Gemeinderat beriet in Klausur den nächsten Haushalt/Landkreis steuert auf Rekordschuldenstand zu/In der Halbjahresbilanz steigert Herrsching die Erträge um 1,9 Millionen///
Das Jammern ist das Brot des Kaufmanns. Und neuerdings auch der Refrain des Politikers: Die öffentlichen Kassen seien leer, Haushalte tief rotstichig. So gab der Kämmerer des Landkreises Starnberg, Stefan Pilgram, im Haushaltsausschuss bekannt, dass die Kreisschulden im nächsten Jahr auf 186 Millionen ansteigen könnten. Das hat Folgen für die Gemeinden. Der Kreis hält die Hand bei den Kommunen auf, die Kreisumlage könnte von 53,7 auf 54,8 Prozent steigen. Für Herrsching würde das einen zweitstelligen Millionenbetrag bedeuten (etwa 10,2 Millionen). Deshalb war bei der Finanzklausur des Gemeinderats im Feuerwehrhaus auch Feuer unterm Dach. Dabei sah die Halbjahresbilanz der Kämmerin Miryam Goodwin gar nicht furchterregend aus – die Liquidität der Gemeinde war im Vergleich zu 30. Juni 2023 um 300 000 Euro gestiegen. Goodwin sprach von einer guten Ertrags- und geordneten Finanzlage.
Mit die größten Kostgänger im Kreis sind die vier Kliniken, die dem Kreis gehören: Pilgram stellt einen Betrag von 23 Millionen in den Vermögenshaushalt ein, aus dem sich die Krankenhäuser dann ihre finanziellen Überlebensspritzen holen. Der Fraktionssprecher der Freien Wähler im Kreistag, Albert Luppart wählte für die Finanzsituation des Kreises einen drastischen Ausspruch: „Wir fahren den Laden an die Wand.“ Landrat Frey, der auch schon vergnüglichere Sitzungen erlebt hat, drückte sich weniger drastisch aus: „Wir müssen uns Stück für Stück vom Wohlstand verabschieden und wieder in der Realität ankommen.“ Am neuen Gymnasium in Herrsching, das wohl über 100 Millionen kosten wird, könnte sich der Kreis verhoben haben.
Aber auch Herrsching trägt schwer an dem neuen Bildungstempel: Für das Jahr 2024 sind 500 000 Euro eingeplant – zehn Prozent der Baukosten muss die Gemeinde stemmen.
Geld, sagen viele Fiskalexperten, sei eigentlich genug in den öffentlichen Kassen, aber die Wünsche der Bürger und Politiker sind wohl noch stärker gestiegen als die Steuereinnahmen: So verzeichnete Herrsching in den ersten sechs Monaten des Jahres 13,4 Millionen Erträge – davon sind 10,5 Millionen Steuern und Abgaben der Bürger. Das sind verglichen mit dem Halbjahr 2023 1,9 Millionen mehr. Trotz Konjunkturflaute sind auch die Gewerbesteuereinnahmen um satte 1,4 Millionen gestiegen – insgesamt waren es 6,4 Millionen zum 30. Juni 2024. Liefe das Jahr so gut weiter, könnte Kämmerin Goodwin deutlich mehr als die veranschlagten 9,9 Millionen einnehmen. Sogar die Einnahmen aus der Einkommenssteuer stiegen leicht um 100 000 Euro auf 2,4 Millionen.
Freude machte auch die Zweitwohnungssteuer, die dank des angepassten Hebesatzes auf 471 000 Euro stieg. Die neue Grundsteuer, die laut Gesetzgeber einkommensneutral gestaltet sein soll, wird vielleicht auch mehr Geld einbringen – 27 Prozent der privaten Grundbesitzer zahlen dank der Erhöhung des Hebesatzes von 300 auf 420 Prozent mehr Grundsteuern, 72 Prozent aber weniger. Nach dem alten Hebesatz würde diese Schollensteuer 1,7 Millionen bringen, nach dem neuen Satz aber 1,9 Millionen. Da hat die Gemeinde rechtzeitig an der Steuerschraube gedreht.
Bei den Investitionen, die im Gemeindehaushalt für das laufende Jahr eingeplant sind, verschlingt das Gymnasium 500 000, die Krankenhaus-Umlage für Seefeld 306 000, die Kostenbeteiligung für die Baumaßnahmen an der Mühlfelder Straße 250 000 und der diesjährige Zuschuss für den Kultursaal in der alten Nikolauskirche 100 000 Euro.
Auch die ersten Baumaßnahmen für das Projekt Bezahlbares Wohnen am Mitterweg drücken dieses Jahr schon mächtig in den Haushalt rein: 1 280 000 Euro sind für die 28 Wohnungen 2024 in den Büchern vorgesehen. Die Ertüchtigung des Bahnhofsgebäudes und das neue Hightech-WC stehen mit 450 000 Euro im Haushalt. Das Kinderhaus kostet dieses Jahr noch einmal 309 000 Euro, die Notstromversorgung 130 000 Euro, und die knapp eine Million teure Pausenhofsanierung der CM-Schule ist mit der letzten Rate von 270 000 Euro endlich abgeschlossen.
Trotzdem ist die Kämmerin nach wie vor liquide: 3,1 Millionen liegen in der Kasse. Sie sprach von einer „guten Ertrags- und einer geordneten Finanzlage“. Solche Sätze hätte man sich doch auch aus dem Munde des ehemaligen Finanzministern gewünscht.
Quelle: Gemeinde Herrsching
Zitat Herrsching Online: „So gab der Kämmerer des Landkreises Starnberg, Stefan Pilgram, im Haushaltsausschuss bekannt, dass die Kreisschulden im nächsten Jahr 2025 auf 186 Millionen ansteigen könnten“. Laut örtlicher Printpresse vom 21.11.2024 sieht die Finanzplanung des Landkreises bis 2028 eine weitere Verschuldung von 100 Millionen vor; insgesamt wächst die Verschuldung somit bis 2028 auf ca. 286 Millionen weitere an. Folglich wird auch die Kreisumlage der Gemeinden sehr stark in den nächsten 4 Jahren steigen. Haben sich der Kreiskämmerer Stefan Pilgram, Herr Landrat Frey und die Kreisräte schon einmal Gedanken gemacht, wie sie den Schuldenberg wieder in den nächsten Jahren abtragen wollen, bzw. in den Griffkriegen wollen? Vermutlich haben sich die Entscheidungsträger damals bei den entsprechenden Beschlüssen für Landratsamterweiterung, Gymnasiumneubau, FOS Starnberg Sanierung Gymnasium Tutzing, Kauf Schindlbeckklinik etc. schon über die Finanzierung Gedanken gemacht, oder doch nicht? Will man wirklich die nachfolgenden Generationen diesen Schuldenberg aufbürden und deren Entscheidungsmöglichkeiten auf ein Minimum reduzieren? Da kann man ja noch von Glück sagen, dass Herr Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach so lange mit seiner Krankenhausreform gebraucht hat, sonst hätte der Landkreis Starnberg noch ein weiteres „Fass“ mit dem Neubau eines Krankenhauses in Herrsching „aufgemacht“.
Bevor man hier wieder dem neuen Gymnasium die alleinige Schuld an der miserablen Haushaltslage gibt, sollte man im Landratsamt mal lieber nachfragen, ob es den Anbau inklusive Architekturpreis wirklich gebraucht hätte, wenn man in naher Zukunft viele Verwaltungstätigkeiten KI-gestützt mit weniger Personaleinsatz bestreiten könnte. Die Antwort wird wohl ähnlich ausfallen, wie die aus dem Kanzleramt zum 777 Mio. Neubau. Der vom Autor als „Bildungstempel“ verunglimpfte Bau wird vielen Generationen von Kindern den Weg in eine bessere Zukunft ermöglichen.
Viele Generationen?? Da wird die Lebensdauer des Bildungstempels aber gewaltig überschätzt. Und statt einer immer größer werdenden Flut von Gymnasiasten und Studenten: ausgebildete Facharbeiter braucht das Land! Das würde eher zu einer wirtschaftlich “ besseren Zukunft“ führen.