Es ging ihm schlecht, Altersgebrechen plagten das alte Kirchlein St. Martin hoch über Herrsching. Die Glocken waren verstummt, am Dachstuhl nagte der Zahn der Zeit, auch die Pfetten hatten ihre beste Zeit schon hinter sich. Wenn man dem aus der Gotik stammenden Gottesgemäuer keine Renovierung spendiert hätte, wäre aus St. Martin bald St. Marodian geworden. Das konnte die katholische Kirchengemeinde nicht hinnehmen, denn St. Martin gilt mit der güldenen Patrona als eines der Wahrzeichen von Herrsching. Und so packten Kirchenverwaltung, Stifter und Spenderinnen und Spender an und investierten rund 350 000 Euro in die Renovierung. Zum feierlichen Gottesdienst reiste sogar der Augsburger Bischof Bertram Meier an und verteilte in seiner Predigt fleißig Komplimente. Stolz ist auch der bauleitende Architekt Christoph Welsch, der den Kostenvorschlag um 75 000 Euro unterschritten hat. Bei der Renovierung befiehl ihn mitunter die Ehrfurcht vor dem alten Baumaterial im Turm: „Den Balken, den wir hier entfernten, ist 400 Jahre alt. Wer wird wohl den neuen Balken im Jahre 2 400 austauschen?“. Ja, die Kirche denkt in großen Zeiträumen.
Pfarrer Simon Rapp begrüßte ein volles Gottes-Haus, die Freude über die gelungene Wiederbelebung war offenkundig groß. Sogar eine gute alte Bekannte bekamen die Herrschinger Katholiken zu hören – die Orgel aus der alten Nikolauskirche jubiliert jetzt in St. Martin. Kirchenmusiker und Organist Anton Ludwig Pfeil strich vor der Messe zärtlich über das edle Holz der Orgel und lobte die wunderbare Handwerkskunst. „Könnte aber sein, dass noch ein paar Töne schräg klingen werden, bis die Orgel wieder ihren gewohnten Klang entwickelt“, meinte Pfeil.
Pfarrer Rapp hob in seiner Ansprache Josef Spindler vom Kirchenvorstand, den Kirchenverwalter Franz Bauer und besonders das Ehepaar Helga und Hans Frei heraus, die das Kirchlein liebevoll betreuen und sogar das Totenglöcklein läuten, wenn ein Katholik heimgegangen ist. Nach acht langen Jahren, so Rapp, läuten nun endlich wieder die beiden Glocken zum Gottesdienst. Der Glockenturm war nicht mehr standsicher, weil die tragenden Balken völlig morsch waren – kein Wunder, sie trugen auch 400 Jahre lang eine große Last. Auch der Dachstuhl des Haupthauses marode. Natürlich befand sich auch die Elektrik nicht mehr zeitgemäßen Zustand. Damit das Problem mit der Feuchtigkeit im Haus beseitigt werden konnte, musste eine Zwangslüftung eingebaut werden.
Kalkuliert waren die Renovierungskosten mit rund 375 000 Euro, der federführende Architekt Christoph Welsch konnte aber freudig verkünden, dass der Voranschlag um 75 000 Euro unterschritten worden sei. „Darauf bin ich ein bisschen stolz“, sagte Welsch zu herrsching.online. 50 000 Euro trugt die Kirchenstiftung, rund 80 000 Euro kamen als Spenden zusammen. Den Rest bezahlt das Bistum.
Bischof Bertram Meier, aus Augsburg angereist, um mit den Herrschingern das freudige Ereignis zu feiern, fragte in seiner Predigt rhetorisch: „Stirbt die Kirche? Nein, Herrsching zeigt, dass die Kirche eine Zukunft hat.“ Er erwähnte kurz auch die vergangene Synode in Rom und bekannte: „Als Christ kann man sich manchmal auf verlorenem Posten fühlen. Aber katholisch sein heißt, dass man in die Weltkirche eingebunden ist.“
Viele Gotteshäuser in der katholischen Pfarreiengemeinschaft Ammersee-Ost kosten viel Geld. Deshalb muessen Spenden eingesammelt werden. Ob das nun durch eine Klingelbeutelkollekte nach der Predigt, oder eine Ausgangskollekte nach dem Gottesdienst stattfindet, das macht einen Unterschied. Ueber diesen Unterschied denke ich zu Hause gerne nach und finde, dass die Klingelbeutelkollekte Vorteile hat. Schade, dass die Kirchensteuer für die vielen pastoralen Aufgaben auch nicht reicht und die katholischen Christen auch dafür noch genügend Geldscheine übrig haben sollten.