Was, schon wieder wählen? Dieser Tage flattern den Herrschinger Wahlberechtigen Unterlagen aus dem Rathaus in den Briefkasten. Die verdutzten Bürgerinnen und Bürger werden mit der Frage konfrontiert: „Soll für die Gemeinde Herrsching a. Ammersee eine Baumschutzverordnung erlassen werden?” Das hatte der Gemeinderat zwar schon mit Ja beantwortet, aber die CSU-Fraktion will’s jetzt gerne noch einmal von der Bürgerinnen und Bürgern hören.
Die Gemeinderätin Christiane Gruber bekräftigte im Interview mit herrsching.online noch einmal ihre Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bürgerentscheids, hat aber wenig Hoffnung, dass die Kommunalaufsicht den Bürgerentscheid für unzulässig erklärt. Wenn also die Abstimmung über eine Baumschutzverordnung in Herrsching” stattfindet: Wie wird sich die Bürgerin, der Bürger entscheiden?
herrsching.online: Sehen wir’s mal sportlich: Wie wird der Bürgerentscheid für oder gegen eine Baumschutzverordnung ausgehen? Wetten werden angenommen.
Gruber: Schwer zu sagen. Der Zeitpunkt für die Abstimmung mitten im Advent in den Weihnachtsvorbereitungen ist sehr ungünstig. Und man weiß auch nicht: Was ist denn der Auftrag an den Gemeinderat nach der Abstimmung? Viele Bürger, die gar nicht wissen, um was es geht, werden zu einem Nein bewegt werden. Grundstücksbesitzer werden vielleicht sagen: Ich lass mir in meine Gartengestaltung nicht reinreden. Mieter werden wahrscheinlich sagen: Klar wollen wir Bäume geschützt haben. Es gibt da wohl eine Spaltung unter den Stimmbürgern in Herrsching.
herrsching.online: Werden soviele Bürgerinnen und Bürger zur Abstimmung gehen, dass der Entscheid rechtsgültig wird?
Gruber: Ich glaube, dass das sogenannte Quorum, das sind bei über 8000 Abstimmungsberechtigten über 1600 Bürgerinnen und Bürger, erreicht wird.
herrsching.online: Der Bürgerentscheid, so hat die Gemeinde soeben auf herrsching.online mitgeteilt, kann bis zu 20.000 Euro kosten. Steuergeld gut angelegt?
Gruber: Ich finde die Kosten nicht so schlimm wie den Zeitpunkt der Abstimmung. Am heutigen Tag hätte der Arbeitskreis Umwelt genau dieses Thema, nämlich eine Baumschutzverordnung, behandelt. Der Gemeinderat hätte eine Beschlussvorlage vom Arbeitskreis bekommen. Dann hätte ich diese ausgearbeitete Baumschutzsverordnung sehr gerne den Bürgerinnen und Bürgern zur Abstimmung vorgelegt.
herrsching.online: Wie demokratisch ist eine Abstimmung, die der Gemeinderat beschlossen hat?
Gruber: Wir als Gemeinderat haben selber beschlossen, uns nicht mehr mit dem Thema Baumschutzverordnung zu befassen und kippen damit unseren Beschluss vom April. Das ist für mich ein Unding, um nicht schon wieder den Vorwurf von den schlechten Verlierern zu verwenden. Die Abstimmungsergebnisse im Gemeinderat fielen ganz knapp aus, und das wird sich auch im Ergebnis des Bürgerentscheids widerspiegeln. Und wenn der Bürger gesprochen hat, haben wir immer noch keine genaue Anweisung, was wir tun müssen. Der Beschluss zu diesem Thema ist einfach nur aufgeschoben.
herrsching.online: Ihre Fraktion hat die Rechtmäßigkeit eines Ratsbegehrens in der Gemeinderatssitzung stark angezweifelt. Warum haben Sie den Beschluss nicht von der Kommunalaufsicht im Landratsamt überprüfen lassen?
Gruber: Wir haben ja einen Antrag zur Geschäftsordnung gestellt und sind damit nicht durchgekommen. Die Mehrheit des Gemeinderats hat beschlossen, sich mit diesem Antrag nicht einmal zu befassen.
herrsching.online: Nun ist das Thema doch beim Landratsamt in Starnberg gelandet, weil sich eine Bürgerin an die Kommunalaufsicht gewandt hatte…
Gruber… ich habe wenig Hoffnung, lassen Sie es mich so sagen: Es wird interessant. Die eine Frage ist: Kann ein Bürgerentscheid ohne Vorlage einer Baumschutzverordnung stattfinden? Die zweite Frage ist: Kann ein Bürgerentscheid stattfinden zu einem Thema, bei dem es keinen neuen Sachstand gibt.
herrsching.online: Die Gemeinderverwaltung hat schon mehrmals bekundet, dass sie keine Baumschutzverordnung will. Was aber nützt eine Verordnung, die nicht oder nur halbherzig von der Verwaltung kontrolliert wird?
Gruber: Die Aussage der Verwaltung war, dass man sich an das Votum der Bürgerschaft halten wird. Das werden wir auch einfordern…
herrsching.online: Sie als Gemeinderätinnen und -räte der Bürgergemeinschaft werden da drauf schauen?
Gruber: Ja.
Ja, die jahrelange heftige Gegenwehr unseres Bürgermeisters und seiner CSU Ratskolleginnen und Ratskollegen hat hier auf jeden Fall erneut, ob rechtens oder nicht ist unbekannt, einen teuren Aufschub für eine neue Baumschutzverordnung bewirkt.
Die Herrschinger Bürgerinnen und Bürger werden aber bei dem jetzigen Ratsbegehren, Gott sei Dank, ganz bestimmt auf dem neusten Stand unserer Wissenschaft sein! Und sie werden mit ihrem “JA” für eine neue Baumschutzverordnung das Thema in die, für Klima- Natur- und Artenschutz so notwendige richtige Richtung lenken! Dann muss diese Verordnung endlich, genau so wie in Starnberg und vielen anderen deutschen Städten und Bundesländern, auch in Herrsching wieder eingeführt werden. Zeit wird’s, wenn man erlebt, wie viele riesige, jahrzehntealte, gesunde wunderschöne Bäume hier in letzter Zeit vernichtet wurden! Da gab es keine Verordnung und Niemanden, der sie davor geschützt hat!
Zusammenfassend verstehe ich: Eine Bürgerinitiative arbeitet Anfang 2023 kostenlos einen offenen Vorschlag für eine Verordnung aus und legt diesen der Gemeinde vor um ihn zu verbessern und den Bürgern dann zur Abstimmung vorzulegen. Die Notwendigkeit einer Baumschutzverordnung wird in einer Abstimmung be-ja-hat, der Vorschlag ignoriert, das Thema in einen Arbeitskreis delegiert. Dann wird beschlossen den Arbeitskreis auch zu ignorieren und die Bürger abstimmen zu lassen ob der Gemeinderat sich überhaupt damit befassen soll. Hier werden also 20.000.- € Steuergelder ausgegeben um abzustimmen ob abgestimmt werden soll ohne, dass die Abstimmenden wissen worüber sie eigentlich abstimmen, weil das erst nach der Abstimmung abgestimmt werden soll.
Damit nicht genug: Statt zu vermutlich geringeren Kosten weitere Abstimmungslokale zu öffnen und den Bürgern die Zeit zu geben sich vorweg zu informieren macht man mit der Drohung zu wenige Abstimmungslokale zu eröffnen Druck auf die Bürger über eine Briefwahl, die vermutlich für einen Großteil der 20.000.- € verantwortlich ist. Gleichzeitig wird durch den Bürgermeister in der Presse verkündet, dass aufgrund von akutem Geldmangel die Förderungen für die Bürgerinitativen gekürzt werden müssen.
Da war wohl irgendwas nicht ordentlich abgestimmt…?
Wenn ich richtig informiert bin, ist auch das bayerische Staatsministerium des Innern/Obere Rechtsaufsichtsbehörde eingeschaltet.
Wenn ich die Antworten von Frau Gruber richtig verstehe, dann ist in Sachen Baumschutzverordnung im Gemeinderat einige Male widersprüchlich und immer sehr knapp, für oder gegen einen Schutz alter Bäume abgestimmt worden. Formal hat aber der Antrag der CSU Fraktion besonders zur gegenwärtigen Verwirrung geführt, weil der Bürger ueber eine Verordnung am 10.12. abstimmt, die es nicht gibt. Ist es so? Wir stimmen als Bürger also grundsätzlich darüber ab, dass sich der Gemeinderat und der Umweltausschuss überhaupt an die Arbeit machen soll, eine Schutzverordnung für gesunde alte Bäume zu machen. Bei einem “Nein” haetten die Raete diese Arbeit also sehr elegant ohne Arbeitsaufwand vom Tisch. Aber die Bäume waeren dann ohne jeglichen Schutz in Herrsching auch bald und sehr schnell gefällt. Ich stimme da lieber mit “ja”, denn das Ortsbild und die Schönheit der Gemeinde und ihrer Grünanlagen ist mir wichtig. Ein gesünder Baum ist schnell gefaellt, zum Wachsen braucht er viele Jahre. Da sollte schon fachlich geprüft werden.