Fachkraft am Werk: Wo Biber hobeln, verzweifeln Baumschützer. Welche Baumart von den Bibern weniger geschätzt wird, konnte der Baumexperte auch nicht beantworten.

„Da müssen Sie den Biber fragen“

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Mit den Bäumen verhält es sich wie mit Kindern: Je größer sie werden, desto mehr Geld kosten sie. Das hat die Gemeinde jetzt wieder bei einer Begutachtung der etwa 4 000 grünen „Einwohner“ Herrschings gemerkt. Den CO2-Speichern, Schattenspendern, Ortsbild-Schmuckstücken und Naturdenkmälern schaut der Bauhof zusammen mit der Firma Treevolution regelmäßig auf Rinden, Blätter und Stämme. Denn Bäume brauchen Pflege und Fürsorge, und wenn sie krank und wacklig werden, bereitet ihnen die Kettensäge ein schnelles Ende. Der Co-Chef der Herrschinger Baumfirma Treevolution, Marcus Schaft, hat nun im Gemeinderat eine Bilanz der diesjährigen Baum-Inspektion vorgetragen. Von den Gemeindebäumen an Straßen, Stränden, Parks und Grundstücken müssen nun 13 in „ärztliche Behandlung“, drei Stämme werden den Winter nicht überleben. Vor allem das Eschentriebsterben sorgt immer wieder für gutachterliche Sorgen.

Im Kurpark und im Seewinkel stehen drei Patienten, die von der Krankheit befallen sind und als unsichere Kantonisten gelten. Die Verkehrssicherungspflicht, die der Gemeinde obliegt, hängt hier wie ein Damoklesschwert an jedem morschen Ast: Die Gemeinde haftet für Personen- und Sachschäden, wenn ein kranker Baum auf Passanten oder Fahrzeuge fällt.

Die Bäume am Seewinkel sind ortsprägend. Zunehmend Sorgen machen die Eschen wegen des Triebsterbens.

Treevolution-Chef Schaft ließ in seinen Kommentaren zu den Baumpatienten erkennen, dass er nur bei ganz maroden Stämmen zur Fällung rät. „Viele Problembäume gibt es nicht“, resümierte er das Inspektionsergebnis. Nur das Eschentriebsterben und der Biber machen den Baumdoktoren Sorgen. Auf die Frage aus dem Gemeinderat, welche Bäume den Nagern am besten widerstehen, meinte Schaft lakonisch: „Da müssen Sie den Biber fragen.“ Bei der Frage nach Ersatzpflanzungen insbesondere am Seewinkel rät Schaft zu Weiden, weil die sehr schnell wachsen – vielleicht schneller, als der Biber nagt. Eichen seien nicht geeignet, weil sie sehr langsam wachsen und die Wurzeln im Wasser stehen. Kleinere Gehölze, die direkt am Ufer stehen, bieten Schaft zufolge einen guten Windschutz gegen stramme Weststürme. Dieser natürliche Windfang schütze die dahinter stehenden größeren Bäume.

Der Baumexperte räumte auch mit dem Vorurteil auf, dass hohle Bäume todgeweiht seien. An der Eichenallee in Seefeld könne man begutachten, dass auch hohle Stämme noch Leben entwickeln. „Da muss man nicht gleich fällen“, meinte er.

Einige Bäume in der Bahnhofstraße sind eingezwängt wie Vögel in kleinen Käfigen. Die Vergrößerung der Baumscheiben verlangt allerdings größte Behutsamkeit.

Ein wichtiges Thema im Gremien waren auch die sogenannten Baumscheiben an den Straßenrändern. Als Baumscheiben bezeichnet man die paar Quadratmeter freie Erde rund um den Stamm herum. Für viele Baumsachverständige, so zum Beispiel auch für den Herrschinger Grünplaner Dietmar Narr, haben viele Bäume zu wenig Freiraum im Asphalt. Gemeinderätin Christiane Gruber regte an, diese man diese Baumscheiben vergrößern könne. Schaft mahnte da zur Vorsicht: Wenn man den Asphalt anhebe, könne man lebenswichtiges Wurzelwerk beschädigen. Arbeiten in Wurzelnähe müsse man mit dem Saugbagger machen.

Ob ein Baum noch genügend Standfestigkeit hat, überprüfen die Baumexperten mit Zugversuchen und Windsimulationen. Allerdings kosten diese Untersuchungen bis zu 750 Euro. „Eine Nachpflanzung bekommt man schon für 500 Euro“, meinte Schaft trocken. Was Schaft nicht sagte: Bis ein neuer Baum soviel CO2 speichert wie ein alter, gestandener Baum, dauert es Jahre. Stellt sich wieder die Frage: Wieviel Zeit haben wir noch?

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