Wenn’s bei einem Hund im Darm rumorte, könnte die tückische Blaualge im Spiel gewesen sein: Im Oktober hat das Gesundheitsamt Starnberg in der Herrschinger Bucht „Cyanobakterien“ ausgemacht, die aus einer besonderen Algenart austreten. Jetzt hat der Biologe Dr. Hilmar Hofmann von der Universität Konstanz im Gemeinderat Entwarnung gegeben: Die Blaualge wird meist nur im Herbst, seltener im Frühjahr, aus tieferen Gewässerschichten an die Oberfläche geschwemmt und setzt dann Giftstoffe frei, die besonders für Kleinkinder und Hunde Darm- und Augenreizungen, in selteneren Fällen Leberschäden verursachen können. Der Wissenschaftler, der per Videocall im Rathaussaal zugeschaltet war, hatte mehrere Jahre am Ammersee an Blaualgen geforscht, ist also die wissenschaftliche Topadresse für diese unangenehme Spezies.
Vorab kritisierte Bürgermeister Schiller das Landratsamt Landsberg, das für den Ammersee zuständig ist. „Wenn man Landsberg braucht, zum Beispiel beim Aufkommen der Blaualge, kommt nichts von denen.“ Als besorgte Bürger im Herbst von einem Algenteppich in der Herrschinger Bucht berichteten, sprang das Gesundheitsamt Starnberg ein und untersuchte die geheimnisvollen Algenschlieren. Es stellte sich dann tatsächlich heraus, dass es sich um toxische Blaualgen handelte.
So schnell, wie der Spuk begonnen hatte, so schnell war er auch wieder vorbei: Blaualgen siedeln sich das Jahr über in einer Wassertiefe von etwa zehn Metern an, sind also für Schwimmer, Segler, Surfer und Kiter völlig ungefährlich. Erst wenn sich im Herbst das Oberflächenwasser stark abkühlt, sinkt es wegen der höheren Dichte ab und befördert tiefere Wasserschichten nach oben. Mit dieser vertikalen Seezirkulation kommt die Blaualge, die sich das Jahr über im spärlich beleuchteten Trüben aufhält an die Oberfläche und wird vom Wind in die Herrschinger Bucht getrieben. Werden die Algen dann durch Reibung aufgerieben, treten die giftigen Cyanobakterien aus. Dr. Hoffmann sieht allerdings eher „vulnerable Gruppen“ wie Kleinkinder und Hunde in Gefahr: Hunde saufen das Seewasser in hoher Dosis, Kleinkinder und Schwimmer sind durch das Einatmen von Aeorsolen oder die direkte Aufnahme von Cyanobakterien-Toxinen gefährdet.
Dr. Hofmann fasste seinen Vortrag so zusammen: „Die Blaualge stellt in den Sommermonaten keine Gefahr dar, weil sie sich in der tiefen Wassersäule aufhält. Baden ist keine Gefahr. Aber Achtung, im Herbst während der vertikalen Zirkulation des Wassers oder nach einer langen Eisbedeckung im Februar und März wäre es möglich, dass größere Mengen an die Oberfläche kommen. Die Toxine treten übrigens auf, wenn die Algen durch Reibung aufgebrochen werden. Sobald Schlieren in Ufernähe auftreten, muss man davon ausgehen, dass Toxine im Wasser sind. Also besonderes Augenmerk auf die Zeit zwischen Oktober und Anfang November.“
Bei den vulnerablen Gruppen sei noch eine Gattung hinzugefügt, die der Wissenschaftler nicht kennen konnte: Die unverwüstlichen Herbst- und Winterbader wie den bundesweit bekannten Wigald Boning. Der badet allerdings jeden Tag in Gewässern, die wohl noch andere Gefahren bieten. Man darf davon ausgehen, dass er ziemlich abgehärtet ist und den Mund zulässt – zumindest im Wasser.