Der Verein „Frauen für Frauen" hat einen stattlichen Scheck aus Berlin bekommen. Von links: Die Vorsitzende Ursel Wrede, die SPD-Abgeordnete Carmen Wegge und die Co-Vorsitzende Liesel Baumann. Foto: Gerd Kloos

Präsidiale Spende für Herrschinger Fraueninitiave

6 mins read

Wie kommen 1600 Euro aus dem Geldbeutel der Bundestagspräsidentin Bärbel Bas ins Fünfseenland? Und was macht die Herrschinger FDP-Vorsitzende Ursel Wrede bei der SPD in Starnberg? Fragen, die beim Jahresempfang verblüffende Antworten fanden: Die SPD-Wahlkreisabgeordnete Carmen Wegge, im Bundestag auch Chefin der Parlamentarischen Linken, ließ in Berlin drei Künstlerplakate mit politischen Anliegen versteigern. Ein Poster, das sich für Frauenrechte einsetzt, ersteigerte Bärbel Bas für satte 1600 Euro. Und Carmen Wegge hatte auch gleich eine gute Idee, das Geld im Sinne der Bundestagspräsidentin einzusetzen. Sie überreichte der Vorsitzenden des Vereins „Frauen helfen Frauen“, Ursel Wrede, und ihrer Kollegin Liesel Baumann beim Jahresempfang einen im Wortsinn großen und großartigen Scheck. Für soviel Geld setzt man schon einmal einen „anderen Hut auf“, sagte die Herrschinger FDP-Chefin lachend und ließ sich frohgemutet unter den Genossinnen und Genossen sehen.

herrsching.online hatte mit Ursel Wrede im letzten Herbst ein spannendes Interview über die Arbeit für gewaltbetroffene Frauen im Landkreis geführt:

herrsching.online: Frauen helfen Frauen, heißt Ihr Verein. Wie helfen Sie konkret?

Wrede: In unserem Büro in Herrsching arbeiten vier Teilzeitmitarbeiterinnen auf zwei Vollzeitstellen. Diese Mitarbeiterinnen beraten Frauen, die Gewalt ausgesetzt sind. Aber sie sind auch in der Gewaltprävention tätig. Sie sind ausgebildete Sozialpädagoginnen oder haben verwandte Ausbildungen. Außerdem haben sie noch eine Spezialausbildung durchlaufen, um mit diesen schweren Themen umgehen zu können.

herrsching.online: Wieviele Frauen beraten Sie im Jahr?

Wrede: Wir beraten ungefähr 150 Frauen im Jahr aus dem Landkreis Starnberg.

herrsching.online: Eigentlich könnte man ja vermuten, dass in einem so wohlhabenden Landkreis wie Starnberg häusliche Gewalt, die ja auch aus ökonomisch schwierigen Bedingungen erwachsen könnte, seltener vorkommt.

Lucks: Häusliche Gewalt kommt in allen Schichten vor, ob es Akademikerfamilien sind, Arbeiterfamilien, Zuwanderer oder Urbayern.

Wrede: Frauen aus wohlhabenderen Schichten gehen wohl eher zu einem Anwalt als zu einer Beratungsstelle. Oft müssen sie dann auch noch eine Verschwiegenheitserklärung unterschreiben.  

herrsching.online: Spielt da auch die oft beschriebene Scham eine Rolle?

Wrede: Ja, oft holen sich Frauen sehr spät Hilfe, weil sie sich schämen, weil sie denken oder sich einreden lassen, dass sie selber schuld sind. Oft reden die gewalttätigen Männer den Frauen ein, dass sie selber schuld sind.

Lucks: Berater, die mit Männer in Haftanstalten reden, erzählen, dass die Täter ihre Schuld leugnen. Sie seien psychisch so von den Frauen malträtiert worden, dass sie keine andere Lösung mehr gefunden hätten.

Telefon des Beratungsbüros in Herrsching:  08152/5720
Spendenkonto für den Verein „Frauen helfen Frauen e. V."
DE 62 7025 0150 0430 8868 04

herrsching.online: Frau Wrede, wie helfen Sie konkret den Frauen in Ihrer Herrschinger Beratungsstelle, die sich bei Ihnen melden?

Wrede: Wir haben seit ein paar Jahren das Gewaltschutzgesetz. Dieses Gesetz ermöglicht es den Frauen, in ihren Wohnungen zu bleiben. Der gewalttätige Mann muss die Wohnung verlassen, auch wenn er Mieter ist. Die Polizei ist berechtigt, den gewalttätigen Mann aus der Wohnung zu weisen. Frauen wollen nämlich nicht unbedingt in Frauenhäuser wechseln, wenn es nicht unbedingt sein muss, damit die Kinder in ihrer Umgebung bleiben.

herrsching.online: Gibt es im Landkreis ein Frauenhaus?

Wrede: Im Landkreis Starnberg haben wir kein eigenes Frauenhaus. Der Landkreis bezahlt aber für Plätze im Frauenhaus Murnau. Das Problem in unserem Landkreis ist die Wohnungsnot. Die Frauen, die einmal ins Frauenhaus gezogen sind, kommen da nicht wieder raus, weil sie keine neue Wohnung finden. Deshalb versuchen unsere Mitarbeiterinnen, eine Lösung zu finden, um einen Umzug ins Frauenhaus zu vermeiden. Die Frauen können sich bei uns auch für zehn Euro eine Anfangsberatung durch eine Rechtsanwältin holen.

herrsching.online: Vom wem wird Ihr Beratungsbüro unterstützt?

Wrede: Eigentlich sind alle Unterstützungen, die wir bekommen, freiwillig. Das Sozialministerium bezahlt einen Beitrag, der Landkreis und die Kommungen steuern bei, aber es gibt noch keine gesetzliche Grundlage für diese Beiträge. Zehn Prozent müssen wir selber aufbringen durch Spenden, Mitgliedsbeiträge und Bußgelder, die Amtsgerichte zu unseren Gunsten verhängen. 

herrsching.online: Ist der Etat fürs nächste Jahr gesichert?

Wrede: Es ist jedes Jahr spannend, ob wir die nötigen Gelder bekommen. Für nächstes Jahr liegen die Zusicherungen vor. Aber wenn Richtlinien von heute auf morgen geändert werden, dann sehen wir wieder ganz alt aus. Das Sozialministerium hat seinen Zuschuss innerhalb von vier Jahren  um drei Prozent erhöht. Wir aber bezahlen unseren Mitarbeiterinnen den Tarif, der für den Öffentlich Dienst gilt.  Dabei braucht der Job viel Expertise und psychologische Resilienz. Man muss da viel aushalten.

1 Comment

  1. Eine sehr gute, weil kreative Sozialaktion von Frau Wegge in der Spendenbeschaffung für Frauen in Not. Und prima, dass sich die FDP Frauen mit SPD Frauen in der Sache verstehen. Weiter so, dann macht mir der Waehltermin Freude.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

Aktuellste Meldungen

Selbstverteidigung unter Stress

Zwei ausgewiesene Spezialisten für Selbstverteidigung und Selbstbehauptung hatte der Herrschinger Budo-Verein zu einem Lehrgang eingeladen. Unter

Wasserwacht wählt neuen Vorstand

Die Wasserwacht Herrsching hat wieder einen regulären Vorstand: Am Donnerstag wählte die Jahreshauptversammlung den kommissarischen Technischen

Anzeige