Der heilige Rasen der Sportfreunde Breitbrunn: Vereinschef Bernd Jahnke streichelt ihn liebevoll – das Grün, so sorgfältig gepflegt wie ein Golf-Fairway, wird in der Woche dreimal gemäht. Dankbar ist der Vereinschef für die große Unterstützung durch die Gemeinde. Jetzt wartet ganz Breitbrunn auf die Jubiläumsfeier zum 50-jährigen Bestehen. Foto: Gerd Kloos

Dieser Mann hat 500 Sport-Freunde

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Es war vielleicht das größte Kompliment, das Bernd Jahnke in seiner Vereinskarriere bekam – etwas raubeinig und rustikal, aber gradaus und herzlich: „Solche Arschlöcher wie Dich brauchen wir.“ Jahnke sollte im Bayerischen Fußballbund einen Posten annehmen. „Aber das ist nicht mein Ding“, wehrte sich der Hoeneß von Breitbrunn, er braucht die Nähe zu den Menschen. Er will die 500 Sportfreunde, die in seinem Verein Freude, Bewegung und Begegnung suchen, nicht nur aus der Mitgliederkartei kennen. Im Juli feiert nun Jahnke mit seinen Freunden einen runden Geburtstag: 50 Jahre lang gibt es die Breitbrunner Sportfreunde, und in den Stolz mischen sich Ängste um die Zukunft. Es gibt zu wenig Trainer, Betreuer – und sportlichen Nachwuchs.

Wenn der 72-jährige Vereinschef von seinen Sportarten erzählt, leuchten die Augen wie Flutlichtstrahler. Tennis, Skifahren, Gleitschirmfliegen spendieren ihm die großen Augenblicke. Aber das sind Momente privaten Glücks, seine Liebe gehört seinem Verein am Ortsaus- oder -eingang von Breitbrunn: Zwei Fußballfelder, 3 Beachvolleyball-Courts, ein Vereinsheim in einem 1800-Einwohner-Dorf, das ist wahrlich ein Grund für eine geschwellte Brust. Die Allianzarena ist, den Größenunterschied von München und Breitbrunn berücksichtigt, auch keine größere Leistung.

1974, Breitbrunn war noch selbstständig, wollten die Fußballer endlich auf eigener Scholle kicken. Vorher ließen sie sich ihre Schienbeine noch in Inning polieren. Dann fand sich, den örtlichen Grundbesitzern Greimel und Breitenberger sei Dank, ein Platz am Ortsausgang, natürlich ohne Drainage, und nach Regen eine Filiale des Ammersees. Kicken war schon in den 60er-Jahren die Sportart der Buben. Breitbrunn bot den Schülern nur einen Bolzplatz zwischen Kirche und den Sozialbauten. „Deren Bewohner waren nicht gut auf uns zu sprechen“, erzählt Jahnke aus den Jugendtagen, „weil wir ihnen mit dem Ball die Fenster zertrümmert haben.“ Später hielt Jahnke mit seinen Breitbrunner Spezln die Knochen für den Fußballverein Inning hin. „Wenn nun Leute sagen, ich war ein mittelmäßiger Verteidiger, dann ist das eine nette Übertreibung“, lacht der Vereinsboss heute.

Im Fünf-Meter-Raum wurde das Regenwasser mit Sägemehl bekämpft

Warum muss der hiesige Nachwuchs den Nachbarn Inning supporten? fragten sich die Breitbrunner und gründeten am 1. September 1974 ihren eigenen Verein im Pfarrzentrum, ein Vereinsheim gab es ja noch nicht. Erster Vorsitzender wurde Adalbert Müller, zweiter Jahnkes Bruder Wolfgang. Zum Kassier bestimmte man Richard Schmautz. Und als Technischer Leiter fungierte Herbert Breitenberger. Mangels Sportplatz kickten die Breitbrunner in der Fremde – auf einer Wiese in Herrsching. 2 Jahre später zogen die Breitbrunner endlich in die Heimat neben einen Stadl, der sich mit viel Eigenarbeit zu einem Vereinsheim mauserte. Unvergessen das Derby gegen Wörthsee, das die Breitbrunner zu Hause gewonnen haben. Weil es stark regnete, hatten die Kicker Sägemehl in den 5-Meter-Räumen vor den Toren ausgestreut. Die Provinz-Müllers waren auf dem Holzweg.

In den 90ern wurde der Platz immer schöner und gepflegter, aber der sportliche Erfolg, der blieb ein launischer Geselle. „Wir sind 4 oder 5 Mal auf- und abgestiegen“, berichtet Jahnke, heute würde man dazu Fahrstuhlmannschaft sagen. Jetzt aber steht der Fahrstuhl, Jahnke ist sichtlich stolz, in der Kreisklasse, und im ersten Jahr kamen die Breitbrunner schon auf den dritten Platz.

Aber reden wir nicht nur über Fußball, diesen Sport, der anderen Sportarten oft die Luft abschnürt. Die Breitbrunner Sportfreunde sind auch im Beachvolleyball-Court aktiv, sie betreiben im Bürgersaal in Breitbrunn eine florierende Tanzsportabteilung, sie laufen viele Kilometer, als gäb’s kein Auto, sie fahren Rad und sind als Stockschützen unterwegs. Leben, Bewegung, Enthusiasmus stecken in diesem Verein, die nächsten 50 Jahre können kommen?!

„Ich sehe für das Vereinsleben eine schwere Zukunft“

„Ich sehe für das Vereinsleben eine schwere Zukunft“, sagt Jahnke, und das freundliche Lächeln verschwindet aus seinem Gesicht, „die Demografie macht uns zu schaffen, der Kindernachwuchs wird immer kleiner. Wir bringen keine Jugendlichen mehr zusammen.“ Das liege aber nicht nur am Kindernachschub. Dass kleinere Vereine kämpfen müssen, liege auch am riesigen Sportangebot in der Region. „Die großen Vereine sind wegen des großen Sportangebotes Konkurrenten für uns“, klagt der Breitbrunner Vereinschef. „Und welche Familie kann sich noch ein Leben am See leisten, die ziehen doch alle weg, weil das Leben in Herrsching und Breitbrunn zu teuer geworden ist.“ Fehlen aber die Familien mit Kindern, dann fehlt auch der Nachwuchs.

Und dann kommt auch noch das unvermeidliche Klagelied über das „mangelnde Durchhaltevermögen der Jugendlichen“. Wenn es mal Stress mit dem Trainer gibt, seien die Kinder sofort weg. Und mit den Terminen haben die Jugendlichen heute auch Probleme. Zeitfenster fürs regelmäßige Training seien schwer zu finden.

Dabei leiste der Sport einen wesentlichen Beitrag zur Sozialisierung von Jugendlichen. „Der Sport macht den Kinder klar, dass sie sich selbst nicht so wichtig nehmen sollen, der Sport fördert Freundschaften, die manchmal ein Leben lang halten.“ Solche Prägungen, die in einer Mannschaft erworben werden, sind in Zeiten der Helikopter-Eltern besonders wichtig.

Auszug aus der Website der Sportfreunde: Die Riege der Funktionäre

Aber nicht nur die Aktiven, auch das Ehrenamt ächzt unterm Zeitgeist. „70 Prozent der Sportfunktionäre sind älter als 50″, weiß Jahnke. Menschen mit seiner Mentalität gebe es immer weniger: „Ich bin halt ein Vereinsmeier, und ich liebe den Umgang mit jungen Menschen. Die sitzen nicht selbstmitleidig auf der Parkbank und reden über Krankheiten.“

Die Fußballtrainer der Sportfreunde (Auszug aus der Website)

Wenn Vereinssport eine Zukunft habe wolle, dann müsse man auch über bezahlte Trainer und Betreuer nachdenken, sagt Jahnke zum Schluss. Die Zeiten der Selbstausbeutung von Funktionären und Ausbildern sind wohl irgendwann vorbei.

2 Comments

  1. War 13 Jahre Schriftführer im Verein, habe gekocht, bei Renovierungen Stoff besorgt der heute noch hält, beide Kinder haben in Breitbrunn Fußball gespielt.ein Sohn spielt heute noch in der 1. Mannschaft, ich hoffe es gibt mehr Spielerfrauen die sich so engagieren wie wir, die mit der Gründungsmannschaft mitgefiebert und mitgefeiert haben und die letzten Jubiläen tatkräftig unterstütz haben. ich hoffe dass sich weiterhin viele in unserem Verein engagieren um weiterhin unsere Kinder für den Sport zu begeistern. Sei es im Fußball oder Beachvolleyball,bei Laufen oder vielleicht beim Eisstockschießen.

  2. Meinen herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum. Als ehemalige Vereinsvorsitzende des Gartenbauvereines Breitbrunn, habe ich mich auch in Sachen Mitglieder für die demografischen Situation in der Gemeinde interessiert. Zu Beispiel ist der Jugendquotient von 2016 bis 2020 von 33,5 auf 32,4 der unter 20ig jährigen je 100 Personen gesunken. Die Geburtenzahl ist leicht von 8,2 auf 8,3 gestiegen. Vielleicht müssen wir die beklagte Überalterung und die „fehlenden jungen Familien“ noch nicht dramatisch bewerten und können uns auf weitere 50 Jahre Sportfreunde freuen. Für Breitbrunn wäre es sicher ein Gewinn.

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