Silberlocke? Könnte er bieten

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Was unterscheidet ihn von seinem Parteifreund Gregor Gysi? Er hat wirklich eine prächtige Silberlocke – nur leider nicht die Bekanntheit des Linken-Stars. Aber Bernhard Feilzer hätte gute Chancen, in der ersten Bundestagssitzung als Alterspräsident zu amtieren. Dazu müsste Bernhard Feilzer von den Linken aber zuerst einmal den Sprung nach Berlin schaffen. Der 76-jährige Versicherungskaufmann, Markenzeichen volles grauen Haar, kandidiert im Wahlkreis Starnberg-Landsberg als Direktkandidat für die Ramelow-Gysi-Bartsch-Partei. Vor wenigen Wochen drohte noch der Frontalcrash an der Fünf-Prozent-Hürde, jetzt sieht es so aus, als würden Feilzers Linke in einem fulminanten Satz über die Messlatte segeln. Feilzers persönliche Anliegen sind die soziale Absicherung der über 60-Jährigen, die Mieten und die Befristung der Sozialbindung im Sozialen Wohnungsbau. Dem Starnberger Verband Wohnen wirft er mangelndes Engagement vor.

herrsching.online: Sie gehören ja aufgrund Ihres Alters zur Silberlockenfraktion bei den Linken?

Feilzer: Ja, so könnte man es sagen. Dabei hat sich die Partei in den letzten Monaten deutlich verjüngt, es sind viele junge Leute bei uns eingetreten, die noch nicht die politische Erfahrung haben.

herrsching.online: Was hat Sie denn um Gottes Willen bewogen, in Ihrem Alter noch einmal die Ochsentour einer Kandidatur auf sich zu nehmen?

Feilzer:  Ich wollte meine Partei dabei unterstützen, aus dieser – früheren, muss man sagen – Krise herauszukommen. Außerdem habe ich die größte politische Erfahrung in dem inzwischen jungen Umfeld.

herrsching.online: Wie lange sind Sie schon Parteimitglied bei den Linken?

Feilzer: Parteimitglied bei den Linken bin ich seit 2014. Aber ich habe vorher schon fünf Jahre lang mitgearbeitet, bis ich dann tatsächlich Mitglied geworden bin. Aber linksgestrickt war ich schon immer.

herrsching.online: Das einzige politische Wunder, das in diesem Wahlkampf geschah, war ja die Auferstehung der Linken, die inzwischen bei 7 Prozent in den Umfragen liegt. Wie konnte das denn passieren?

Feilzer: Als Gründe sehe ich drei Faktoren. Einmal die gute Arbeit unserer Spitzenkandidaten,  im besonderen der Heidi Reichinnek…

herrsching.online:… der Tiktok-Star…

Feilzer: … als zweiten Grund sehe ich die vielen Jugendlichen, die sich inzwischen bei uns engagieren. Viele, die von den Grünen kommen, haben gemerkt, dass die Grünen ihre Ziele etwas verraten haben. Und schließlich sind wir die einzige Partei, die Antworten auf die Fragen der einfachen Leute haben.

herrsching.online: Der Landkreis Starnberg hat mit seiner einkommensstarken Bevölkerung vermutlich weniger klassische Stammwähler für die Linken?

Feilzer: Wir haben viele Wähler im Kreis Starnberg, die aus sozialen Berufen kommen, zum Beispiel aus der Pflege, aus Kindereinrichtungen, aus Krankenhausberufen. Und zunehmend rekrutieren sich unsere Wähler aus der Arbeiterschaft, die durch die Massenentlasssungen der großen Werke bedroht ist. Mein persönliches Anliegen ist, dass man die Generation über 60 nicht vergisst. Ich zum Beispiel arbeite auch im Landesseniorenrat mit. Hier könnte die Linke noch mehr Wählerpotenzial erschließen. Außerdem bin ich Seniorenbeirat in meiner Gemeinde.

herrsching.online: Wie organisieren Sie Ihren Wahlkampf, ich vermute mal, dass Sie nicht viel professionelle Unterstützung durch Helfer haben?

Feilzer: Unser Wahlkampf wird vollständig aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert. Und die neueingetretenen Mitglieder engagieren sich natürlich auch im Wahlkampf. Hochachtung und Dank für diesen Einsatz.

herrsching.online: Auf welchem Listenplatz liegen Sie denn in Bayern. Und wieviel Prozent müsste die Linke holen, damit Sie in den Bundestag einziehen?

Feilzer: Ich bin realistisch genug, dass ich nicht mit einem Einzug in den Bundestag rechne. Die Linke müsste 20 Prozent holen, damit ich nach Berlin ziehe. 

herrsching.online: Kannibalisiert sich das linke Lager mit SPD, Grünen, Linken, Volt und ein bisschen BSW nicht selbst? Auf Zugewinne aus dem konservativen Lager darf man ja nicht hoffen?

Feilzer:  Wenn man das Wahlprogramm des BSW anguckt, dann sieht man, dass da viel Ausländerfeindlichkeit enthalten ist.  Auch in der Wirtschaftspolitik orientiert sich das BSW ganz anders als die Linke.

herrsching.online: Was ist Ihr persönliches politisches Anliegen?

Feilzer: Ich trete für den sozialen Wohnungsbau im Landkreis ein. Zum Beispiel müsste sich der öffentliche Verband Wohnen in Starnberg viel mehr engagieren. Ein besonderes politisches Anliegen ist es, dass die Wohnungen des sozialen Wohnungsbaus nicht aus der Sozialbindung fallen, das heißt, dass die Mietbindung nicht befristet wird….

herrsching.online: …die Frist für die sozialen Mietpreise läuft 20 Jahre…

Feilzer: … ja. Ich bin in einer genossenschaftlichen Wohnung in München aufgewachsen und weiß deshalb, wie wichtig es für die Mieter beziehungsweise die Genossen ist, dass die Miete gedeckelt ist. Auch in der Verkehrspolitik müsste entschieden umgesteuert werden. So müsste die Bahn wieder vollständig vom Bund übernommen werden, damit auch der Güterverkehr wieder so weit wie möglich auf die Schiene verlagert wird.

herrsching.online: Eine der Stärken Ihrer Partei ist das konkrete Bürgerengagement vor Ort?

Feilzer: Ja, wir haben Fachleute, die dem einzelnen Bürger oder auch Gruppen helfen können. 

herrsching.online: Und wie blicken Sie auf den Sonntag?

Feilzer: Alle Umfragen sagen, dass wir deutlich über der 5-Prozenthürde liegen werden und nicht auf die drei Direktmandate der Silberlocken angewiesen sind. Aber natürlich helfen die drei Herren mit ihrer Popularität.

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