Der Herrschinger Maler Richard Bierl (links) und der Kulturbeauftragte des Gemeinderats, Hans-Hermann Weinen, vor dem Bild mit der Liegenden. Das Bild hat eine spannende Geschichte.

Ein Bild als Opfer einer studentischen Psychose

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Ein Bild als Opfer: Der Herrschinger Maler Richard Bierl hat im Herrschinger Rathaussaal ein großes Gemälde ausgestellt, das bereits regionale Berühmtheit erlangt hatte. Die große Liegende, ein monumentales Werk in aufwendiger Lasurtechnik, hing 3 Jahre lang im Foyer der Finanzhochschule als künstlerischer Gruß der Gastgeber-Gemeinde. Dann wurde es, lange vor den Kunstattentaten der „Letzten Generation”, Opfer eines verwirrten Finanzstudenten: Der schnitt genau im Schritt der nackten Liegenden einen Triangel in die Leinwand – heute würde man vermutlich von einem Akt sexualisierter Gewalt sprechen. Richard Bierl, 75, erzählte jetzt bei der kleinen Vernissage im Rathaussaal, wie aufwendig die Restaurierung des Gemäldes war. Er musste die übereinander liegenden Farbschichten wieder aufbauen, um die Spuren des Attentats zu beseitigen. Über das Motiv der Tat äußerte sich Bierl bei der Vernissage nicht.

Die Technik, die Richard Bierl verwendet, ist extrem aufwendig: Bis zu 10 Farbschichten liegen übereinander und geben den Farben eine faszinierende Leuchtkraft. So könne man sich durch die Tiefe der Farben auch die Perspektive sparen, „die sowieso meistens nicht stimmt”. Bierl hatte viele Jahre im Strittholz ein 150 Quadratmeter großes Atelier, in dem er seine in halb Europa bekannten Malferien veranstaltete. Der Münchner war 1992 nach Herrsching gezogen. Der Stil des Künstlers, der an der Münchner Akademie studiert hatte, war lange durch den damals sehr angesagten Kubismus geprägt. Bierl war auf Ausstellungen im In- und Ausland vertreten; auch im Kurparkschlösschen hatte er ausgestellt. Mit den 3 Gemälden im Rathaussal schließt sich ein Kreis: Bierl war der erste Künstler, dem das Rathaus seine Betonwand im damals neuen Sitzungssaal angeboten hatte. In seiner kurzen Rede während der Vernissage blitzte immer wieder Bierls Humor durch. „Ja”, sagt er im Gespräch, „ich bin nicht von der ernsten Sorte.” Rathaus-Besucher, die sich in das Gemälde mit der Liegenden verlieben sollten, brauchen übrigens ein größeres Wohnzimmer – gerne auch kleines Schlösschen – und 8000 Euro.

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