Kommt Hochwasser, kommt Mückenplage. Diese Formel stimmt in diesem Jahr nicht

„Es wird bereits Gift gegen Mücken eingesetzt“

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Es geht nicht um Mückenbekämpfung, es geht um Populationskontrolle, sagt der Vorsitzende des „Vereins Mückenplage – nein danke“, Rainer Jünger. In Skandinavien, so Jünger, habe man eine Balance zwischen der Gesundheit der Menschen und den Bedürfnissen der Tiere gefunden. herrsching.online hat ihn zu den Zielen des Vereins befragt. Der Schondorfer warnt übrigens: Es wird bereits umweltschädliches Gift gegen Mücken eingesetzt, die schädliche Chemie sei nur nicht auf dem Schirm der Behörden.

Der Schondorfer Rainer Jünger führt den Verein „Mückenplage, nein danke“

Unterhalb dieses Interview bringt herrsching.online die Statetments von Herrschinger Gemeinderäten zum Thema Mückenbekämpfung.

herrsching.online: Herr Jünger, glauben Sie, dass Sie in diesem oder im nächsten Jahr den Herrschinger Gemeinderat überzeugen können, eine BTI-Aktion zu starten? Welche Gemeinden würden vermutlich mitmachen, welche zögern noch?

Jünger: Es ist nicht das primäre Ziel unseres Vereins, BTI einzusetzen. Mückenplagen können unterschiedliche Ursachen haben, und für uns steht es im Focus herauszufinden, wodurch die Plagen entstehen.

Teilweise bleibt das Wasser stehen durch nicht richtig geplante Entwässerung, die fehlgeleitet wird, oder auch Baumaschinen oder Traktorreifen, die den Boden verdichtet haben, sodass Pfützen stehen bleiben.

Hier heißt es für uns zunächst, genau zu schauen und zu analysieren. Auch ist es für uns wichtig, die Zusammenhänge zu verstehen. Wir hatten ein sehr feuchtes Jahr mit viel Regen. Eigentlich sollten wir eine sehr hohe Mückenbelastung haben, aber sie hält sich in Grenzen.

Auch wundern wir uns, dass die Verantwortlichen in den Gemeinden sich dem Thema nicht aktiver stellen, denn durch den Klimawandel werden auch bei uns invasive Arten, wie die Tigermücke heimisch werden. Zudem sind Krankheiten wie West-Nil- und Dengue-Fieber und einige andere Erreger auf dem Vormarsch und führen auch in Deutschland schon zu Erkrankungen.

Gleichzeitig ist es wichtig, sich mit dem Eiweiß, das von dem Bacillus thuringienis israelensis gebildet wird, näher auseinanderzusetzen. Es wirkt ganz gezielt nur auf Mücken! Viele Studien haben gezeigt, dass sich Sorgen über Kollateralfolgen bisher nicht belegt werden konnten.BTI wird bereits seit über 40 Jahren eingesetzt, und artverwandte Einweiße werden im Biolandbau eingesetzt.

herrsching.online: Dieses Jahr ist trotz der vielen Niederschläge kein dramatisches Mückenjahr am Ammersee. Kriegen wir die Quitting im nächsten Jahr?

Jünger: Nein, davon ist nicht auszugehen. Grundsätzlich gibt es den Effekt: mehr Mücken, mehr Eier und deshalb auch wieder mehr Mücken, quasi ein Akkumulationseffekt, der sich andernorts vielfach beobachten lies.

herrsching.online:  Warum engagieren Sie sich so gegen die Mücken, sind Sie persönlich stark betroffen?

Jünger: Der gesamte Ammersee ist betroffen, manche Bereiche ganz besonders stark, und ja, auch wir in Schondorf, wo ich lebe, leidet in manchen Jahren sehr darunter. Deshalb haben wir entschieden, uns rings um den See zusammen zu tun und das Problem näher zu ergründen und geeignete Maßnahmen zu besprechen. Wir haben Messungen in der Kläranlage in Eching vorgenommen, und dabei ist uns klar geworden: Es wird Gift gegen Mückenplagen eingesetzt! Wir schmieren uns Repelentien wie Autan, AntiBrum und so weiter auf die Haut, die in der Kläranlage nicht entfernt werden können, und dann in die nachgelagerten Flüsse gelangt. Genauso werden leider Pestizide wie MastaKill eingesetzt, um die in den Hecken der Gärten lauernden Mücken abzutöten. Leider wirken diese Gifte auf alle Insekten. Auf diesen Umstand möchten wir aufmerksam machen und diesem entgegenwirken.

Angesichts der erneuten Forderung, die „Mückenplage“ mit dem Einsatz von BTI zu bekämpfen, wollen wir daran erinnern, dass sich der Gemeinderat 2017 ausführlich mit der Thematik befasst hat. Eingeladen waren Bürgervertreter, Fachleute von der Uni, die den Einsatz von BTI am Rheinufer begleitet und ein Wissenschaftler, der dies eher kritisch sieht. Nach ausführlicher Diskussion beschloss der Gemeinderat damals, sich der Initiative nicht  anzuschließen, ebenso wie die Gemeinden Dießen und Utting. „Wir können nicht einerseits Artenvielfalt vermissen, Insekten schützen, Rückgang von Schwalben und Mauerseglern beklagen und dann eingreifen in die Nahrungskette“ befand die Mehrheit. Wenn ich mich in einem Verlandungsgebiet ansiedle, muß ich damit rechnen, dass mir „die Natur“ nicht nur schöne Sonnenuntergänge, sondern eben auch Mücken beschert. Viel gravierender ist, dass wir einen signifikanten Rückgang der Vögel, Fledermäuse und Frösche feststellen. Mücken am See gibt es wohl schon immer. Um Christian Morgenstern zu zitieren:

2 Comments

  1. Ein Eingriff in die Natur wird bereits jahrzehntelang in der Landwirtschaft getätigt. Dadurch wird eine Großzahl an Insekten vernichtet (Gülle und co). Diese Insekten fehlen seit Jahrzehnten den Vögel und Fröschen als Nahrung. Dies und die Verdichtung und Versiegelung von Böden (kein Schlamm und Kies mehr) sind verantwortlich, dass jetzt die Folgen spürbar sind. Eine Bekämpfung einer Überzahl von Mücken, die nur bei Überschwemmungen auftritt, hat keinen Einfluss auf eine natürliche Population. Das Problem jetzt auf einen evtl. Einsatz von Bti zu schieben ist schlichtweg an der falschen Stelle angesetzt! Ausserdem ist der Einsatz aller chemischen Mittel in der Mückenbekämpfung ein wesentlich größerer Schaden für alle anderen Insekten!

  2. Ein Eingriff in die Natur wird bereits jahrzehntelang in der Landwirtschaft getätigt. Dadurch wird eine Großzahl an Insekten vernichtet (Gülle und co). Diese Insekten fehlen seit Jahrzehnten den Vögel und Fröschen als Nahrung. Dies und die Verdichtung und Versiegelung von Böden (kein Schlamm und Kies mehr) sind verantwortlich, dass jetzt die Folgen spürbar sind. Eine Bekämpfung einer Überzahl von Mücken, die nur bei Überschwemmungen auftritt, hat keinen Einfluss auf eine natürliche Population. Das Problem jetzt auf einen evtl. Einsatz von Bti zu schieben ist schlichtweg an der falschen Stelle angesetzt!

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