Der Schnitt zum fossilfreien Strom. AWA-Chef Maximilian Bleimaier (links), Sinnpower-Chef Philipp Sinn und Wirtschaftsminister Aiwanger bei der symbolischen Eröffnung. Foto: Gerd Kloos

AWA-Chef unter Strom: Warum verhindert Naturschutzbehörde großes Solarprojekt?

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Der Chef der AWA Ammersee ist alles andere als ein Hitzkopf. Maximilian Bleimaier formuliert sorgfältig und faktenbasiert. Jetzt aber kocht es in Maximilian Bleimaier. Der Anlass: Er will auf den Schönungsteichen der Kläranlage Eching Photovoltaikanlagen errichten. Doch die Naturschutzbehörde steht auf der Bremse, weil die schwimmenden Kraftwerke Krickenten stören könnten. Für die Präsentation einer Pilotanlage hat sich Bleimaier sogar prominenten Beistand geholt: Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hat in Eching verkündet, dass er gegen die behördlichen Behinderungen kämpft. Bis er die Blockade lösen kann, soll aber längst Eigenstrom in Eching fließen: Für einen großen Teich hat das Landratsamt Landsberg nun eine kleine Teil-Genehmigung in Aussicht gestellt – die AWA-Leute warten jeden Tag sehnlichst auf das Go aus der Kreisstadt. herrsching.online wollte es nun genau wissen: Warum verhindert die Naturschutzbehörde, dass auf allen 5 Teichen bald sauberer Strom erzeugt wird?

Friedliche Koexistenz von Natur und Technik: Der PV-Anlagenhersteller SinnPower hat in die Musteranlage ein Entennest gebaut. Ob die Krickenten das Angebot annehmen?

herrsching.online: Sie hadern ja ein wenig mit dem Genehmigungsprocedere der Behörde für Ihre schwimmende PV-Anlage in der Kläranlage Eching. Waren denn die Vertreter der Unteren Naturschutzbehörde Landsberg zur Präsentation mit dem Wirtschaftsminister eingeladen?

Bleimaier. Ja, natürlich..

herrsching.online: Und, sind Behördenvertreter gekommen?

Bleimaier: Leider nicht.

herrsching.online: Warum nicht?

Bleimaier: Die haben sich wohl nicht getraut in die Höhle des Löwen zu gehen. Aber im Ernst, in Wirklichkeit sieht das Problem mit den brütenden Krickenten viel weniger problematisch aus als auf dem Papier. Auf unseren Teichen ist der Bestand nicht gefährdet. Aber wir haben ein großes Schutzgebiet um unser Gelände herum. Das Thema ist allerdings so komplex, dass da nur noch Gutachter durchblicken.

herrsching.online: Wie ist denn jetzt der Stand der Dinge. Dürfen Sie nun oder nicht oder noch nicht loslegen?

Bleimaier: Eine Genehmigung wurde uns mündlich bereits zugesagt, wir warten jeden Tag auf den Bescheid.

herrsching.online: Wenn die Genehmigung da ist, darf ein Schönungsteich mit einer schwimmenden PV-Anlage belegt werden…

Bleimaier: Ja.

herrsching.online: Warum nur einer von 5 Teichen, die in der Kläranlage existieren?

Bleimaier: Das müssen Sie die Behörde fragen. Wir haben über ein Jahr lang ein Vogelgutachten für das gesamte Gebiet machen lassen. Dabei hat sich herausgestellt, dass die hinteren Teiche schon von Vögeln besetzt sind, die man mit einer Anlage stören könnte. Und wir sind die Letzten, die allen gutachterlichen Erkenntnissen zum Trotz sagen würden: Wir machen das trotzdem. Deshalb haben wir uns auf 2 Teiche beschränkt. Aber auch das war der Behörde noch zuviel.

herrsching.online: Wenn Sie alle 5 Teiche überdachen dürften, welche Leistung würden die Anlage bringen?

Bleimaier: 1,5 Megawatt Peak.

herrsching.online: Die Anlagen der Firma SinnPower sind wie Satteldächer angelegt: Die Module liegen nicht flach auf dem Wasser, sondern werden wie Hausdächer in 2 gegenüberliegende Himmelsrichtungen aufgestellt.

Die Schwäne im Hintergrund haben sich von der Musteranlage nicht verschrecken lassen. Der Wirtschaftsminister glaubt sogar, dass PV-Dächer auf Gewässern das Algenwachstum eindämmen, weil das Wasser durch den Schatten kühler bleibt.

Bleimaier. Die Module sind in 2 Reihen angeordnet und in einem Neigungswinkel von 15 Grad montiert. Die Anlage wird in Ost/West Ausrichtung positoniert und liefert so einen optimalen Ertrag. Bei Anlagen, die nur nach Süden ausgelegt sind, hat man morgens und abends einen geringen Ertrag. Die Leistung schießt erst gegen Mittag in die Höhe. Bei einer Ost-West-Ausrichtung dagegen hat man morgens schon früher einen Ertragsbuckel, mittags geht die Leistung zurück, nachmittags gibt es dann wieder eine Ertragssteigerung. Damit ist der Ertrag über den Tag verteilt größer und für unsere Anlagentechnik auf der Kläranlage länger nutzbar.

herrsching.online: Wann sind die Kosten durch den Ertrag wieder vollständig eingespielt?

Bleimaier: Die Amortisationszeit liegt bei rund 11 Jahren. Wenn wir aber noch mehr Heckmeck wegen behördlicher Auflagen machen müssen, verschiebt sich das natürlich nach hinten.

herrsching.online: Um noch mal auf den Ausgang des Gesprächs zu kommen. Warum geht die Behörde nicht wohlwollender mit einem erkennbar ökologischen Projekt um?

Bleimaier: Ja, es wirkt wirklich befremdlich, wenn sich die Behördenvertreter das Projekt nicht vor Ort anschauen wollen, sondern nur alles vom Schreibtisch aus entscheiden. Bei uns in Deutschland wird vieles nicht mehr mit dem gesunden Menschenverstand entschieden. Dabei muss die Kläranlage bis 2035 energieneutral arbeiten. Wenn wir aber ständig eins auf den Deckel bekommen, wird das schwierig werden. Dabei gehört die Kläranlage nicht einmal zu einem Schutzgebiet. Erst außerhalb des Zauns beginnt das Amper-Schutzgebiet. Aber allein wegen dieser Nähe müssen wir so handeln, als wäre die Anlage ein Teil des Schutzgebietes. Wir fragen uns nun: Warum gibt es dann überhaupt Grenzen?

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