfen in eine andere Dimension

Laufer lässt es laufen

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Andy Laufer aus Wartaweil hat auf dem Surfboard schon viele Rekorde gebrochen//

Der schnellste Mann vom Ammersee hat auch schon die Fünf auf dem Buckel. Trotzdem sind 100 km/h ein Speedlimit, das ihm keine Angst macht – auf dem Wasser, wohlgemerkt: Andy Laufer, der Windsurf-Hero der frühen Jahre, muss auf dem See keinen Gegner fürchten. Seine Trainingspiste liegt genau 50 Meter von seiner Wohnungstür entfernt – in Wartaweil.

Auf dem Ammersee, so Laufer zuversichtlich, ist eigentlich nur die Wasserschutzpolizei mit ihrem neuen, 300 PS starken Boot schneller: Das schafft 80 km/h Spitzengeschwindigkeit, Laufer stehen leider weniger PS in seinem Windsurfsegel zur Verfügung: Er bräuchte 35 bis 40 Knoten Wind (Stärke 8), um richtig ins Fliegen zu kommen. So viel Druck-Luft gibt’s selten am Ammersee, und wenn, dann nur für Sekunden (wie zum Beispiel an Pfingsten mit einer 8er-Böe).

Fliegen ist das neue Zauberwort: Windsurfer sind dem Brettlrutscher-Dasein entflogen – die Profis schweben jetzt auf kleinen Flügelchen unterm Board. Die Fachwelt nennt sie  Foils – kleine Schwingen aus Metall oder Carbon, die an der Unterseite eines schmalen Kiels befestigt sind. Werden sie mit ausreichender Geschwindigkeit angeströmt, dann heben sie das ganze Surfboard samt Piloten aus dem Wasser. Der Surfer schwebt über den Wellen, das kleine Flügelchen schneidet durch die Wellen und macht Geschwindigkeiten möglich, die früher undenkbar waren.  „Mit dem Foilboard kehrt der Windsurfsport wieder an die windarmen Binnenseen zurück”, sagt Andy Laufer. Tatsächlich kommen Windsurfer mit Flügeln unterm Brett schon bei oberen 3 Windstärken ins Fliegen, da betreiben Surfer mit konventionellen Brettern noch Stehsegeln.

Laufer hatte das Windsurfen, das ihn bis ins Jahr 2006 gut ernährt hatte als Profi, aufgegeben – immerfort zu siegen wie der FC Bayern, wird auf Dauer langweilig.

Laufer hatte viele deutsche Windsurf-Cups gewonnen, stand beim Euro-Cup auf Sylt ganz oben auf dem Treppchen und war bei Weltcups unter den Top Ten. Den Namen Andy Laufer kannte man in Profi-Kreisen.

Irgendwann kamen dann die Flügelchen unters Brett, und sein früherer Sponsor und Freund Manfred Rassweiler lud ihn ein, sich mal auf ein Foilboard zu stellen. Von nunan ging es wieder ab – beim ersten Profi-Foil-Slalom im Worldcup wurde er gleich Vierter. Aber wenn’s bei Laufer läuft, geht er immer auch an seinen Grenzen: Er wollte unbedingt die 55-km/h-Geschwindigkeitsgrenze auf dem Foilboard überspringen und zog sich bei einem Sturz ein Schleudertrauma zu – Foilsurfen ist tatsächlich nichts für Feiglinge. Wer bei einer  Geschwindigkeit absteigt, die auf Stadtstraßen ein Bußgeld kosten würde, muss mit Verletzungen rechnen. Es ist so, als würde man im Galopp vom Pferd fallen und dabei  vom eigenen Gaul zertrampelt werden.   

Ab einer Geschwindigkeit von 45 km/h wird das Flügelchen nämlich unruhig unterm Brett, geringste Belastungsfehler führen zum Nosedive – die Brettspitze taucht ins Wasser und wirft den Piloten ab.

Wer das Risiko eingeht, wird mit wahren Geschwindigkeitsräusche belohnt, alles wird still an Board, die Fahrgeräusche verstummen weitgehend, das Segel fühlt sich leicht an, als würde man bei Leichtwind surfen. Es ist so, als würde bei einem Hybridauto der Verbrennermotor abgestellt werden, man schwebt und fühlt sich wie ein fliegender Fisch (wobei niemand weiß, wie sich ein fliegender Fisch fühlt).

Laufers Leidenschaft gehört aber nicht nur dem Foilsurfen, sondern auch dem hemmungslosen Speed in der Todeszone: Der Wartaweiler nahm mehrmals an den Speedrekordversuchen auf einem Kanal in Namibia teil, wo längst die 100-km/h-Grenze gefallen war: Der Wassergraben liegt in einer Winddüse mit unvorstellbarer Pressluft. 2018 holte Laufer den deutschen Speedrekord und wurde im letzten Jahr sogar Weltmeister in der Klasse über 50.

Bei diesen Rekordfahrten tragen die Piloten eine Gewichtsweste, in der 16 Kilo Blei stecken, um den brutalen Kräften am Gabelbaum ein Gegengewicht entgegenzusetzen. Der Wind ist bis zu 80 km/h schnell und bläst von schräg hinten (raumschots) ins Segel. „Speedfahren ist wie eine Sucht”, sagt Laufer und erklärt so auch, warum der ehemalige Dauerweltmeister Dunkerbeck nicht aufhören kann.

Nicht ganz so heftig wie in Namibia bläst der Wind in der Herrschinger Bucht, aber „bei Südwest-Windlage gibt’s hier bis zu 10 km/h mehr Wind als am restlichen Ammersee”, weiß Local Laufer.

Kaum zu glauben, dass der geborene Bodensee-Badener  Familienvater ist, der 2 Mädchen im Alter von 5 und 11 und einen Buben im Alter von 6 hat.

Es gibt Väter, die ungefährlicheren Leidenschaften frönen. Aber im Namen Laufer steckt halt drin, was er will: es laufen lassen.

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