Nikolai Holzach nimmt Abschied vom Sonrisa. Im Hintergrund hängt eines seiner eigenen Gemälde. Foto: Gerd Kloos

Aus Sonrisa wird Fei

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Das Sonrisa, Herrschings Gute-Laune-Stube, wird bald Fei heißen, Fei wie Fei scho, oder Fei ganz anders: Das Barista-Paar Mira Hiener und Micha Gams aus Seefeld übernimmt die Musikkneipe in der Bahnhofstraße und krempelt sie kräftig um: Die Bar wird wichtiger, das Frühstück üppiger, die Küche spartanischer – es gibt nur noch Sandwichs. Sagen wir also dem alten Sonrisa, das der Kolumbianer „Chichan” Christian Ramirez Carrillo gegründet und dessen Freund Nicolai Holzach, 58, nach Chichans Tod weitergeführt hatte, leise Servus. herrsching.online fragte den Künstler und Mediengestalter Holzach, wie stark der Abschied vom Sonrisa schmerzt. Sein Dank gilt nicht nur seinen Stammgästen, sondern auch seiner treuen Mitarbeiterin Birgit Walk, ohne die er „schon nach zwei Wochen baden gegangen wäre“.

Die gute Seele des Sonrisa: Birgit Walk

herrsching.online: Wie war denn Ihr Publikum in der guten Stube Herrschings?

Holzach: Sehr gemischt. Zu uns kamen 15-jährige Schüler auf eine heiße Schokolade bis zum 85-Jährigen, der sich den Kuchen schmecken ließ und über die Tische hinweg Konversation betrieben hat. Es war sehr familiär. Viele Leute haben mir gesagt, dass das Sonrisa der einzige Laden sei, in den sie gerne gegangen sind, wo sie sich so wohl gefühlt haben, als wär’s ihr zweites Wohnzimmer.

herrsching.online: Früher galt das Sonrisa eher als Treffpunkt fürs linksliberale bis grüne Milieu.

Holzach: Davon weiß ich nichts, mir war wichtig, dass der Laden politisch clean bleibt. Ich bin nicht fürs Ausgrenzen. Ich würde einen Antifa-Menschen und einen Rechtspopulisten an einen Tisch setzen. Einen Antifa-Aufkleber im Lokal hab ich dehalb auch nicht akzeptiert.

herrsching.online: Und wie geht’s nun nach dem Sonrisa in Ihrem Leben weiter?

Holzach: Ich hatte zehn Projekte im Kopf von Oldtimer-Restauration, Kunst machen, ein altes Riva-Boot restaurieren bis zu Computer-Animationen fürs Fernsehen. Nachdem ich meine gesundheitlichen Probleme überwunden hatte, hab ich all diese Pläne geschasst und restauriere nur noch die alte Riva, ein edles Mahagonischiff, das völlig verrottet war und nun wieder neu aufgebaut wird.

herrsching.online: Wann ist der Stapellauf?

Holzach: Die Riva braucht noch ein, zwei Jahre, bis sie im neuen Glanz erstrahlt.

herrsching.online: Von was leben Sie?

Holzach: Ich mache nach wie vor Computer-Animationen fürs Fernsehen und für alle, die es haben wollen.

herrsching.online: Im Sonrisa hatte sich eine lebendige Musikszene gebildet. Wird die verschwinden?

Holzach: Wenn ich die Nachfolger richtig verstanden habe, dann werden sie das Kulturprogramm weiterfahren. Aber das wird auch darauf ankommen, ob der neue Laden angenommen wird. Martin Hirte will die Konzerte nach meinem Wissen weiter führen. Aber das wird schon funktionieren, Musik und Kultur werden vom Herrschinger Publikum aufgesogen wie ein Schwamm. Aber wenn die Nachfolger alles ändern in dem Laden, dann werden natürlich die Karten neu gemischt.

herrsching.online. Auch wir empfinden Abschiedsschmerz. Nach Carlas Cafe-Abgang hat die Tante keinen Tortentempel mehr, und nach Sonrisas Aus haben die Privatiers, Teilzeitarbeiter, Börsenspekulanten, Arbeitslosen, Pensionäre, Politaktivisten und Caipi-Schlürfer keine Heimat mehr.

Holzach: Dass die Auswahl in Herrsching klein ist, bietet den wenigen Läden eine gute Basis.

herrsching.online: Wirft der Laden soviel ab, dass der Wirt gut davon leben kann?

Holzach. Man kriegt bis zu 22 Leute unter, und wenn ein Wirtepaar hinterm Tresen steht, halbiert das die Kosten.  

herrsching.online: Hatten Sie als Künstler und Gestalter inzwischen auch Spaß an Ihrem Job als Gastronom bekommen?

Holzach: Ich hab’s auf der einen Seite gerne gemacht. Auf der anderen Seite musste ich auch feststellen, dass ich für den Wirte-Job nicht geeignet bin. Ich bin eigentlich extrem Stress-resistent, aber mir gelingt es nicht, immer mein Lächeln zu behalten. Wenn ich sehe, dass etwas nicht so läuft wie geplant, verkrampfe ich leicht. Das macht einen guten Gastronomen aus, dass er auch in Überlastungssituationen locker bleibt. Ich war zwar gerne Gastronom, aber dafür geboren bin ich nicht.

herrsching.online: Also Abschied mit einem weinenden und einem lachenden Auge.

Holzach: Ja, beides. Ich hätte den Herrschingern gerne diesen Ort erhalten. Andererseits werde ich die neue Freiheit genießen. Du musst auch in einem so kleinen Laden den ganzen Einsatz bringen, und zwar permanent.

3 Comments

  1. Ich kann verstehen, daß bei einem Betreiberwechsel im Sonrisa nostalgische Gefühle und Abschiedsschmerz aufkommen; andererseits besteht das Leben nun mal aus Veränderungen, und seien wir doch froh, daß sich ein neues Wirtspaar gefunden hat. Irgendwie klingt aus dem Artikel heraus, daß man ihnen nicht viel zutraut – das finde ich nicht besonders freundlich. Die werden sich das schon gut überlegt haben, und sind sich sicherlich der besonderen Historie des Ortes bewusst. Ich jedenfalls bin jetzt erstmal voll freudiger Erwartung (auch darauf, daß es verlässlichere Öffnungszeiten geben wird), womöglich ergibt sich ja etwas wunderbares Neues. Lasst die doch einfach mal ihr eigenes Ding machen. Eine Bereicherung der Herrschinger Wirtshauskultur ist es auf jeden Fall.

    • Das tut mir leid, wenn das so durch klingt. Es war sicher nicht so gemeint. Ich glaube, dass sie es sogar besser machen werden als ich. Wie im Artikel geschrieben, bin ich nicht für die Gastronomie als Wirt geboren, weil ich die nötige Lockerheit nicht in Stresssituationen behalten kann. Anders als dieses Pärchen. Ich kenne sie und die können das. Ich traue ihn viel zu und bin mir sicher, dass es ein wunderbarer neuer Laden wird. Und dass er verändert wird, ist auch gut und richtig so. Daher noch mal klargestellt: alles Gute für einen sicherlich wunderbaren Neuanfang Nikolai holzach

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