Die Witwe des ermordeten Autodesigners, Verena Kloos, stellte sich nach der Urteilsverkündung den Fragen der Presse. Foto: Gerd Kloos

„Und dann kommt das Böse ins Haus, in unser friedliches Leben“

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Die Witwe des ermordeten Autodesigners hat sich nach dem Urteil des Schwurgerichts den Fragen der Presse gestellt. Es war eine mutige, tapfere Entscheidung, nach Wochen der Wut über den Mörder und des Schmerzes über den Verlust ihres Mannes Auskunft über ihre Empfindungen zu geben. Verena Kloos hat sich zusammen mit ihren Stiefsöhnen sieben lange Prozesstage immer wieder den Details dieser schrecklichen Tat ausgesetzt, durchlebte in den Aussagen der Nachbarinnen und Nachbarn, des Pathologen, des psychiatrischen Sachverständigen und der ermittelnden Kripo-Beamten immer wieder die entsetzlichen Sekunden, als der 22-Jährige wie im Rausch auf ihren Mann eingestochen hatte. Das Gespräch mit Frau Kloos wurde zusammen mit RTL vor dem Gerichtsgebäude geführt.

Wie gehts Ihnen denn nach dem Urteil der Großen Strafkammer jetzt, Frau Kloos?

Kloos: Erst eimal bin ich spontan erleichtert, dass ein ansprengendes Jahr mit der Urteilsverkündung ein Ende gefunden hat. Wie geht’s mir? Nicht besser. Ich habe meinen Mann verloren, ein Urteil kann ein Menschenleben nicht zurückbringen. Mir war aber wichtig, dass das Urteil für die Gesellschaft ein Zeichen setzen wird.

Macht das Urteil jetzt etwas mit Ihnen?

Kloos: Ich war an jedem Prozesstag hier, ich habe mir angehört, wie die Prozessführung war. Die Beweisführung war sehr beeeindruckend. Die Arbeit der Kriminalpolizei und des Staatsanwaltes mit seinem Team war hervorragend. Ich fand mich auch von den Richtern gehört, dass der Schmerz gehört wurde. 

Sind Sie mit dem Urteil zufrieden?

Kloos: Es ist das Maximale erzielt worden, was die deutsche Rechtsprechung hergibt. Ich habe mich sehr stark mit der Rechtsprechung auseinander gesetzt, und ich denke, dass es dem Gericht mit dem Vorsitzenden Bott gelungen ist, das Urteil Revisions-fest zu machen.  Hoffe ich auf jeden Fall. Und dafür bin ich dankbar. Und ich hoffte, dass diese menschliche Hülle ein Leben lang im Knast bleibt. 

Sie haben dem Angeklagten mehrere Tage ins Gesicht schauen müssen. Wie ging es Ihnen dabei?

Kloos:  Ich habe mir viele Fragen gestellt. Mein Mann war sehr empathisch, ich bin sehr empathisch, aber ich frage mich, wie jemand so brutal pervers sein kann und so etwas einem anderen Menschen antun kann, den er nicht kennt.  Das ist komplett steinzeitlich,  das ist nicht mal mittelalterlich. Jemand kommt mit 15 000 Euro cash von Belgrad nach Deutschland und zieht dann aus, um sich noch mehr zu bereichern.  Verblendete Habgier.

Wie haben Sie sich auf den Prozess vorbereitet?

Kloos: Das kann sich kein Mensch vorstellen, was das für uns bedeutet hat. Ich war bei meiner ersten Vernehmung eineinhalb Meter vom Killer meines Mannes entfernt, der mir alles genommen hat, was mir etwas bedeutet hat, aber mir fehlen einfach die Worte, es ist furchtbar.  Ich fand es erschütternd, wie der Tägter die Zeugen taxiert hat, wie er den Kassierer des Edeka-Marktes mit einem mokanten Lächeln bedacht hat,  keine Reue, keine menschliche Regung. 

Was sagen Sie dazu, dass er keine Reue gezeigt hat?

Kloos: Wenn man Reue zeigt, wenn man mit den Konsequenzen konfrontiert ist wie bei seinem Schlusswort,  und wenn man von dem Verteidiger gefragt wird, ob man ein Entschuldigungsschreiben haben möchte,  das dem Angeklagten bei der Traumabewältigung helfen könnte,  ist das zynisch, das ist eine Verhöhnung der Opfer.

Mit welchen Gefühlen sind Sie in den Prozess gegangen?

Kloos: Den Tatabend durchlebe ich immer wieder.  Ich habe mir sehr viele Fragen gestellt.  Warum ist mein Mann die Treppe herunter gegangen, warum sind wir nicht sofort ins Wohnzimmer zurückgesprungen. Zehntausend Fragen kann man sich stellen, immer und immer wieder.  Mit welchen Gefühlen bin ich in den Prozess gegangen? Ich habe bei der Fahrt zum ersten Prozesstag eine Angstattacke bekommen im Auto, ich wusste ja nicht, ob ich überfallen werde, bevor ich in den Gerichtssaal komme – springt irgend jemand aus den Büschen? Ich hatte Gefühle wie noch nie in meinem Leben.  Als ich dann in den Gerichtssaal ging, fing es an, besser zu werden.

Können Sie jetzt wieder, nachdem das Urteil gefallen ist, mehr in die Zukunft blicken?

Kloos:  Ich wünsche mir, dass das Urteil sehr viele Menschen aufrütteln wird.  Dass die Leute verstehen, was passieren kann von hier auf jetzt. Mein Mann und ich waren eigentlich vorsichtige Menschen, und dann kommt das Böse in Ihr Haus, in unser friedliches Leben. Mein Anliegen ist nun, dass die Menschen mehr aufeinander aufpassen. 

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