Im Kurparkschlösschen ausgestellt: Franz Kippenbauer mit Kippenschuh und Kippenball, der Kippianer mit Kopfschmuck, der Kippini, vorher Bikini. In der Kunst des Wolfgang Darchinger ist die Welt vollkommen verkippt oder süddeutsch: verstummelt. Der Schreinermeister sammelt die achtlos weggeworfenen Zigaretten-Nikotin-Depots rund ums Kurparkschlösschen und auf der Promenade als stumme Zeugen einer beispiellosen Landschaftsverschmutzung. Und daraus macht er Kunst zum Mitmachen.
Die gelben Giftpatronen enthalten so appetitliche Chemikalien wie Nikotin, Blei und Teer und zerfallen nach Jahren in winzige Plastikpartikel, die dann in Böden und Gewässer geraten und ein Endlager in Tieren und Pflanzen suchen. Darchinger hat aus diesen Resten einer tödlichen Sucht kleine Kunstwerke gebastelt, die er auf dem Herrschinger „Kunstrausch“ zu einem Happening verarbeitete. Die Besucher wurden gebeten, sich mit einem der „Artifakte“ (von Ars/Kunst und factum/Gemacht) fotografieren zu lassen. Dutzende von Ausstellungsbesuchern haben sich tatsächlich kipp und klar mit Kippkunst ablichten lassen. Vielleicht kommt nun ein Angebot, daraus ein Buch zu machen. Als Verlag würden wir vorschlagen: Kippenheuer & Wisch.
Die Texte zwischen den Fotos würden wahre Lebensbeichten geben: Wie sich Menschen vom Rauchen verabschieden und nun angewidert vor den gelben „Leichen der Leidenschaft“ (sprich den Kippen) stehen. Viele Besucher im Kurparkschlösschen applaudieren zur Darchinger-Demo gegen die Kippen, keiner hat sich in der Kippenkammer am Aufgang in den ersten Stock eine angesteckt. Manche Besucher ekeln sich vor dem Kippenhaufen, einige rechnen still im Kopf aus, wieviel Geld für diese Ausstellung in Qualm und Gestank verwandelt wurde. Eine Schachtel mit 20 Zigaretten kostet neuerdings zwischen 11,50 und 13 Euro. Macht bei 2000 Kippen 26 000 Euro. Das gäbe einen Kleinwagen, eine Weltreise, 1733 Pizzen – oder fünf Raucherbeerdigungen.
Die Performance über weggeworfene Zigarettenkippen hat mich nachhaltig beeindruckt. Sie bietet nicht nur einen einzigartigen Einblick in ein oft übersehenes Umweltproblem, sondern regt auch zur Reflexion über unser Verhalten im Alltag an