„Herr Vetter muss bleiben" war der einhellige Bürgerwunsch bei einer BGH-Umfrage. Nach den neuesten Plänen würde er in den nördlichen Gebäudeteil umziehen.

Genuss-Bahnhof könnte bis zu 5 Millionen kosten

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Herrschings Sorgen-Immobilie, der Bahnhof im Ruhestand, soll nach dem Willen des Gemeinderats ein Schlemmertreff werden. Am Montag stellte Architekt Christoph Welsch seine überarbeiteten Pläne für das denkmalgeschützte Gebäude vor, das 120 Jahre lang das Tor zur Seegemeinde war. Aus der Halle und dem Südkopf soll ein Restaurant werden, der Nordteil (Richtung Gleise) wird 3 Läden (inklusive des Fahrkartenschalters) aufnehmen. Die Wohnungen bleiben erhalten. Die Planer vom Büro Werkraum A haben inzwischen auch die Kosten überschlagen. Konservativ kalkuliert rechnen sie mit Kosten von 2,35 Millionen Euro. Der Bürgermeister bezweifelte, dass mit dieser Summe die statische, energische und brandschutztechnische Ertüchtigung samt Renovierungen zu stemmen sei. Schiller hält es für möglich, dass die Sanierung der 3 Gebäudeteile vier, vielleicht auch fünf Millionen kosten könnte.

Im alten Haus soll neues Leben einziehen: Im Januar 2023 hatte der Gemeinderat beschlossen, dass das ehemalige Bahnhofsgebäude, das die Gemeinde der Bahn abgekauft hatte,

• Ladengeschäfte

• Fahrkartenschalter

• Wohnungen

• ein Restaurant und einen großen Gastraum (in der ehemaligen Bahnhofshalle) mit kulturellen Angeboten aufnehmen sollte. Eine kulturelle Nutzung ohne Ankopplung an das Restaurant lehnte die Mehrheit des Gemeinderats damals ab.

So stellen sich die Planer von Werkraum A das Erdgeschoss des neuen Bahnhofs vor. Im linken (südlichen) Kopfteil sind eine kleine Restaurantküche und die WC untergebracht. Die ehemalige Halle (Mitte) wird zum Gastraum. Im nördlichen Kopfteil sind 3 Läden geplant. Plan: Werkraum A

Planer Christoph Welsch, Architekt und Gemeinderat, stellte in der jüngsten Sitzung die überarbeiteten Erstpläne vor. Von der elektrisierenden Idee einer stillgelegten Dampflok am Kienbach war nun nicht mehr die Rede, weil die Bahn auf absehbare Zeit die Grundstücke um den Bahnhof nicht verkauft. Welsch beschränkte sich deshalb auf das Innenleben der 3 Gebäudeteile. Im Nordteil, wo die Toiletten und früher das Bahnhofsstüberl lagen, sollen 3 Läden Unterschlupf finden:

Wein- und Gemüsehändler Michael Wenger würde ebenfalls in den nördlichen Gebäudekopf umziehen. Architekt Welsch kann sich aber vorstellen, dass der Gemüsestand zum Bahnhofsplatz hin platziert werden könnte.

• der Fahrkartenschalter des Herrn Vetter

• die Weinhandlung

• und ein anderer Anbieter. Den Gemüsehandel, bisher in einer Nische in der Bahnhofshalle untergebracht, könnte sich Welsch am alten Standort zur Straße hin vorstellen: Der Platz sei „lauschig”.

Im südlichen Kopfteil am Kienbach soll nach den Vorstellungen des Architekten die Genuss-Werkstatt angesiedelt werden. Eine kleine Küche bereitet die angelieferten Speisen für den Service auf – Platz für große Meisterkreationen vor Ort bleibt da nicht. In dem Funktionsteil daneben liegen die Toiletten. Die jetzige kalte, unwirtliche Halle soll den Gastraum mit integrierter Bar aufnehmen. Die Passage durch den Bahnhof liegt zwischen Restaurant und den Läden. Die Halle, bisher thermisch unbehandelt, braucht natürlich eine tüchtige Dämmung und eine Fußbodenheizung, um eine gastliche Atmosphäre zu schaffen.

Damit sich die Kosten für die Hausbesitzerin, sprich die Gemeinde, in Grenzen halten, träumt der Architekt von einem Gastronomen, der dank eines langfristigen Pachtvertrages die Küche und Gasträume selbst einrichtet.

Ob sich allerdings ein potenter Gastronom finden lässt, der kräftig investieren will, hängt davon ab, ob die Außenanlagen bewirtschaftet werden können. Ein genussvolles Glas Wein oder ein Aperol Spritz unter freiem Himmel, begleitet vom stoisch dahinplätschernden Kienbach, würde die Location erst attraktiv machen. Aber da müsste die Bahn die (ehemalige) Bahnsteigkante freigeben und die Flächen verpachten. Vielleicht ist die Not der Bahn ja mal so groß, dass sie jeden Cent braucht.

Die Wohnungen sowohl im Süd- als auch im Nordkopf sollen wohl im alten Grundriss erhalten bleiben, brauchen aber eine völlig elektrische Erneuerung und neue Heizungen mit Luft-Wärmepumpen. Bisher werden die Wohnungen teilweise noch mit Öl beheizt.

Gemeinderätin Christiane Gruber (BGH) fragte an, ob die Miniküche nicht doch zu klein sei, wenn die Außenanlagen auch bewirtschaftet werden sollten. Außerdem wollte sie wissen, ob die Gemeinde für das gesamte Projekt Zuschüsse aus irgendeinem staatlichen Topf erhalten werde. Bauamtsleiter Gerweck stellte Förderungen von bis zu 60 Prozent aus dem Städtebauförderprogramm in Aussicht. Auf die Fragen von CSU-Gemeinderat Michael Bischeltsrieder nach dem geplanten Heizungssystem ging Welsch ins Detail und stellte Fußbodenheizungen zur Diskussion. Es werde wohl auf ein Luft-Wärmepumpen-System hinauslaufen.

Grünen-Gemeinderat Gerd Mulert stellte ein Finanzierungskonzept zur Diskussion, das die Gemeinde stark entlasten würde: Er schlug Investoren vor, die sich um die Haustechnik kümmern und die Kosten übernehmen, wenn man ihnen attraktive Bedingungen biete. Sein Fraktionskollege Welsch gab zu bedenken, dass man weniger mitreden könne bei der technischen Ausstattung, wenn man die Planung und Finanzierung aus der Hande gäbe.

Architekt Welsch machte abschließend noch einmal klar, dass der Denkmalschutz große Veränderungen an den Außenfassaden nicht erlaube. Die restlichen Planungen im Innenraum fanden aber die Zustimmung der amtlichen Denkmalschützer.

Gemeinderat Alexander Keim brachte noch einen wichtigen Aspekt in die Diskussion: Die Außenbeleuchtung, die ein Gebäude attraktiv oder auch gewöhnlich machen kann: „Ist ein Lichtkonzept für den Bahnhof geplant, damit der Bahnhof einladend aussieht?” Tatsächlich sei die bestehende Beleuchtung für eine gastronomische Nutzung unmöglich, konzedierte Planer Welsch.

Und dann blätterte der Planer die wichtigsten Fakten auf den Tisch: die Kosten. Die einzelnen Posten listete Welsch so auf:

Kopfbauten: Für die statische Sanierung, die Dämmung der Geschossdecken, die Brandschutzmaßnahmen und die Renovierungen der Wohnungen fallen an: 240 000 Euro

Für die Hallenkonstruktion mit Gastraum und Passage 970 000 Euro

Für die Haustechnik 570 000 Euro

Für die Außenanlagen 50 000 Euro

Mit allen Nebenkosten ergibt sich damit eine Summe von rund 2 350 000 Euro

Bürgermeister Schiller gab allerdings zu Protokoll, dass man nach den Erfahrungen der letzten Jahre eher mit 4 bis 5 Millionen rechnen sollte. Diese Aussicht hinderte den Gemeinderat aber nicht daran, gleich mal Planungskosten für die vorbereitenden Arbeiten wie Statik und Haustechnik in den nächsten Haushalt einzustellen.

Sieht so aus, als würde sich der Zug Richtung Zukunft langsam in Bewegung setzen.

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