• Das Fähnlein der Aufrichtigen: Hinter den Pfarrern Ulrich Haberl (grüne Jacke) und Simon Rapp versammelten sich etwa 400 Demonstranten für Demokratie und Menschenwürde. Alle Fotos: Gerd Kloos
  • Der Heimathistoriker Robert Volkmann mit seiner Frau (links) erbat statt Regen Hirn für verwirrte Rechtswähler. Er war sich aber nicht sicher, ob sein Stoßseufzer erhört wird.
  • Den Takt gaben die Sambavaria-Trommler aus Hechendorf an.
  • Grünen-Gemeinderat Wolfgang Darchinger erinnerte mit seinem Plakat an ein übles AfD-Zitat.
  • Die Historikerin Dr. Friederike Hellerer rief in Erinnerung, dass Herrschinger im Jahre 2024 aus 96 Ländern kommen: „Das macht Herrsching bunt."
  • Dass Herrsching bunt ist, bewiesen schon die Regenschirme der 400 Demonstranten.
  • Die AfD – ein Relikt der Vergangenheit, als Zukunft kostümiert, sagte der berühmte Autor Gert Heidenreich aus Seefeld. Veranstalter Pfarrer Haberl (rechts) sieht das auch so.
  • Ricardo Volkert (Gitarre) und Ludwig Himpsl stimmten fröhliche Klänge in finsteren Zeiten an.

„So würdelos, die AfD zu wählen, sollte keiner von uns sein.”

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Lieber spät als gar nicht. Besser wenige als niemand: Die Demonstration für Demokratie und Menschenrechte in Herrsching war nichts für Schönwetter-Demokraten: Es regnete, also würde der Himmel schon mal die politischen Zustände beweinen. Trotzdem waren 400 Demonstranten am Ammersee-Ufer gestrandet. Ein breites Bündnis aus Parteien, Bewegungen, Vereinen, Institutionen und Gewerbetreibenden haben die beiden Pfarrer Ulrich Haberl und Simon Rapp unter der Fahne der Demokratie und Menschenwürde versammelt.

Im Kurpark zeichnete die Historikerin Dr. Friederike Hellerer ein buntes Bild der Seegemeinde: „Heute leben in Herrsching Menschen aus 96 Nationalitäten. Das macht unser Leben bunt und bereichert unseren Alltag.” Der Autor und frühere P.E.N.-Präsident Gert Heidenreich sagte mit seiner jedem Zuhörer vertrauten Rundfunkstimme: „Wir haben es in der Hand, denn noch sind die Wahlen hier demokratisch und frei. Die Alternative für Deutschland ist ein Relikt der Vergangenheit, als Zukunft kostümiert.”

Von B wie „Blabla” bis V wie Verein für Archäologie

Gesicht zeigen, Gesinnung offenbaren, Glauben an die unverhandelbaren Menschenrechte demonstrieren – das Bündnis fürs bunte Herrsching brachte alle im Gemeinderat vertretenen Gruppierungen wie die BGH, die Grünen, die CSU, die FDP und die SPD auf ein gemeinsames Plakat. Daneben zeigten Flagge: der Verein Pro Natur, der Asylhelferkreis der lokalen Agenda 21, das Café BlaBla, der Förderverein Gymnasium, der Gartenbauverein Breitbrunn, die Herrschinger Insel, der Herrschinger Segelclub, der Hilfsdienst Herrsching, die Initiative DO IT, die Indienhilfe, der Katholische Frauenbund Herrsching, der Kindergarten Kindertreff, der Künstlerkreis Ammersee, der Kulturverein, der Landesbund für Vogelschutz Starnberg, Maria 2.0, der Herrschinger Seniorenbeirat, die Sektion Vierseenland DAV, die Tafel Herrsching, der Verein für Archäologie und Geschichte, Volt Ammersee-Oberland und der Verein „Wir schaffen das“. Auch Gewerbetreibende wie AkuRat Immobilien und die Kaffeerösterei am Ammersee waren dabei.

Im Gegensatz zur großen, mächtigen Demo in Seefeld, die der BUND Naturschutz initiiert hatte, fanden sich in Herrsching die katholische und die evangelische Kirche als Veranstalter. Die Idee dazu kam aus dem katholischen Pfarrgemeinderat um Uli Spindler. Dass sich die Kirchen, in der Vergangenheit nie die Speerspitzen politischer Reformation, so weit ins gesellschaftliche Feld gewagt haben, liegt wohl auch am mutigen Schritt der katholischen Bischofskonferenz. Die Hirten haben ihre Herde mit der Erkenntis aufgeschreckt, dass christlicher Glaube und fremdenfeindliche Gesinnung nach AfD-Muster nicht vereinbar sind.

Am Kurparkschlösschen erwartete die 400 Marschierer, die meistens gut behütet unterm Regenschirm waren, fröhliche Klänge von Ricardo Volkert und Ludwig Himpsl – der Mensch braucht in trüben Zeiten (und der Himmel war maximal trübe) auch Aufheiterungen.

„Wie das vor 80 Jahre endete, wissen wir alle”

Heiterkeit konnte die Herrschinger Historikerin Friederike Hellerer nicht bieten. Hier ihre kurze, prägnante Rede im Wortlaut:

„Wie Sie wahrscheinlich wissen, erzähle ich ja gerne aus der Geschichte. Und heute will ich damit Ihre Phantasie anregen. Stellen Sie sich Herrsching vor 100 Jahren vor. In Herrsching lebten etwa 1500 Menschen. 1924 – da hatten die Herrschinger noch die Wahl, in welche Richtung sich ihre Zukunft entwickeln sollte. Und 10 Jahre später, vor 90 Jahren? Da hatten sie keine Wahl mehr. In dieser kurzen Zeit hatten sich die politischen Verhältnisse so massiv verändert, dass keine freien Wahlen mehr möglich waren. Ein brutales und korruptes Regime hatte – auch Dank der Stimmen der Herrschinger – die Wahl gewonnen und die Macht übernommen, um sofort Demokratie und Menschenrechte eklatant einzuschränken.

Mit wohlklingenden Gesetzen wie mit der „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat”, dem „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums” oder dem „Gesetz zur Verhinderung erbkranken Nachwuchses” wurden Freiheiten beschnitten, Parteien, Verein und Organisationen gleichgeschaltet und ganze Volksgruppen ausgegrenzt.

Begriffe wie „Volksschädlinge” und „Balastexistenzen” dienten der Entmenschlichung und förderten die Trennung zwischen „Volksgenossen” hier und „Volksfremden” da.

Wie das vor 80 Jahre endete, wissen wir alle. Ich habe auch eine Ausländerstatistik aus der damaligen Zeit gefunden – in Herrsching lebten 1929 18 Personen mit ausländischem Pass: 6 aus Italien, 5 aus Österreich, 5 aus der Schweiz und je eine Person aus Amerika und Ungarn. Und damit komme ich nun wieder ins Hier und Jetzt: Heute leben in Herrsching laut Statistik 96 Nationalitäten. Das macht Herrsching und unser Leben bunt und bereichert unseren Alltag. Und das Bewahren dieser Farbigkeit, der nach 1945 wiedergewonnenen Demokratie und der Menschenrechte ist für mich ohne Alternative.”

Heidenreich: „Wer mit seiner Stimme der AfD Regierungsmacht verschaffen will, wird sich vor seinen Kindern und Enkeln rechtfertigen müssen”

Der Autor, Journalist und frühere P.E.N.-Präsident Gert Heidenreich begann seine Rede mit einer klaren Ansage: „Wer heute rechtsextreme Parteien wählt, muss wissen, dass er eine Wiederkehr der Geschiche aus Mord, Folter und Krieg riskiert. Wer mit seiner Stimme der AfD Regierungsmacht verschaffen will, wird sich vor seinen Kindern und Enkeln rechtfertigen müssen, wenn sie fragen: Warum hast du nicht Nein gesagt, als die ewig Unbelehrbaren in unserem Land Demokratie und Menschenrechte angriffen….Wir haben es in der Hand, unsere Demokratie, unsere Rechtsordnung, unseren menschlichen Ansrand und die Unantastbarkeit der Menschenwürde nach Kräften zu erhalten. An unserer Gegenwart ist vieles kritikwürdig. Aber so würdelos, die AfD zu wählen, sollte keiner von uns sein.”

Starker, lange anhaltender Beifall.

7 Comments

  1. Guten Abend Herr S. anbei zur geneigten Einstimmung auf den nächsten Totalitarismus (und bis dahin finden Sie bestimmt das zweite “S” wieder)

    Auszüge von der Website des Investigativ-Portals Correctiv-Website. Die Zitate wurden von Correctiv verifiziert:

    Dieter Görnert AfD Nürnberg:
    „Am besten das Pack zurück nach Afrika prügeln“
    „Auf der Stelle erschießen, dann wird sich das ganz schnell legen“

    Marcel Grauf (AfD Mitarbeiter zweier Landtagsabgeordneter in Baden-Württemberg):
    „Immerhin haben wir jetzt so viele Ausländer im Land, dass sich ein Holocaust mal wieder lohnen würde“
    „Ich wünsche mir so sehr einen Bürgerkrieg und Millionen Tote. Frauen, Kinder. Mir egal. Es wäre so schön. Ich will auf Leichen pissen und auf Gräbern tanzen. Sieg Heil!“
    „Ich würde niemanden verurteilen, der ein bewohntes Asylantenheim anzündet!“

    Beatrix von Storch AfD MdB:
    „Wenn jemand kommt, und den ganz großen Knüppel rausholt und das damit schafft, innerhalb von zwei Tagen zu beenden, bin ich sofort dabei.“

    Björn Höcke AfD MdL-Thüringen
    „Das große Problem ist, dass man Hitler als absolut böse darstellt’, sagte Herr Höcke. „Aber wir wissen natürlich, dass es in der Geschichte kein Schwarz oder Weiß gibt.“

    Björn Höcke AfD MdL-Thüringen
    „Ja, neben dem Schutz unserer nationalen und europäischen Außengrenzen wird ein großangelegtes Remigrationsprojekt notwendig sein.“

    Petr Bystron AfD MdB
    Abschiedsrede als Landesvorsitzender der AfD Bayern 2017.
    Es bezieht sich auf die ehemalige Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoğuz
    „Solche Menschen müssen wir selbstverständlich entsorgen.“

    Markus Frohnmaier AfD MdB
    „Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet!“

    … Ihre Welt wird bestimmt besser

    • @Konrad Herz.

      Das Sie zu nichts besserem im Stande sind als mich als Nazi zu bezeichnen (das zweite S?!?) weil ich eine andere Meinung vertrete als Sie verdeutlicht nur meinen Punkt.
      Totalitäres denken, hier in Herrsching – vor allem von Links & Grün.

      Meine Familie wurde im Holocaust verfolgt, heute werde ich von einem deutschen als Nazi bezeichnet weil ich eine andere Meinung vertrete als er – Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt.
      Schämen Sie sich.

      • Herr S., ich möchte Sie wirklich nicht als Nazi bezeichnen, aber was sagen Sie denn zu den diversen Zitaten aus dem Mund amtierender AfD-Politiker, die Herr Herz zitiert hat?
        Wollen Sie sich wirklich mit denen gemein machen, die so menschenverachtend daherreden?
        Solche Sprüche lassen zumindest mich Schlimmstes befürchten.

      • Staats
        Streich
        vom 20. Juli 1944

        war gemeint, verehrter Herr/Frau/Es S. ?

        Verfassungswidrige Symbole zu verwenden, liegt mir völlig fern.

        Und mit den Zitaten Ihrer GesinnungsgenossenInnen wollte ich deutlich machen,
        wie sehr uns z.B. homosexuelle UganderInenn oder queere AraberInnen darum beneiden,
        dass Sie sich so, wie Sie sich ausdrücken, öffentlich äußern dürfen.

        Noch darf jeder Mensch in unserem Land Demokratie aushalten.

  2. Jugendkriminalität, ein versiffter Bahnhof und die Gemeinde hat hinten und vorne kein Geld und schikaniert Bürger mit “Parkraumbewirtschaftung”. Aber Hauptsache man marschiert gegen Rechts und die AfD. Ich habe in Herrsching noch keinen Rassissmus oder gar Nazis gesehen, dafür aber zahlreiche wohlstandsverwahrloste Kinder und Eltern die in einer weltfremden Parallelwelt leben.

    Ich bin stolz die AfD gewählt zu haben und hoffe mehr Menschen werden vernünftig und wehren sich gegen diesen neuen grünen Öko-Totalitarismus.

    Meine Familie hat im Holocaust unter der Nazi-Herrschaft gelitten, und das was mir heute Sorgen bereitet ist jede Form von Totalitarismus, derzeit am prominentesten im radikalen Islamismus und unter linken/grünen Weltverbesserern, die mir mein Leben vorschreiben wollen.
    Nein Danke!

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