Der Verein „Ein Bürgermeister für Alle“ ist nur indirekt vergleichbar mit der „Schickeria“ der FC-Bayern-Fans. Aber beide Vereinszwecke ähneln sich : möglichst hohe Siege, am liebsten über die Lieblingsgegner. Dass der amtierende Bürgermeister Schiller wirklich Hardcore-Fans hat, war am Dienstagabend zu besichtigen: Etwa 65 Schiller-Anhänger (davon waren 49 wahlberechtigt) trafen sich zur Kandidatenkür fürs Bürgermeisteramt: Der Vereinsvorsitzende Christian Schiller wurde – wenig überraschend – wieder zum offiziellen Kandidaten für das Bürgermeisteramt gewählt. Dass nicht alle der 49 Stimmen auf ihn entfielen, war dem Missgeschick dreier Mitglieder geschuldet – sie hatten den Wahlzettel unterschrieben und damit ungültig gemacht. Schiller zählte in seiner Bewerbungsrede – es ist die vierte in seiner Bürgermeisterlaufbahn – seine Ziele für eine mögliche Amtszeit auf: Für den Bahnhof einen Unternehmer anlocken, der das alte Haus mit Gastro wieder zum Leben erweckt, für Nahwärmenetze Wärmequellen finden, möglicherweise aus der Seethermie, oder neuen Wohnraum auf der Klosterwiese in Breitbrunn ermöglichen.
Als weitere Projekte nannte Schiller:
• Kurzeit- und Tagespflege, ohne allerdings ins Detail zu gehen
• Die Gemeindeverwaltung effizienter gestalten
• nur nachhaltige Schulden machen
• die Herrschinger Insel weiter entwickeln und einen besseren Standort finden
• den Kindertreff in der Kermanikstraße sanieren
• Radweg von Herrsching nach Breitbrunn voranbringen
• Photovoltaik ausbauen
• Naturschutz- und Landschaftsschutze rund um Herrsching von Bebauung freihalten
Im Wahlkampf wird vermutlich die Geothermie eine wichtige Rolle spielen. Schiller erwähnte noch einmal seine Vorbehalte gegen einen Netzbetreiber, dessen Preisen die Kunden ausgeliefert seien. Ein Wärmenetz für ganz Herrsching koste rund 85 Millionen Euro, jeder Meter Zuleitung verschlinge 2000 Euro. „Ich möchte keine Abhängigkeit von einem Lieferanten“, fasste er seine Skepsis zusammen. Er ziehe kleinere Wärmenetze, zum Beispiel in Breitbrunn, vor.
Auch dem Genossenschaftsmodell für eine Bahnhofsanierung erteilte er eine Absage. Die Summen, die eine Sanierung verschlinge, seien zu hoch für eine Genossenschaft, die ja auch eine Rendite erarbeiten müsse.
Warum er ein viertes Mal antrete, fasste er in einem Satz zusammen: ein Haufen Arbeit, wenig Lohn, und jede Wahlperiode seit 2008 sei schwieriger geworden als die vorangegangene. Schiller zählte dann die Errungenschaften der letzten Jahre auf, erwähnte die Bemühungen um den gemeindlichen Baumbestand durch ein umfassendes Kataster, und vergaß auch die Blühwiesen an der Rieder Straße nicht. Den Freunden der Baumschutzverordnung rief er noch hinterher: „Kein Mensch fällt zur Gaudi einen Baum.“ Zu seiner Erfolgsbilanz zählte er auch den 18 Jahre währenden Kampf ums Herrschinger Gymnasium, das inzwischen ein wichtiger Standortvorteil beim Anlocken junger Familien sei. Auch das Projekt „Bezahlbarer Wohnraum“, das – so Schiller – dank seiner Netzwerkarbeit doch noch die staatliche Förderung erhalten habe, würdigte er ausführlich.
Dass soviel Arbeit nicht im Acht-bis-Vier-Modus zu erledigen sei, mache den Job zusätzlich familienunfreundlich. Er drückte in einem Nebensatz deshalb seine Verwunderung darüber aus, dass er noch verheiratet sei.




Ein Blick auf den Stellenplan der Gemeinde Herrsching offenbart, dass Herr Schiller als hauptamtlicher Bürgermeister (Beamter auf Zeit) in die Besoldungsgruppe B2 eingeordnet ist. Das Grundgehalt dieser Besoldungsgruppe beläuft sich in Bayern auf etwa 8861,00€ (Quelle: Bayerischer Beamtenbund). Zusätzlich kommen noch Orts- und Familienzuschläge hinzu. Beschäftigte in den Krankenhäusern, in der Pflege oder im Bereich der öffentlichen Sicherheit sind deutlich niedriger eingestuft als ein hauptamtlicher Bürgermeister, haben jedoch ebenfalls ein hohes Arbeitsaufkommen und können auch nicht im Acht-bis-Vier-Modus tätig sein. Sollte Herr Schiller der Meinung sein, dass er für seine Leistung unzureichend entlohnt wird, wäre es folgerichtig, wenn er auf eine Kandidatur verzichten würde.
Nein, vielleicht lässt Bürgermeister Schiller Bäume nicht „zur Gaudi“ fällen – aber er hat die Baumschutzverordnung 2018 persönlich abgeschafft, obwohl ein fehlerhafter Passus in der Verordnung leicht korrigierbar gewesen wäre. Der Gemeinderat stimmte damals zu, im Glauben, dass anschließend eine neue Verordnung erarbeitet wird. Genau das hat der Bürgermeister jedoch konsequent verhindert.
Nach massiven Fällungen am Kienbach und Fendelbach forderte der Gemeinderat 2022 erneut eine Baumschutzregelung und beschloss im neuen Geschäftsjahr, einen über 50.000 Euro teuren Grünplaner damit zu betrauen. Anfang 2023 wurden dann folgende Gemeinderatsbeschlüsse gefasst:
– Der Arbeitskreis Umwelt soll eine neue Baumschutzverordnung erstellen (13:11 Stimmen).
– Der Bürgerantrag (zur Wiedereinführung der Baumschutzverordnung) wird zur Vorberatung in den AK Umwelt verwiesen (einstimmig).
– Der AK Umwelt soll innerhalb eines Jahres die Ergebnisse zur Baumschutzverordnung vorlegen (einstimmig).
Doch dazu ist es nicht gekommen. Anstatt diese demokratischen Beschlüsse umzusetzen, wurde der AK Umwelt von Bürgermeister Schiller kurzerhand abgeschafft – ohne Gemeinderatsbeschluss. Die Aufgaben wanderten in den Bauausschuss, wo eine Mehrheit gegen eine Baumschutzverordnung sitzt. Dort wurde das Thema Baumschutz schließlich komplett ad acta gelegt.
So entsteht in Herrsching „gelebte Demokratie“ – indem Entscheidungen des Gemeinderats blockiert und Mehrheiten neu zusammengestellt werden. Da hilft es auch wenig, wenn sich der Bürgermeister beim symbolischen Baumpflanzen medienwirksam „mit Schauferl in der Hand“ in Szene setzt.
2024, als die fertige Baumschutzverordnung hätte vorgelegt werden müssen, demonstrierten rund 60 Bürger*innen vor dem Rathaus „für Demokratie und die Umsetzung von Gemeinderatsbeschlüssen“ – die Aktion wurde vom Bürgermeister ignoriert.
Aber den „Bürgermeister für alle“ hat noch Amtsträger Schiller ja schon lange abgelegt.
Demokratie? Das ist doch schon lange für die Rathausspitze ein Fremdwort. Im Wahlkampf sollte das besonders hervorgehoben werden.
„Kein Mensch fällt zur Gaudi einen Baum?“
Und wofür waren dann die unendlich vielen Vernichtungen von jahrzehntealten Buchen- und Eichenbäumen und sogar von einem ganzen Buchenwäldchen in Neuwiddersberg,
um Platz zu schaffen für dreistöckige Maximalbebauungen mit Fahrstuhl und Schottergärten für wohlhabende Ehepaare und prall gefüllte Geldsäckel fremder Investoren?
Oder um im Herbst weniger Laub aus dem Garten entfernen zu müssen?
Oder um sich eine freie Weit- bzw. Seesicht zu verschaffen?
Wie oft haben wir da vergeblich bei Bürgermeistern und Räten im Herrschinger Rathaus für den Schutz dieser Bäume gebeten!
Und das soll jetzt anders werden? Besonders in Natur- und Landschtsschutzgebieten?
Was bleibt uns da anderes übrig als zu hoffen?
Gleicher „Gaudi“ gleiche Baumart, wahrscheinlich ähnliches Alter, ähnlich viel „Sinn“ Hechendorfer Str 29.
Da ist der 4-fach-Kandidat Schiller täglich beim Zerlegen mind. 2x vorbei gefahren.
zu “ kein Mensch fällt zur Gaudi einen Baum“ leider doch. Jüngstes Beispiel ist an der Seefelder Straße zu sehen. eine weit über 100 jährige Eiche würde völlig sinnfrei gefällt. Der gesunde Baum stand am oberen linken Rand außerhalb des Baufeldes. Nun gut zu sehen ist ein gutes Beispiel für Herrsching. „der Eichberg“ von seinem Eigentümer nicht abgerissen, sondern mit viel Sachverstand und liebe zum Detail erhalten worden.