Wie herrsching.online schon am Freitagmorgen berichtet hatte, nahmen am Donnerstag gegen 10 Uhr französische Spezialkräfte einen dringend tatverdächtigen 22-jährigen Serben fest, der den 74-jährigen ehemaligen Rolls-Royce-Designer erstochen haben soll. Wie der Leitende Kriminaldirektor Manfred Frei am Freitagnachmittag auf einer Pressekonferenz in Herrsching mitteilte, ist das Motiv für die Gewalttat nach wie vor rätselhaft. Der dringend Tatverdächtige wurde am Freitag einem französischen Haftrichter vorgeführt. Warum der Serbe gezielt das Haus Zur Kohlstatt suchte, ist nach wir vor unklar. „Wir ermitteln in alle Richtungen“, sagte Frei dazu. Der Serbe war weder in Deutschland noch in Serbien polizeilich aufgefallen. Trotzdem war es der Polizei innerhalb weniger Tage möglich, sich an die Fersen des Flüchtigen zu heften.
Die ganz heiße Spur war der rote Rucksack, den der Täter während der Gewalttat getragen hatte. Sicher ist, dass der Mann nach der Tat gegen 21.20 Uhr Uhr zu Fuß an die Seepromenade geflüchtet war, dort seinen Rucksack mit Steinen beschwerte und an einer Bootshütte nahe der Bayrischen Brandung ins Wasser geworfen hatte. Dort allerdings entdeckte ihn ein Einheimischer, der im Inneren des Gepäckstücks nach Hinweisen auf einen Eigentümer suchte und schließlich der Kripo den Fund meldete.

Wie herrsching.online erfahren hatte, befand sich in dem Rucksack eine leere Messerscheide. Außerdem gab es wohl einen Kassenzettel oder ein Edeka-Waren-Etikett, das auf einen Kauf in diesem Markt hindeutete. Die Polizei sichtete daraufhin das gesamte Videomaterial des Geschäftes und stieß dabei auf einen Mann, der sich an einem Ständer Gartenhandschuhe aussuchte. Mit den Bildern aus dem Edeka-Markt konnte die Polizei schließlich eine gezielte Fahndung einleiten. Um die Bilder veröffentlichen zu können, bedurfte es, so Frei, eines richterlichen Beschlusses. „Da hat die Staatsanwaltschaft sehr gut mitgespielt.“ Frei verwies allerdings darauf, dass er keine Erlaubnis von der Staatsanwaltschaft habe, über den Inhalt des Rucksacks und über die Gegenstände, die im Wald gefunden wurden, zu reden.
Das Ergebnis des Fahndungsaufrufs war extrem ergiebig: Bei der 30-köpfigen Ermittlungsgruppe, die in der Polizeiinspektion Herrsching arbeitete, gingen 80 Hinweise aus der Bevölkerung ein. „Es war eine Meldung aus der Bevölkerung dabei, dass er diese Person kenne. Dies hat dann auch zugetroffen.“
Die Polizei versucht noch, brauchbare DNA-Spuren in dem nassen Gepäckstück zu sichern. Falls das gelingt, müsste sie noch mit der Täter-DNA abgeglichen werden – in den Polizeiarchiven gibt es anscheinend keine DNA des Verdächtigen.

Der Serbe flüchtete nach der Tat am späten Freitagabend „mit einer der letzten S-Bahnen“ nach München. Die Polizei deutete an, dass er auf Videomaterial der Bahn gefunden worden sei.
Von München aus ging die Flucht weiter nach Innsbruck. In Österreich wäre es den Tiroler Kollegen beinahe gelungen, den Mann festzunehmen. Er entwischte ihnen aber doch und fuhr mit dem Zug weiter nach Zürich und von dort nach Paris. Kriminaldirektor Frei lobte ausdrücklich die hervorragende Zusammenarbeit mit den französischen Kollegen. „Sie konnten die Person sehr schnell lokalisieren.“
Bei seiner Festnahme trug er noch etwa 200 Euro Bargeld bei sich. Die Verhaftung in einem Pariser Vorort verlief ohne Gewalt, der Serbe versuchte sich zwar zu verstecken, wehrte sich dann aber wohl nicht mehr gegen die Festnahme.
Kriminaldirektor Manfred Frei rechnet nun damit, dass der mutmaßliche Täter in den nächsten Wochen nach Deutschland überstellt wird – wenn er sich nicht juristisch gegen die Auslieferung wehrt. Legt er Rechtsmittel ein, könnte es Monate dauern, bis der 22-Jährige in München auf seinen Prozess wartet. Hätte ihn die serbische Polizei erwischt, wäre eine Auslieferung unwahrscheinlich – Serbien liefert eigene Staatsangehörige nicht ins Ausland aus.
Bei der Pressekonferenz wurde auch gefragt, ob es zwischen Täter und Opfer irgendeine Beziehung gegeben habe. „Das haben wir uns auch gefragt“, sagte Frei, „aber ich kann Ihnen im ersten Aufschlag sagen, dass es nicht so aussieht, als gäbe es irgendeine Beziehung zwischen Täter und Opfer.“ An Spekulationen über das Motiv wolle sich Frei nicht beteiligen.
Bevor die Erfolgsmeldung über die Verhaftung dann Freitagfrüh vom Polizeipräsidium Oberbayern Nord verkündet wurde, hatte die Polizei die Ehefrau über die Festnahme informiert. Auf die Frage eines Journalisten, wie es der 65-jährigen Frau gehe, sagte Frei, dass sie „sehr stark“ sei, aber natürlich extrem unter den Geschehnissen leide. In der Pressekonferenz wurde die Frage nach einem möglichen Motiv des Täters gestellt, aber Frei hielt sich bei der Antwort vollkommen bedeckt. Man hoffe darauf, dass der Mann aussagen werde. Als wünschenswert bezeichnete es Frei, wenn ein deutsches Ermittler-Team bei den Vernehmungen in Frankreich dabei sein könnte. Ob eine gemeinsame deutsch-französische Befragung zustande komme, könne er nicht sagen.
Der Serbe war in Deutschland nicht gemeldet, wo er sich regelmäßig aufgehalten hatte, wird derzeit noch untersucht. In welcher Beziehung der Mann zum Bewohner des Pariser Appartements stand, ist noch nicht bekannt. Dass die beiden zu einer Bande gehören könnten, bestätigte Frei nicht. Er könne aber auch nicht ausschließen, dass es sich um kriminelle Kreise handele. Auf die Frage, ob Frei einen Auftragsmord ausschließe, sagte Frei: „Ich schließe im Moment gar nichts aus.“
Hinter der 30-köpfigen Ermittlungsgruppe liegt eine sehr intensive Arbeitswoche. Man habe insgesamt 1,5 Terabyte Datenmaterial gesichtet. Der Leiter der Herrschinger Polizeiinspektion, Winfried Naßl, hatte in der PK berichtet, dass beim Fahndungseinsatz am letzten Freitagabend nach der Alarmierung neben Dutzenden von Polizeibeamten ein Polizeihubschrauber und Drohnenpiloten sogar von der Herrschinger Feuerwehr im Einsatz waren. Außerdem hatten Bundespolizisten alle S-Bahnhöfe überwacht. Um 4.15 Uhr am Samstagfrüh sei die Fahndung schließlich unterbrochen worden. Um 11 Uhr an Samstag wurde die forensische Arbeit schließlich wieder aufgenommen.

Dass der Täter allein unterwegs war, gilt inzwischen als gesichert. Am letzten Freitag gegen halb sechs abends hatte er bei Edeka wohl die Handschuhe gekauft. Wo er sich dann zwischen dem Kauf und der Tat herumgetrieben hatte, wissen die Ermittler noch nicht. Seine weiße Hose, die er zur Tatzeit getragen hatte, hat auf der rechten Seite einen auffälligen Fleck, der darauf hindeuten könnte, dass er im Wald auf dem feuchten Boden gesessen haben könnte. Kriminaldirekktor Frei bestätigte auch, dass er auf einem der Ü-Kamerafotos tatsächlich ein Messer mit Ring- und kleinem Finger festhält – in der linken Hand. Das könnte darauf hindeuten, dass der Serbe Linkshänder ist – wieder ein Indiz, das ihn überführen könnte.
Warum sind die Fotos des Tatverdächtigen neuerdings verpixelt?
Es handelt sich doch um die Fahndungsfotos, die überall veröffentlicht wurden?