Ironie Schwarz auf Gelb

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Kommt der Mensch nicht zur Kunst, dann kommt die Kunst eben zum Menschen. Weil Innenräume zur Zeit eine fragile Sicherheit bieten, hat der Künstlerkreis Ammersee seine Ausstellung „»Guck mal – ein Intermezzo“ ins Freie verlegt: 49 Schilder stehen bis 30. September im Herrschinger Kurpark.

Sie sind witzig, provokant, politisch, hübsch – und für 50 Euro sogar käuflich. Die KKA-Vorsitzende Susanne Flesche lädt die Besucher ein, ihre Einfälle zu den Schildern per Handy zu schicken. So soll ein Dialog mit den Kurpark-Besuchern entstehen.

Susanne Flesche

Ein ironischer Kommentar von Marianne Schweigler zum deutschen Sauberkeitswahn. Leider verschwand das Werk auf unerklärliche Weise

49 Schilder, in der Form an Ge- und Verbotsschilder angelehnt, hat der Künsterkreis Ammersee im Kurpark platziert. Die Schilder, so die neue Vorsitzende des KKA, Susanne Flesche, „sollen auf den zweiten Blick stutzig machen, zum Innehalten, zum Nachdenken oder zum Schmunzeln anregen“. Humor, Witz und Ironie sind tatsächlich tragende Säulen dieses Schilderwaldes. Eine Künstlerin hat auf einem Rundschild mit dem vitruvianischen Menschen von da Vinci Pablo Neruda zitiert: „Der Mann steht im Mittelpunkt und damit auch im Wege.“ Es war schon am Ausstellungsabend für 50 Euro verkauft worden – an eine Mutter mit zwei Söhnen.

Elke Hacks Liegende mit Mosquito – ein aktueller Beitrag zur Diskussion um die Mückenplagen-Bekämpfung?

Auch ein – allerdings abgewandeltes –  Zitat ziert ein Schild von Susanne Flesche: „Die Würde des Baumes ist unantastbar“. Vielleicht ein Beitrag zur gefällten Baumschutzverordnung Herrschings? Auf einem anderen Schild hat Elke Hack die Urplage aller Badenden ironisiert: Liegende mit Mosquito. Aus dem Struwwelpeter entlehnt ist der  Hans-guck-in-die-Luft, der auf sein Handy starrt und über die Kaimauer in den See fällt.

Man kann diese Szene gerne nachspielen und den eigenen Wassersturz auf Instagram stellen – als Referenz an Elke Hack. Eine weniger spektakuläre, wengleich auch spielerische Anwendung des Handys gibt dem Projekt eine zusätzliche interaktive Note. Auf den drei Eingangsplakaten können über einen QR-Code Informationen zur Ausstellung abgerufen werden. Auf einem zweiten QR-Code des Plakats findet der Besucher eine Mail-Adresse, an die sie/er ein Foto/Selfie (gerne auch mit Kommentar) seines Lieblingsschildes schicken kann. Es wird dann auf der Website und der Instagram-Seite des Künstlerkreises veröffentlicht. Auf den Rückseiten einiger Schilder stellen die Künstler per QR-Code ihre Gedanken zum Schild dar und/oder verweisen auf ihre Website.

Kulturreferent Hans-Hermann Weinen stellte Mittel und Verbindungen bereit. So sieht Kulturpolitik aus, die nicht nur aufs Populäre starrt

Zur Eröffnung der Open-Air-Ausstellung kamen nicht nur Bürgermeister Schiller und Kulturreferent Weinen, sondern auch Zaungäste und Kur-Gäste – einige mit Picknick-Korb. Als würde es sich um eine geplante Performance handeln, schob ein Sommerfrischler sein Rad während der Eröffnungsrede der Künstlerkreis-Vorsitzenden Flesche durchs Publikum und telefonierte vernehmbar – im Park parkt eben gestaltete Kunst neben Lebenskunst. Flesche ließ sich nicht entmutigen und würdigte „Guck mal – ein Intermezzo“ als Pandemie-bedingte Alternative zur Ausstellung im Wasserturm der Finanzhochschule: „Bei den Schildern stehen – wie bei einem Verkehrsschild – nicht so sehr ausformulierte Darstellungen im Fokus, sondern vordergründig offensichtliche, kurze prägnante Hinweise in Form eines Textes oder eines Piktogramms“, erklärte sie dem wissensdurstigen Publikum.

Ela Bauer hat die technische Realisation gesteuert. Dafür gab’s Rosen von Marianne Schweigler

Die Breitbrunner Künstlerin Marianne Schweigler überreichte Ela Bauer, die die technische Realisation der Ausstellung besorgte, einen großen Rosenbusch. Und gewürdigt sei auch die Ideengeberin Eva Zanetti. Musikalisch aufgemischt wurde die Eröffnungsfeier durch das Flamenco- und Rumbo-Duo Richardo Volkert und Ludwig Himsel.

Wo man malt, da lass dich ruhig nieder: Nach der Eröffnung wurde mit einem Picknick gefeiert

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