Radfahrer überrollen Wurzelwellen ohne Probleme. Rollstuhlfahrer und Rollatorbenützer könnten durch Stolperfallen an „invasiven" Weg-Wurzeln eher belästigt werden. Foto: Gerd Kloos

Das grüne Dach für die Promenade ist nicht gefährdet

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Gemeinderat diskutiert über die Vorschläge zur Sanierung des Promenadenwegs/Gesamtkosten von mindestens 1,5 Millionen veranschlagt/Gehwegsanierung mit Wurzel-schonenden Brücken in mehreren Abschnitten?/Promenade würde eine jahrelange Dauerbaustelle werden///

Eine gute Nachricht vorab, und eine noch bessere gleich hinterher: Alle Bäume an der Seepromenade können erhalten werden, und wenn es nach den Grünplanern geht, sollen gleich noch sieben Bäume dazukommen. Herrschings Parademeile lag in den vergangenen Monaten unter dem Brennglas der Beratungsfirma NRT, die dem Gemeinderat nun über den Stand ihrer Erkenntnisse berichtete.

Der Auslöser für die Aktivitäten war eine Ordnungswidrigkeit der Natur: Die Wurzeln vieler Promenadebäume drücken die Pflastersteine und den Asphalt des Promenadewegs hoch, sodass sich, passend zum nahen Ammerseewasser, Wellen bildeten. Das schreckte nicht nur besorgte Bürger hoch, sondern auch Politiker unterschiedlicher Couleur und Bedeutung.

Im Gemeinderat gab denn auch der Bürgermeister zu Protokoll, dass es schon diverse Vorkommnisse und Beschwerden besorgter Bürger gegeben habe. Ob die Wellen im Gehbereich nun verkehrsbehindernd sind oder gefahrlos umgangen, umfahren oder überfahren werden können, entzweit das Publikum auf der Flaniermeile. Der Herrschinger Landschaftsingenieur Konrad Herz, der mit herrsching.online den Weg inspizierte, hält einen regulierenden Eingriff für geboten. Die Tücke dabei: Wenn man den Geh- und Fahrweg (Radfahrer dürfen nach wie vor zwischen Hunderten von Fußgängern herumkurven) anhebt, um den Wurzeln mehr Raum zu geben, dürfen diese Wurzelbrücken maximal sechs Prozent Steigung und Gefälle verursachen: Diese Erhebung schaffe, so die deutsche DIN, ein Behinderter mit dem Rollstuhl noch.

Natur ist stärker als Stein und Asphalt: Die Oberflächenwurzeln bilden kleine Stolperfallen.

Überhaupt die Wurzelbrücken: Inzwischen gibt es zahlreiche Methoden und Technologien, um die Lebensadern der Bäume zu schützen, zum Beispiel Gitter, die sich schützend über die Würzeln legen. Die meisten Wurzeln, so die Grünplaner, liegen 20 bis 40 Zentimeter tief in der Erde, sind also keine Störenfriede für die Freunde der planen Fortbewegung. Die Wurzelbrücken müssen übrigens so stabil sein, dass ein viele Tonnen schweres Feuerwehrfahrzeug darüber rollen kann.

Die Kosten für eine Neu- und Umgestaltung, die Nivellierung des Gehwegs, die Auslegung mit Natur- und/oder Betonsteinen, die Baumerhaltungsmaßnahmen haben die Grünplaner üppig kalkuliert.

• Die Ausstattung mit Bänken, Fahrradständern, die Gestaltung des Uferbereichs mit Sitzstufen und Mauern würde in der NRT-Kalkulation 395 000 Euro kosten.

• Die Baumstandortverbesserung und der Wegebelag in Betonsteinpflaster käme laut NRT auf 1, 2 Millionen.
• Die Gesamtkosten addieren sich mit Betonsteinen auf 1, 4 Millionen, mit Natursteinen auf 1,7 Millionen.

Zur Beruhigung der Gemeinderäte, die im aktuellen Haushalt nur 250 000 Euro eingeplant hatten, meinten die NRT-Planer, dass die Promenade auch in mehreren Abschnitten saniert werden könne. Wenn jeder Haushalt in den nächsten Jahren den gleichen Betrag ausweisen würde, dann würden die Baumaßnahmen rund sechs Jahre dauern – die Promenade, Herrschings gute grüne Stube, wäre eine Dauerbaustelle.

In den Kostenschätzungen steckt nicht nur eine verkehrssichernde Gehwegsanierung, sondern auch eine touristische Aufwertung der Promenade und des südlichen Uferwegs bis zum Seespitz. So stellen sich die Grümplaner von der NRT vor:

• Fahrradständer

• Sitzstreifen am südlichen Uferweg

• weitere Sitzstufen mit Blick aufs Westufer

• Freiflächen im Bereich der Gastro.Zonen Fischladen, vielleicht auch an der Bayerischen Brandung

• Info-Stelen mit Schautafeln am südlichen Uferweg

In der anschließenden Debatte gab es sehr widersprüchliche Beiträge. Erstaunlicherweise meldete sich der sonst eher wortkarge Valentin Schiller, formal Mitglied der Grünen-Fraktion, zu Wort. 1,7 Millionen Euro seien zuviel Geld. Er lehnt die Maßnahmen ab.

FDP-Gemeinderat Alexander Keim dagegen sähe das Geld für die nächsten 50 Jahre gut angelegt, schließlich sei die Promenade Herrschings Aushängeschild. Die Sprecherin der Grünen-Fraktion, Anke Rasmussen, zeigte sich begeistert, dass alle Bäume eine Bestandsgarantie von den Grünplanern bekommen haben. Sie plädierte für eine abschnittsweise Sanierung.

Die CSU-Rätin Tanja Kodisch-Kraft fragte nach der Hochwasser-Resilienz der Promenade. Berechtigte Frage: Der Weihnachtssturm vor eineinviertel Jahren hatte sich ja heftig an der Promenade ausgetobt und Stege samt Ufermauer in Mitleidenschaft gezogen. Ihre Frage, ob statt der aufwendigen Stahl-Wurzelbrücken auch Holzkonstruktionen geeignet seien, verneinten die NRT-Planer: zu pflegeintensiv, zu rutschig bei Nässe und zu schwach für Feuerwehrfahrzeuge. Die BGH-Rätin Susanne Hänel plädierte statt Betonsteinen für Natursteine, die allerdings nach der NRT-Kalkulation 300 000 teurer wären.

Grünen-Gemeinderat Gerd Mulert nahm die Frage der Bürgerin Karin Casaretto nach einer Bürgerbeteiligung auf und mahnte mehr Mitspracherecht an. Der Bürgermeister konterte den Einwurf mit dem Hinweis auf einen technischen Vorgang bei der Gehwegsanierung. Außerdem scheint er zu befürchten, dass bei zuviel Bürgerbeteiligung auch die Wünsche und Ansprüche der Bürger befeuert würden. Gemeinderat Christoph Welsch, Mitglied der Grünen-Fraktion, setzte dann noch einen rhetorisch spannenden Schlusspunkt, in dem er den Planern vorwarf, sie würden die Promendade neu erfinden wollen. Das, so Welsch, ist nicht erforderlich.

Die spannende Frage, aus welchen Zuschusstöpfen des Staates oder der KfW Zuschüsse für die Promenadensanierung gefördert werden könnte, fand an diesem Abend keine genaue Antwort.

3 Comments

  1. Aus journalistischer Sicht halte ich die ansatzweise tendenziöse Berichterstattung des Autors oder der Autorin (keine Namensangabe beim Artikel) für irritierend, z.B. hier: „Die Tücke dabei: Wenn man den Geh- und Fahrweg (Radfahrer dürfen nach wie vor zwischen Hunderten von Fußgängern herumkurven) anhebt…“. Was soll der Satz in der Klammer aussagen? Trägt das irgendetwas zum Informationsgehalt des Artikels bei oder handelt es sich hier um eine (nicht gekennzeichnete) Meinung des Autos, der Autorin, was die Wortwahl nahelegt? Und was soll es aussagen, dass Valentin Schiller „formal“ Mitglied der Grünen ist? 🤔

  2. Es ist höchst bedenklich und nicht hinnehmbar, wenn Herr Schiller einen Gemeinderatsbeschluss vom Oktober 2022 in Sachen Bürgerbeteiligung mit fadenscheinigen Hinweisen einfach zu ignorieren versucht. Das sollte man ihm nicht durchgehen lassen.

  3. „Wo ein Wille, da ein Weg“, es beruhigt mich wirklich sehr, dass der Herrschinger Gemeinderat und die Beratungsfirma so sachlich und konstruktiv an dem Erhalt der schönsten Flaniermeile Herrschings arbeitet. Danke!

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