Bürokratie kann man bezwingen, aber man muss beharrlicher sein als die Bürokraten. Diese Erfahrung machen viele mittelständische Unternehmen, wenn sie sich in Ausschreibungen um öffentliche Aufträge bewerben. Hinterher ist der Unternehmer oft nicht viel reicher, aber sehr stolz auf sich: Er hat sich durch viele Seiten Formulare gekämpft, Zerifikate, Bestätigungen und Bescheinigungen angeschleppt und aus seinen Preisangeboten den ganzen „Rahm“ rausgequetscht. Denn die Öffentliche Hand will nur das Beste haben, aber es darf möglichst wenig kosten. Wenn das neue Herrschinger Gymnasium am 15. September nun – zumindest teilweise – an die Schuldirektion übergeben wird, darf auch das Herrschinger Möbel- und Schreiner-Unternehmen Darchinger stolz sein. Die Firma lieferte für die Schulverwaltung die gesamte Möblierung. „Um den Auftrag zu bekommen, mussten wir uns ganz neu erfinden“, sagt Michael Darchinger.
Aufträge der Öffentlichen Hand müssen in Deutschland europaweit ausgeschreiben werden, und so konkurrierte auch Darchinger mit Bewerbern aus Tschechien, Italien und Österreich. „Die Bewerbungsunterlagen haben uns wochenlang beschäftigt“, erzählt er: Umweltzertifikate, Handelsregisterauszüge, Nachweise für die Kinderarbeit-freie Herstellung und Holzlieferungen aus nachhaltiger Bewirtschaftung beschäftigen eigentlich ganze Abteilungen. „Dann mussten wir noch nachweisen, dass wir in den letzten vier Jahren ähnliche Aufträge erfolgreich bewältigt haben“, stöhnt Darchinger. „Wir haben all das auf uns genommen, weil wir den Auftrag unbedingt haben wollten.“ Er hätte sich das auch nie verziehen, wenn er es nicht mal versucht hätte, den Auftrag an Land zu ziehen.
Und so kann Darchinger, wenn er mit dem Radl an der Schule vorbeifährt, mit Genugtuung feststellen, dass die Verwaltung auf Stühlen sitzt, die er geliefert hat, Sideboards benutzt, die im Hause Darchinger zum Teil maßgefertigt wurden, an Schreibtischen arbeitet, die State of the art sind und in hochwertigen Sesseln Besucher empfängt.

Dabei sind die Abläufe einer Auftragserteilung streng geregelt: „Die Ausschreibung, an der wir teilgenommen hatten, war zu jedem Zeitpunkt der Ausschreibunsphase anonym“, erzählt Michael Darchinger. „Erst nach Ende der Ausschreibungsfrist und Öffnung der Ausschreibung im deutschen Vergabeportal dtvp durch das Landratsamt Starnberg waren wir den Mitarbeitern des Landratsamts als Bieter bekannt. Das Landratsamt und die Mitarbeiter des Bauleitungsbetriebs Leitwerk AG haben dann nicht schlecht gestaunt, als sie erfuhren, dass ein ortsansässiges Unternehmen den Zuschlag zur Möblierung bekommen hatte.“
Wieviele Unternehmen aus Herrsching und aus dem Kreis Starnberg am Bau und an der Einrichtung der Schule beteiligt sind, konnte uns das Landratsamt nicht sagen. Man sieht aber, so ein Beobachter, nicht allzuviele Starnberger Autonummern auf den Parkplätzen der Schulbaustelle.