Die Banalität des Bösen

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Plädoyers des Staatsanwalts, der Nebenklage und des Verteidigers im Mordprozess Kohlstatt/Schwurgerichts-Vorsitzender: Die Kammer ist nicht naiv///

Warum gerade Herrsching, warum die Straße Zur Kohlstatt, warum gerade dieses Haus, und warum gerade ein 74-Jähriger, der als gut situierter Rentner ein erfülltes, friedliches Leben als Ehemann, Vater und Oldtimer-Nerd führte? Fragen, die der Witwe des Mordopfers nicht aus dem Kopf gehen. Die Große Strafkammer des Landgerichts München II unter dem Vorsitz von Richter Thomas Bott hat die Mordtat vom 12. Juli 2024 minutiös rekonstruiert. Dabei offenbarte sich eine schauderhafte Banalität des Bösen: Es ging nur um Geld und Beute. Die Tat des 22-jährigen Nicola Z. war eine „grenzenlose Dummheit“, wie es die Witwe des Mordopfers nannte. In diesem Text fasst herrsching.online die Plädoyers des Staatsanwalts, der Nebenklage, des Verteidigers und Urteilsbegründung für die lebenslange Haftstrafe mit Erkennung der besonderen Schwere der Schuld zusammen.

Staatsanwalt Enzler hat sich für sein detailgenaues Plädoyer eine Stunde Zeit genommen. Er wechselte immer wieder die Perspektive, um jedes mögliche Motiv auszuleuchten. Enzler stellte an den Anfang seiner Ausführungen ein Zitat der Witwe des Opfers, das eine gewaltige psychologische Wucht hat: „Unser Leben“, so die Nebenklägerin, „wurde zerstört, ich weiß nicht, ob ich lange genug leben werde, um diese Tat zu verarbeiten.“

Prahlen mit Einbrüchen

Dann wandte er sich der Biografie des Angeklagten zu, dessen kriminelles Vorleben auf eine verhängnisvolle „Karriere“ hindeutet. Nicola Z. wuchs in einem serbischen Dorf auf, lernte Schweißer, verlegte sich dann aber auf Gelegenheitsjobs und Einbrüche. Vor dem psychiatrischen Gutachter, der ihn im Gefängnis vernahm (übrigens die einzige Einlassung des Angeklagten in dem Verfahren), prahlte er, er habe bei zwei Einbrüchen jeweils eine sechsstellige Summe erbeutet. Das Geld habe er mit teuren Autos und Drogen durchgebracht. „Das war aber wohl nur Prahlerei“, meinte Staatsanwalt Enzler in seinem Plädoyer.

Dann geschah jener Einbruch, der Z. letztendlich zum Schwerverbrecher machte und das Leben eines 74-jährigen hoch angesehenen Herrschingers jäh beendete. Z. erbeutete in Serbien angeblich 40 000 Euro aus dem Hause einer Bekannten seiner Mutter. Nun wurde Z. vom Einbrecher zum Gejagten, die Bestohlenen wollten ihr Geld zurück haben. Deshalb floh der damals 22-jährige Serbe nach München – nach Aussagen der Nebenklägerin mit dem Flugzeug, im Gepäck 15 000 Euro wohl aus der Beute. In München lebte er bei Bekannten „in den Tag hinein“. Aber dauernd hing das Damoklesschwert der Rache aus Serbien über ihm. Weil er keine legale Möglichkeit sah, das erbeutete Geld zu verdienen und den Geschädigten zurückzuzahlen, „dachte er über illegale Sachen nach“, wie es der Staatsanwalt formulierte.

Das Handy verriet seine Spähtouren durch Herrsching

Seinen Job sah er nun im Ausspähen geeigneter Objekte im Münchner Umland. Die Schwierigkeit für den unbedarften Kleinkriminellen: Er hatte keinerlei Kontakte in die Hehlerszene, um eventuell erbeutete wertvolle Gegenstände zu Geld zu machen. Deshalb wollte sich Z. auf die Inhalte von Safes konzentrieren. Wie er auf Herrsching kam, blieb im Prozess ungeklärt, wie ein offenes Buch dagegen war für die Fürstenfeldbrucker Ermittlungskommission unter Leitung von Kriminaldirektor Manfred Frei das Handy des Angeklagten: Die Geodaten verrieten detailgenau, wo sich Z. in Herrsching auf seinen Spähtouren aufgehalten hatte.

Am 12. Juli sollte der große Bruch steigen, Z. mietete sich im Hotel Seehof an der Promenade ein Zimmer. Es sollte als erstes Versteck nach dem Raubüberfall dienen, „um dem ersten Fahndungsdruck zu entkommen“. Um 16 Uhr traf er an jenem Freitag mit der S- Bahn in Herrsching ein. Dann kaufte er sich im Edeka-Markt an der Seestraße zwei Messer, eines 10.5, das andere 18 Zentimeter lang, zwei Paar Handschuhe und – was später noch Gegenstand der Urteilsbegründung werden sollte – Schnürsenkel. Der Staatsanwalt war sich sicher, dass die Schnürsenkel zum Fesseln der überfallenen Opfer gedacht waren.

Porsche in der Garage versprach einen prall gefüllten Safe

Z. stiefelte dann auch die steile Straße Zur Kohlstatt hoch, denn er suchte nicht nur ein Beute-versprechendes Haus, sondern auch einen sicheren Fluchtweg. Und an der Kohlstatt gab es einen Wald, der nach dem Raub einen sicheren Rückzug versprach. Da traf es sich dann gut, dass Z. an der Straße eine Garage entdeckte, in der ein Mann an einem Porsche 911 herumbastelte. Zurück im Hotel googelte er nach dem Wert des Oldtimers, der etwa 50 000 Euro versprach. Z. hatte es aber wohl nicht auf diesen Wagen abgesehen, er war für ihn nur ein Wohlstandssymbol, ein Versprechen auf einen prall gefüllten Safe. Verräterisch auch seine Google-Nachfrage auf dem Handy, was den „Raubüberfall“ auf Deutsch heiße.

Um 20.06 verließ er den Seehof wieder und erreichte um 20.17 das ausgespähte Haus in der Kohlstatt. Vom nahen Wald aus beobachtete er das Anwesen, und jetzt wird’s juristisch spannend. Konnte er erkennen, dass das Haus belebt war, er also bei seinem Raubzug mit Widerstand rechnen musste? Dann wäre der Überfall rechtlich anders zu beurteilen, als wenn er wahrgenommen hätte, dass niemand im Haus war.

Mit dem Messer manipulierte er eine Überwachungskamera

Ein Indiz dafür, dass er mit Leben im Haus rechnete, war seine Manipulation an einer Überwachungskamera – er kappte mit dem Messer die Stromzufuhr. Kurz nach 21 Uhr klingelte er, offensichtlich um zu testen, ob die Besitzer zu Hause waren. Nachdem es im Haus keine Reaktion gab , klingelte er noch einmal „Sturm“, wie Staatsanwalt Enzler sagte. Was Z. nicht wusste: Der Hausbesitzer rief die Nachbarin gegenüber an und fragte sie, ob sie sehen könne, wer unten an der Garage warte. Z. schlich sich dann über die Terrasse und, so der Staatsanwalt, sah dabei, dass das Wohnzimmer belebt war – die Familie hatte am Wohnzimmertisch gegessen, es brannte sogar eine Kerze. Z. versuchte „halbherzig“ (Staatsanwalt), mit dem Messer ein Fenster aufzuhebeln, entschied sich dann aber, über die Haustür einzudringen. Um 21.17 klingelte er deshalb erneut. Hier nun gibt es unterschiedliche Aussagen, die juristisch relevant sind: War der sogenannte Türschnapper auf Einlass gestellt, oder war die Tür ins Schloss gefallen? Eine Nachbarin sagte aus, sie sei überrascht gewesen, wie leicht der Einbrecher gegen die Tür drückte und ins Haus eindrang. Nach anderen Aussagen war die Tür sehr wohl verschlossen, der Hausherr habe die Tür geöffnet.

Nachbarin hörte furchtbaren Schrei durchs Telefon

Nach der Rekonstruktion der Staatsanwaltschaft, die sich auf das Gutachters des obduzierenden Pathologen stützte, griff Z. sofort mit beiden Messern den Hausbesitzer an und hieb mit großer Wucht auf den „Geschädigten“ (Staatsanwalt) ein. Das Opfer hatte noch versucht, die Klinke abzuwehren und wurde dabei erheblich an der Hand verletzt. Unter der Wucht der Stiche ging das Opfer zu Boden, was Z. allerdings nicht davon abhielt, weiter auf ihn einzustechen. Die Brutalität dieses Angriffs überzeugte wohl das Gericht auch, auf Mord zu erkennen. 13 Mal stach der Mörder auf den Hausbesitzer ein und fügte ihm tödliche Wunden im Brust- und Bauchbereich bei. Selbst wenn er diese Stiche überlebt hätte, ein lethaler Stich in die Schlagader (Aorta) nahe des Herzens setzte dem Leben des Opfers ein Ende. Dieser kurze ungleiche Kampf geschah nahe der Haustür im Windfang – der Hausbesitzer hatte noch das schnurlose Telefon in der Hand, am anderen Ende der Leitung war die Tochter der Nachbarin. Sie musste den Kampf am Telefon mit anhören. Vor Gericht hatte sie im Zeugenstand berichtet, dass sie einen furchtbaren Schrei gehört habe.

Die Ehefrau des Opfers musste befürchten, dass es der Einbrecher auch auf ihr Leben abgesehen hatte und flüchtete deshalb über die Terrasse, stürzte über eine Mauer und verletzte sich dabei am Bein, außerdem hatte sie, wie sich erst später herausstellte, eine Rippenverletzung erlitten.

Der Verteidiger, Rechtsanwalt Frühsorger, trug in seinem Plädoyer eine andere Version des Kampfes vor. Er spekulierte, dass er beim Eindringen ins Haus von dem Besitzer überrascht worden sei. Der habe ihn am roten Rucksack gepackt, der Einbrecher habe in einer Panikattacke zugestoßen. Diese Spekulation machte sich das Gericht nicht zu eigen. Sie passt allerdings zu der Verteidigungsstategie, dass es sich bei dieser „Home invasion“ (Vorsitzender Thomas Bott) um Totschlag und nicht um Mord gehandelt habe. Das hielt des Staatsanwalt für „blanken Unsinn“, dass der Täter nur deshalb geklingelt habe, um zu checken, ob jemand zu Hause sei.

Der rote Rucksack führte zum Täter

Als der Hausherr bewegungsunfähig am Boden lag und die Ehefrau in Panik geflüchtet war, rannte der Täter ins Obergeschoss, fand sie aber nicht und entschloss sich dann – mutmaßlich ebenfalls in Panik – zur Flucht. Er rannte in den nahen Wald und zog sich dort die blutigen Klamotten aus, verlor dabei ein Messer, stopfte alles in den roten Rucksack und machte sich dann auf den Weg an die Promenade – mittlerweile war es dunkel geworden. Den Rucksack beschwerte er in der Nähe eines Bootshauses mit Steinen und warf ihn ins Wasser. Auch diese Aktion war dilettantisch durchgeführt, der Rucksack mit den Klamotten schwamm auf und wurde von Passanten aus dem Wasser gefischt. Der Weg zur Polizei war dann Routine. Im Rucksack lag auch eine Taschenlampe, an der die Polizei später DNA-Spuren des Täters fand. Im Seehof checkte er dann noch abends aus und fuhr mit der S-Bahn nach München. Dort bat er seinen Kumpel, bei dem er gewohnt hatte, ihm ein Hotelzimmer zu buchen.

„Vom Täter geht eine besondere Gefährlichkeit aus“

Das sogenannte „Nach-Tat-Verhalten“ und das Verhalten des Angeklagten vor Gericht steigerten offenkundig die Empörung des Staatsanwalts, der Opfer und später auch der Schwurgerichtskammer: Aus Chatinhalten ging hervor, dass er nach dem erfolglosen Raubzug sein Glück noch einmal in Salzburg versuchen wollte, wo er reiche alte Frauen vemutete, die man um ihr Geld bringen könne. Seine fehlende Bereitschaft, Reue zu zeigen, um Vergebung zu bitten, der erkennbare Vernichtungswille und keinerlei Hinweise auf eine Affekthandlungen motivierten den Staatsanwalt zusätzlich, eine lebenslange Freiheitsstrafe zu beantragen und die besondere Schwere der Schuld festzustellen. Damit ist eine vorzeitige Entlassung nach 15 Jahren Haft ausgeschlossen. „Vom Täter geht eine besondere Gefährlichkeit aus“, stellte Staatsanwalt Enzler abschließend fest.

Die Anwältin der Nebenkläger-Familie begann ihr Plädoyer sehr bewegend mit Zitaten von Verena Kloos, der Witwe des Mordopfers. Ihr Leben habe sich mit einem Schlag dramatisch verändert, ihr Mann sterbe für sie jeden Tag. Niemand, so zitiert sie die Ehefrau des „Geschädigten“ (wie das in der Juristensprache heißt) habe es sich ausgesucht, Opfer einer solchen Straftat zu sein.

Zeugenschutzprogramm für die Witwe

Auch die Witwe hat anschließend noch das Wort ergriffen und geschildert, welche unsäglichen Einschränkungen, Erlebnisse, ja sogar gefühlskalte Behörden sie erlebt habe. Nach der Flucht mit erheblicher Verletzung habe es nicht einmal eine Notversorgung gegeben (nur der Nachbar hatte die Wunde nach eigener Erzählung verbunden). Die verletzte Rippe durch die Sturz sei erst am nächsten Tag festgestellt worden. 40 Polizeiautos seien in der Tatnacht auf dem Hof gestanden, sie sei bis nachts um 4 Uhr trotz ihres körperlichen und seelischen Schmerzes vernommen worden. Weil die Polizei nicht ausschließen wollte, dass es sich um organisierte Mehrfachtäter handeln könnte, wurde sie in einem Zeugenschutzprogramm in vier deutschen Städte durch fünf Einrichtungen mit teilweise miserablen Unterkünften geschleust. Die Trauerfeier für ihren Mann fand unter Polizeischutz statt. Aber, so die Frau in ihrem kurzen Statement, es habe auch mitfühlende Gespräche gegeben.

„Grenzenlose Dummheit“

Dann wandte sie sich indirekt an den Täter, der ihr – etwa 15 Meter entfernt – gegenüber saß. Es sei keine Schande, arm aufzuwachsen, „aber es ist eine Schande, nicht mit redlicher Arbeit zu versuchen, sich ein besseres Leben zu erarbeiten“. Zur Tat sagte sie, dass der „Killer“ einfach weitergemacht habe, und wenn ihr die Flucht nicht gelungen wäre, „dann könnte ich das hier nicht mehr erzählen“. Sie sprach von der „grenzenlosen Dummheit des Täters“, der wegen eines alten Porsche in der Garage geglaubt habe, hier sei viel Geld zu holen. Sie appellierte an das Gericht: „Setzen Sie ein Zeichen.“ Ausdrücklich bedankte sie sich am Schluss für die Arbeit der Polizei.

Der Verteidiger Dr. Frühsorger versuchte in seinem Plädoyer eine Affekttat zu beweisen, er sehe jedenfalls kein Mordmotiv. Es habe auch kein Gewinnstreben zum Zeitpunkt der Tötung gegeben. Er forderte eine Freiheitsstrafe und verwahrte sich dagegen, dass eine besondere Schwere der Schuld ausgesprochen werde.

Diesen Wunsch erfüllte ihm das Schwurgericht nicht. Es verhängte nicht nur eine lebenslange Freiheitsstrafe, die üblicherweise nach 15 Jahre zur Bewährung ausgesetzt wird. Allerdings erkannte es eine besondere Schwere der Schuld, die genau dies verhindert. Möglich allerdings, so der Verteidiger im Gespräch mit herrsching.online, dass der Täter nach 18 oder 20 Jahren Haft in Deutschland nach Serbien abgeschoben werde. Die Kammer, so der Vorsitzende Richter Thomas Bott, „ist nicht naiv.“ Sie konnte dem Tathergang, wie ihn der Verteidiger geschildert hatte, nichts abgewinnen.

Er brauchte dringend Geld, um die Schulden zurückzuzahlen

Richter Bott führte detailgenau aus, wie es zu der verhängnisvollen Tat kam. Nicola Z. reiste am 8. Juni 2024 nach Deutschland ein, weil er dringend Geld brauchte, um die Opfer seines Einbruchs in Serbien zu entschädigen. „Außerdem wollte er dem Verfolgungsdruck der Geschädigten entgehen.“ Die Western Union auszurauben, ein Museum plattzumachen, ein Juweliergeschäft auszurauben, wären Optionen gewesen. „Aber der Angeklagte hatte sich für die gefährlichste Variante entschieden.“ Gewohnt hatte er bei einem Bekannten in München, dem er bald schon lästig wurde. Am 11. Juli schließlich habe sich Z. Herrsching ausgeguckt, weil der Druck aus Serbien immer größer wurde, endlich seine Schulden aus dem Einbruch zu bezahlen.

Am Tattag, dem 12. Juli, bucht sich Z. im Seehof an der Promenade ein Zimmer, dann kauft er sich im Edeka an der Seestraße zwei Messer, zwei Paar Handschuhe und Schnürsenkel. Um 18 Uhr, so Richter Bott, schlägt er am Tatort Zur Kohlstatt auf. Um 18.19 ist Z. im Seehof zurück, er hatte sich auf das Haus, das er ausrauben wollte, festgelegt. Er hatte das spätere Opfer, den ehemaligen Rolls Royce Designer, vom nahen Wäldchen aus beobachtet, wie er in der offenen Garage an seinem Porsche-Oldtimer arbeitete.

Richter Bott in seiner Urteilsbegründung weiter: „Da wird nicht lange gefackelt. Der Angeklagte ließ sich dann noch von Google Translation übersetzen, was „Raubüberfall“ auf Deutsch heißt. Das sollte wohl heißen: Geld oder Leben. Im Zuge dieser Recherche fragt er auch noch Google, was der Porsche 911 wert sei. Um 20.06 Uhr verlässt Z. den Seehof, um 20.15 trifft er am späteren Tatort ein. Als es dann zu dämmern beginnt, trennt er die Stromzufuhr für die Überwachungskamera mit dem Messer.

War der Türschnapper auf Offen-Stellung?

Da ist ihm, so Bott, bewusst, dass zwei Personen im Opferhaus sind. Es ist 20.15 Uhr, das sieht die Polizei später auf den Bildern der zweiten Kamera, der Angeklagte hat mindestens drei Mal von der Terrasse ins Wohnzimmer reingeguckt. Er schleicht weiter zur Südterrasse und klingelt um 20.17 Uhr Sturm. „Wenn man davon überzeugt ist, dass niemand im Haus ist, klingelt man nicht zweimal“, so der Vorsitzende Richter. Der Hausbesitzer öffnete dann wohl die Tür, in Zeugenaussage wurde auch die Vermutung geäußert, dass der Schnapper am Türschloss auf „Offen“ stand.

13 Stiche mit erheblicher Wucht

Der Täter jedenfalls dringt durch die Tür ein und beginnt sofort, auf den Hausbesitzer mit beiden Messern einzustechen. Das Opfer wehrt sich noch und greift mit der Hand in eine Klinge. „Der Täter setzt mindestens 13 Stiche mit erheblicher Wucht“, so der Richter, er trifft den wehrlosen Mann im Brust- und Bauchraum und verletzt dann auch noch die Aorta, die Hauptschlagader in Herznähe. Selbst wenn die Brustverletzungen nicht tödlich gewesen wären, hätte das Opfer wegen der Trennung der Aaorta keine Überlebensschance gehabt.

„Die Kammer hat nicht den geringsten Zweifel am Vornichtungsvorsatz des Angeklagten“, sagte Richter Bott wörtlich. Als der Hausbesitzer regungslos am Boden liegt, geht der Täter mit blutigen Schuhen ins Arbeitszimmer und sucht die Ehefrau des Opfers, schließlich will er von ihr wissen, wo Schmuck und Bargeld versteckt sind. Als er die flüchtende Frau nicht findet, ergreift er selbst die Flucht und sucht im nahen Wald Deckung.

„Tat war cool durchgezogen worden“

Der Richter bejaht in der Urteilsbegründung das Mordmerkmal der Habgier und des Ermöglichungsvorsatzes, das Mordmerkmal der Heimtücke aber sieht er nicht. „Das ist die Revisionsfalle.“ Die Tat sei auf jeden Fall „cool durchgezogen worden“ und habe einen straffen Ablauf gehabt. Dass der Angeklagte nach dem erfolglosen Raub in Salzburg gleich wieder eine Straftat begehen wollte, um endlich an Bargeld zu kommen, mache einen sprachlos.

„Ich habe Scheiße gebaut“

Dass der Angeklagte, im ganzen Prozessverlauf ebenfalls sprachlos und mitunter teilnahmslos wirkte, machte ihn nicht sympathischer. Dass er sich in seinem Schlusswort doch noch zu einer Entschuldigung durchrang und über die Dolmetscherin ausrichten ließ, er habe „Scheiße gebaut“, half ihm nichts mehr. Er wird die nächsten 15 Jahre nicht mehr einbrechen – und auch kein Geld brauchen. Ob er nach dieser Mindeststraße weiter weggesperrt bleibt, entscheidet sich in der Revision beim Bundesgerichtshof – die hatte der Verteidiger gleich nach der Urteilsverkündung verkündet. Er will höchstrichterlich überprüfen lassen, ob eine besondere Schwere der Schuld vorliegt. Auf die Frage an den Verteidiger, wer denn die Revisionskosten trage, der Verurteilte habe ja bekanntermaßen kein Geld mehr, sagte er zu herrsching.online: „Sie und ich tragen die Kosten.“ Er meinte damit den Steuerzahler.

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