• Sie hat Benzin im Blut, sagt Angelina Igl. Die Kfz-Mechatronikerin hat die beste Meisterprüfung im Bezirk abgeliefert und widmet sich mit Hingabe den Classic Cars. Alle Fotos: Gerd Kloos
  • Der passende Rahmen für eine besondere Ehrung: Die weibliche A-Jugend der TSV-Handballabteilung hat in der Oberliga Süd die Meisterschaft gewonnen.
  • Ein Wunderkind auf der Ballettbühne: Die 13-jährige Amelie Bancilhon treibt es schon auf die (Fuß-)Spitze mit Klassischem Ballett, Modern Dance und Character Dance.
  • Mit Geige und Akkordeon den Saal gerockt: Das Duo KlangZeit mit Josefine Melchior und Hans Zeller.
  • Als stille Helden hat der Bürgermeister die Hospizhelferinnen und Helfer vom Hospizdienst Polling gewürdigt. Auf der Bühne wurden geehrt: Brigitte Boulet, Barbara Pfannenstiel und Alfred Resch
  • Als siebte Trägerin der Goldenen Bürgermedaille darf sich die Widdersbergerin Theresia Holzer über eine überraschende Ehrung freuen.
  • Die Backstube ist ihre Bestimmung: Die Bäckermeister Michael und Michael Sigl. Seit 200 Jahren ist die Bäckerei in Familienbesitz.

Herrschings Promi-Parade

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Was den Wienern ihr Opernball, ist den Herrschingern ihr Jahresempfang. Sogar eine Ballett-Einlage hätte Herrschings Promi-Parade gesehen, wenn das Parkett im Haus der Landwirtschaft groß genug gewesen wäre. Erfolgreiche Wunderkinder, prominente Geschäftsleute, „stille Helden“ und eine verdiente Bürgerin brachte die sensible Regie in einer zweistündigen Revue auf die Bühne: Den Zeiten angemessen gab es auch stille, besinnliche Minuten. Eine Frau, die sonst nie im Rampenlicht stand und Jahrzehnte lang für die Widdersberger Gemeinschaft ehrenamtliche Arbeit leistete, fand sich plötzlich vom Bürgermeister samt Gemeinderat umringt: Theresia Holzer ist seit Donnerstag die siebte (lebende) Trägerin der Goldenen Bürgermedaille.

Josefine Melchior

Es braucht nicht mehr als eine Geigenvirtuosin und einen Ziehharmonika-Zauberer, um einen Saal mit 320 Menschen zu rocken: Das Breitbrunner KlangZeit-Duo Josefine Melchior und Hansi Zeller ließ mit seinem Signature-Stück Soleil Levant die Sonne im Saale aufgehen. Da hatte es dann Bürgermeister Schiller leicht, ein gut gelauntes Publikum, dank der Einladung ohnehin geschmeichelt, für sich einzunehmen.

Der Reigen der Ausgezeichneten und Erfolgreichen begann mit der 13-jährigen Maryna Tymofieieva und dem zehn Jahre alten Sebastian Keller, die sich beim Brasilianischen Jiu Jitsu Silver und Gold in einem Internationalen Wettbewerb erkämpften.

Mit anderen Mitteln gegen andere Gegner kämpft der Breitbrunner ehemalige Unternehmensberater Dr. Georg Strasser: Mit seiner Initiative raumgeben.net treibt er Wohnraum für anerkannte Ayslbewerber auf. Der Ansatz der Gruppe ist neu, erfolgreich und originell: Wohnungen, die für verwöhnte Deutsche nicht mehr akzeptabel sind und deshalb leer stehen, sollen bedürftigen Flüchtlingen eine neue Heimat bieten. Strasser hat mit dieser Idee schon 150 Personen ein neues Dach überm Kopf vermittelt. Die Regierung von Oberbayern hat ihn dafür mit dem Integrationspreis ausgezeichnet. Strasser im herrsching.line-Interview: „Ohne eigene Wände bleiben Migranten fremd im Land.“

Fast unschlagbar: Die weibliche Handball-A-Jugend des TSV

Jung, selbstbewusst und nahezu unschlagbar war die weibliche A-Jugend des TSV Herrsching, die in der Oberliga Süd die Meisterschaft gewann. TSV-Handball-Chefin Christina Reich zeigte sich denn auch stolz, dass sie „einer so erfolgreichen Abteilung vorstehen darf“.

Die Meisterschaft in der Bezirksklasse und damit den Aufstieg in die Bezirksliga schafften die Herren III der TSV-Volleyballer mit dem Trainier Jochen Bockfeld. Auch der Geschäftsführer des „Geilsten Clubs der Welt“, Max Hauser, der die WWK Volleys in die Bundesliga geführt hatte, versuchte sich bei den Herren III noch einmal als Spieler, musste beim entscheidenden Spiel aber die Platte wegen eines Rippenbruchs verlassen. Hauser selbstironisch: „Ab da lief es bei unserer Mannschaft.“ Über den sensationellen Erfolg der WWK-Profis staunt Hauser nach dem (leider verlorenen) Viertelfinale in den Playoffs immer noch: „Ich konnt’s selbst nicht glauben.“

Und wenn’s um Glauben geht, sind wir schon bei den beiden Pfarrern, die bei jedem Jahresempfang auftreten – schließlich haben sie auch immer ein Anliegen. Der evangelische Pfarrer Ulrich Haberl versprach eine neue Infrorot-Heizung für die Erlöserkirche, nachdem sich der Bürgermeister über die Kälte beim Konzert des Ravina-Romagnano-Chors beschwert hatte. Und der katholische Pfarrer Simon Rapp erinnerte an das lädierte Goldgewand der Madonna am Fuß von St. Martin. Da böte sich für Spender die Möglichkeit, sich der Madonna zu empfehlen. Im nächsten Jahr, versprach Rapp, stehe Herrsching mit der Einweihung des Kultursaals in der alten Nikolauskirche ein freudiges Ereignis bevor. Die Gemeinde unterstützt den Umbau mit zweimal 400 000 Euro aus der Gemeindekasse.

Noch einige Stufen ernster wurden die Themen beim Interview mit dem Kriminaldirektor beim Staatsschutz des LKA Bayern, Sebastian Herre, der über die aktuelle Bedrohung durch islamistische Gewalttäter sprach.

Anästhesistin Dr. Julia Voigtländer-Bolz

Ernste und zugleich hoffnungsvolle Botschaften brachte die Herrschinger Anästhesistin Dr. Julia Voigtländer-Bolz mit, die am Klinikum Seefeld arbeitet. Mit einem Seefelder Chirurgenteam fliegt sie jedes Jahr nach Togo. Durch eine genetische Besonderheit der Bevölkerung leiden dort bereits jüngere Menschen an defekten Hüftgelenken. Eine Woche lang setzt das Team möglichst vielen Patienten neue Hüftgelenke ein – mitunter im Schein der Handylampen, wenn mal wieder der Strom in der Stadt ausfällt.

Luca Ponsa, 15, und Mathis Zolling, 14, zaubern auf ihren Hackbrettern

Was junge Menschen mit gesunden Hüften und unfassbarem Talent zu leisten imstande sind, ließen Luca Ponsa, 15, und Mathis Zolling, 14, hören. Sie rissen mit ihren Stücken auf den Hackbrettern das Publikum zu Begeisterungsstürmen hin.

Herrsching hat nicht nur die längste Promenade und damit schon einmal ein Alleinstellungsmerkmal, Herrsching hat seit letztem Jahr auch Deutschlands beste Apotheke. Diesen Titel darf nun die Seeapotheke tragen. Die Besitzerin Helen Brugger stammt aus einer Apotheker-Familie, bei soviel tradiertem Wissen ist mit solchen Titeln zu rechnen. Sie freute sich mit ihren 30 Mitarbeitern und Mitarbeiterin über die Auszeichnung – es gibt schließlich 17 000 Konkurrenz-Apotheken in Deutschland.

Nicht nur Herrsching, auch die Jury beim Regionalwettbewerb Jugend musiziert war von den beiden so fasziniert, dass der erste Preis keine Überraschung war. Ein Hackbrett mit dieser Klanggüte ist übrigens kein preiswertes Vergnügen: Eines der Instrumente kostet 5000 Euro.

Die Herrschinger Hospizgruppe sucht noch Verstärkung

Die Überleitung zu den nächsten Bühnengästen war nun nicht einfach, schließlich ist es das Primärziel einer Apotheke, Krankheiten zu heilen. Brigitte Boulet, Barbara Pfannenstiel und Alfred Resch arbeiten seit 18 Jahren als ehrenamtliche Begleiter für Menschen in der letzten Lebensphase. In der Herrschinger Hospizgruppe verrichten zwölf Helfer und Helferinnen einen wertvollen Dienst für Menschen, die oft keine Angehörigen mehr haben und ohne diese „stillen Helden“, wie sie der Bürgermeister nannte, einsam sterben würden. Sie arbeiten beim ambulanten Hospizdienst Polling. Der Bedarf an weiteren Helfer ist übrigens groß, die Gruppe könnte weitere Unterstützung brauchen. Vor dem Einsatz durchlaufen die Hospiz-Helfer eine Ausbildung, die bis zu einem Jahr dauert.

Benzin im Blut zu haben, kann nicht gesund sein, denkt der Laie, aber das ist natürlich falsch: Die Kfz-Mechatronikerin Angelina Igl behauptet, dass in ihren Adern Benzin fließt. Sie hat ihre Meisterprüfung mit 1,4 abgeschlossen und ist damit Bezirksbeste, was mit einer Urkunde vom Ministerpräsidenten belohnt wurde. Sie arbeitet bei Auto Feyrer Classic und hat es täglich mit sehr teuren, sehr rüstigen Greisen zu tun, die sie auf ihr zweites Leben in Glanz und Glorie vorbereitet. Sie fährt mit den teuren Oldtimern, die oft sechsstellige Preistafeln haben, auch Rallyes. lobt ihre Firma mit dem Satz: „Ich brenne für die Classic-Autos.“ Dabei hat sie, wie die meisten Mädels, als Kind auch mit Puppen gespielt.

Die Bäcker-Dynastie Sigl

Alte, sehr alte Handwerkskunst pflegt auch die Familie Sigl an der Mühlfelder Straße: Auf 200 Jahre Backtradition kann sie verweisen. Im Interview auf der Bühne sagte Michael Sigl Senior mit Bürgerstolz, dass die Bäckerei wohl der älteste Gewerbesteuerzahler der Gemeinde sei. Seit 1848 ernährt sie die Herrschinger Gemeindekasse und natürlich die Bürger mit. Michael Sigl Junior, sehr gut ausgeschlafen, sagt, dass das frühe Aufstehen noch nie sein Problem gewesen sei, eher das Zu-Bett-Gehen. Nur noch sechs Bäckereien im Landkreis, so Sigl, haben eine eigene Backstube, „die Bäcker passen in einen Kleinbus, und wenn der verunglückt, ist es aus mit dem Bäckerhandwerk im Kreis“. Ob denn morgen auch genügend „Ammerseebrot“ im Regal liege, fragte der Bürgermeister. Die Spezialität des Hauses besteht aus 70 Prozent Roggen und 30 Prozent Weizen. „Doppelt gebacken“, betont der Juniorchef. Er versprach am Donnerstag, dass es für alle im Publikum reiche.

Die 13-jährige Ballett-Tänzerin Amelie Bancilhon.

Den maximalen Kontrast zur Traditionsbäckerei gab die nächste Interviewpartnerin: 13 Jahre alt, ein Federgewicht und die beste Zeit noch vor sich: Die Tänzerin Amelie Bancilhon tanzt Klassisches Ballett, Modern Dance und Character Dance, wurde bei Wettbewerben schon so oft ausgezeichnet, dass man die Titel gar nicht alle aufzählen kann. Jetzt hat sie sich sogar schon für die Weltmeisterschaft qualifiziert. Sie tanzt bereits seit dem vierten Lebensjahr (betreut wird sie von Flora Almeida), trainiert sechs Mal in der Woche und hat tatsächlich noch Zeit fürs Gymnasium in Tutzing. Sie hätte sogar eine Probe ihres Könnens gezeigt, aber die Bühne war zu klein und ungeeignet für zarte Ballerina-Füße. Dafür bekam das Publikum in einer kleinen Film-Sequenz eine Ahnung von ihrer Kunst. Den Grand Jeté, den Spagatsprung, zelebriert sie, als würde sie für John Neumeier tanzen. Welches Talent auf Zehenspitzen.

Fast der gesamte Gemeinderat versammelt sich für Theresia Holzer.

Und dann wieder Szenenwechsel und ein Blick zurück auf die letzten Jahrzehnte und eine bewunderswert uneitle, fleißige Frau, die 28 Jahre lang als ehrenamtliche Kirchenpflegerin in Widdersberg gearbeitet hat: Theresia Holzer kümmerte sich Jahrezehnte lang auch um das alte Gemeindehaus in Widdersberg, organisierte den Seniorentreff und die evangelischen Wortgottesdienste. Sogar Fahrdienste hat sie angeboten. Als sie zum Jahresempfang eingeladen wurde, ahnte sie noch nicht, was da auf sie zukam. Erst als sie Familienmitglieder unter den Gästen entdeckte, schwante ihr, dass da etwas Besonderes auf sie zukam. Und so war es: Der Bürgermeister legte seine Amtskette um, die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte versammelten sich auf der Bühne, und dann wurde es amtlich: Theresia Holzer bekam die Goldene Bürgermedaille verliehen. Sie ist jetzt Mitglied im exklusivsten Club Herrschings: Eine solche Medaille im Schrank haben zur Zeit nur sechs Bürger: Friedrich Bartl, Hans-Ulrich Greimel, Jacob Schrafstetter, Friedrich Huber, Ludwig Darchinger und Wolfgang Schneider. Der hatte als Dritter Bürgermeister auch die Ehre, Theresia Holzer die Ehrennadel anzustecken.

Die könnte sich auch mal die neue Direktorin des Gymnasiums Herrsching verdienen, aber dafür, so der Bürgermeister, müsste sie nach Herrsching ziehen. Dr. Eva Weingandt wurde zum Fortgang der Bauarbeiten im Mühlfeld befragt. Sie ist guter Dinge, dass der Schulbeginn am 16. September funktioniert, wenn auch in diesem Jahr nur zwei Lernhäuser fertig werden. Passend zum heiteren Abend ging es aber weniger um Bauverzögerungen, sondern um den morgendlichen Schulbeginn zwischen 8.30 Uhr und 9 Uhr. Wann der Startgong ertönt, scheint noch nicht beschlossen zu sein.

Ein kleines Geheimnis gab’s auch darum, wer hinter der weißen Gesichtsmaske im letzten Act des Abends steckt: Das Phantom der Oper auf einer Herrschinger Bühne, dargestellt von Quirin Welsch und Josephine Eisele aus Breitbrunn. Beide studieren nicht Gesang, wie man vermuten könnte, sondern Architektur. Quirin hatte schon mit Kinderrollen bei Musicalproduktionen gastiert. Mit dem Duett „All I ask of you“ verabschiedete sich dann ein Abend, der reich an heiteren, aber auch an besinnlichen Momenten war.

1 Comment

  1. Freue mich für Theresia Holzer. Endlich mal wieder eine Frau, die die Goldene Bürgermedaille erhalten hat.
    Alle anderen Träger dieser Auszeichnung, die noch leben, sind Männer. Obwohl es sicherlich auch genügend verdienstvolle Frauen in unserer Gemeinde gibt.

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