2 000 Briefwahlstimmen für die Tonne Bürgerentscheid Baumschutz ist rechtswidrig

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Ein geheimnisvoller Mail-Absender hat den Stein ins Rollen gebracht: Was die Kommunalaufsicht des Landratsamtes offenkundig nicht wusste, was im Herrschinger Rathaus unbekannt war, was für die CSU eine Blackbox ist, hat ein Bürger mit einer simplen E-Mail aufgedeckt: Über Aufgaben, die der Freistaat den Gemeinden übertragen hat, darf der Bürger nicht abstimmen. Deshalb ist der Bürgerentscheid über eine Baumschutzverordnung rechtswidrig.

Das Verwaltungsgericht Regensburg hatte mit dieser Begründung einen Bürgerentscheid zu einer Landschaftsschutzverordnung gekippt. Auch ein Merkblatt zweier Rechtsanwälte von „Mehr Demokrate Bayern“ kommt zum gleichen Ergebnis. Jetzt ist die Kommunalaufsicht des Landratsamtes Starnberg am Zug. Teilt sie diese Rechtsauffassung, kann Herrsching 2 000 bereits abgegebene Briefwahlstimmen und 12 000 Euro Verwaltungskosten in die Tonne treten.

In dem Merkblatt von „Mehr Demokratie Bayern“ heißt es wörtlich: „Ausgeschlossen vom Bürgerentscheid sind Fragen des „übertragenen Wirkungskreises, also staatliche Verwaltungsaufgaben, die der Freistaat den Gemeinden und Landkreise übertragen hat – zum Beispiel straßenverkehrsrechtliche Anordnungen, Baumschutz oder Bauvorhaben von Staatsstraßen und Autobahnen.“

Arbeitskreis Umwelt sollte Baumschutzverordnung erarbeiten

Sollte die Kommunalaufsicht den Bürgerentscheid kippen, wäre der Status Quo in Sachen Baumschutzverordnung wieder hergestellt. Der Gemeinderat hatte – wie herrsching.online berichtete – beschlossen, dass eine Baumschutzverordnung erarbeitet wird. Ausarbeiten sollte diese Verordnung der Arbeitskreis Umwelt. Dieser Arbeitskreis aber steht mächtig in der Kritik – von Seiten der Baumschützer und der Rathausverwaltung. Er ist eine Art Gärbecken, in der alles, was Grün aussieht, reingeworfen wird: Baumschutz, Grünflächengestaltung, Promenadensanierung, Ufergestaltung und vieles mehr. In dem Kreis sitzen Gemeinderäte, Bürgermeister, Vereine, Lobbyisten und Landwirte.

Löst der Bürgermeister den AK Umwelt jetzt auf?

Ein grüner Gestaltungswille ist schwer erkennbar, weil sich die Interessengruppen mitunter gegenseitig aushebeln. Um zu verhindern, dass diese Interessenkonflikte publik werden, tagt der Arbeitskreis hinter verschlossenen Türen – die aber nicht schalldicht sind: herrsching.online hatte mehrfach über Sitzungen berichtet, weil die Öffentlichkeit ein Recht auf Transparenz hat. Deshalb drohte der Bürgermeister unumwunden, er werde den Arbeitskreis auflösen, wenn weiterhin Informationen durchsickern.

Sollte der Arbeitskreis aufgelöst werden, wird es eine Baumschutzverordnung zum beschlossenen Zeitpunkt – April 2024 – wahrscheinlich nicht geben. Damit hätte die Rathaus-Verwaltung ihr Ziel auch ohne Bürgerentscheid erreicht. Der Bürgermeister lässt keine Gelegenheit aus, gegen eine Baumschutzverordnung zu wettern.

Pro Natur hatte einen fertigen Entwurf vorgelegt

So würde sich auch rächen, dass der Gemeinderat den Entwurf einer rechtlich sauberen Verordnung aus der Feder der Bürgerinitiative Pro Natur verworfen hatte. Nur die Bürgergemeinschaft Herrsching um die Fraktionssprecherin Christiane Gruber stimmte im April 2023 dafür. Die Grünen senkten dagegen den Daumen: So nicht, gaben sie mit Handzeichen zu Protokoll. Obwohl die Grünen immer wieder bekunden, dass sie eine Baumschutzverordnung wollen, waren sie seit 2018 nicht in der Lage, einen Entwurf vorzulegen.

1 Comment

  1. Obwohl ich grundsätzlich eine Baumschutzverordnung befürworte und auch den Bürgerantrag zur Einführung einer solchen unterschrieben habe, habe ich den von Pro Natur vorgelegten Entwurf von Anfang an als zu stringent empfunden. Er hatte zu sehr den Charakter einer kleinteiligen Verbotsregelung und hätte in dieser Form höchstwahrscheinlich im Gemeinderat keine Zustimmung bekommen.
    Es ist nicht notwendig, wegen des unterschiedlichen Abstimmungsverhaltens der Grünen und der BGH in dieser Frage einen Keil zwischen diese beiden Gruppierungen treiben zu wollen. Es gab plausible Gründe, weshalb die Grünen dem Antrag speziell in dieser Form nicht zustimmen wollten.
    Grundsätzlich aber ziehen die beiden Fraktionen von Grünen und BGH doch in den meisten Fällen an einem Strang.
    Ich habe, wie vermutlich die meisten Grünen, auf den Arbeitskreis Umwelt gehofft und dass dieser eine für alle Fraktionen akzeptable Baumschutzverrdnung erarbeiten würde, am besten im Rahmen eines umfassenden Grünplans.
    Wennn allerdings nicht einmal dem Bund Naturschutz ein Sitz in diesem Arbeitskreis zugestanden wird, habe ich meine Zweifel, ob er die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen wird….

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