Unfälle mit Senioren-Beteiligung haben in Herrsching und Umgebung abgenommen/Unfallforscher warnen: Ab 75 wird es kritisch/Manchmal lügt die Unfallstatistik//
„Betagter Autofahrer überfährt seine Frau auf dem Supermarktparkplatz.” Die Polizeimeldung aus Dießen hat bei vielen Autofahrern Entsetzen ausgelöst: Es folgten verstohlene Blicke auf die forsche Oma am Steuer, Verwandte hegten heimliche Zweifel an Opa und seinen Fahrkünsten. „Anziani al volante, pericolo costante” – sind die älteren Mitbürger permanente Gefahren für die Sicherheit auf den Straßen, wie dieser italienische Reim behauptet? Der Herrschinger Polizeihauptkommissar Christian Schäffler gibt Entwarnung: „Wir haben im Vergleich der Jahre 2019 und 2022 knapp 16 Prozent weniger Unfälle mit Senioren aufgenommen”, berichtet er (die Polizei vergleicht das Jahr 19 mit 22, weil die Corona-Zeit mit den Ausgangsbeschränkungen jede Statistik verfälschen würde). Der Unfall-Rückgang ist allerdings nur die halbe Wahrheit: Bei den 85- bis 100-Jährigen stiegen die Zahlen um 180 Prozent.
Allerdings, so Schäffler, muss man diese Statistik hinterfragen: Die Daten sind wegen der geringen Fallzahlen nämlich schwankend: „Im langjährigen Mittel liegen wir bei 10 bis 12 Unfällen mit Ü-85-Fahrern. Dass 2022 insgesamt 14 Opas und Omas anderen Verkehrsteilnehmern zu nahe kamen, sei ein statistischer Ausreißer. Trotzdem guckt die Polizei genau hin, wenn Hochbetagte Blech verformen: „Wenn ich früher Verkehrsunfälle aufgenommen habe, sind mir schon mal Autos aufgefällen, die ringsum mit Dellen übersät waren, und der Autofahrer sich beim Aussteigen am Auto abstützen musste. Und solche Fälle melden wir dann der Führerscheinstelle zur Überprüfung.”
Entwarnung geben die Unfallforscher der Versicherungen, der Verkehrswacht und des ADAC allerdings nicht: Die Folgen bei Unfällen mit älteren Menschen sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes häufig schwerwiegender. So verunglückten 2021 mehr als 45.000 Menschen im Alter von 65 oder mehr Jahren im Straßenverkehr. 868 von ihnen kamen dabei ums Leben und 11.169 wurden schwer verletzt.
Da haken dann aber gleich wieder die Statistik-Pfennigfuchser ein: Die Senioren seien in der Unfallstatistik unterrepräsentiert: Nach Angaben des Statistischen Bundesamts haben nämlich im Jahr 2021 Fahrer ab 65 Jahre 17,4 Prozent der Unfälle mit Personenschaden verschuldet. Der Bevölkerungsanteil der Menschen ab 65 beträgt freilich 22 Prozent.
Aber: Wenn ältere Fahrer Unfälle verursachen, dann kracht’s richtig. Die Folgen sind nach Angaben des Statistischen Bundesamtes häufig gravierender: Fast ein Viertel der verunglückten älteren Menschen wurde schwer verletzt, während bei den unter 65-Jährigen der entsprechende Anteil mit 15,7 Prozent deutlich geringer war.
Und schließlich lügt die Statistik auch: Der Leiter der Unfallforschung der Versicherer, Siegfried Brockmann, weist darauf hin, dass
• in der Altersgruppe der Senioren weniger Menschen einen Führerschein haben
• Ältere weniger lange Strecken fahren
• Senioren nicht oder selten zur Arbeit fahren und damit das Rushhour-Risiko vermeiden
Auch die Deutsche Verkehrswacht vergibt keine Bonuspunkte an Senioren: „Über 75-jährige Autofahrerinnen und Autofahrer, die in einen Unfall verwickelt waren, trugen in drei Viertel aller Fälle die Hauptschuld an dem Unfall.” Unfallforscher Brockmann kommt zu dem ernüchternden Urteil, dass bezogen auf die Fahrleistung Senioren eine ähnliche Unfallhäufigkeit zuzurechnen sei „wie der Hochrisikogruppe der 18- bis 25-Jährigen”. Gag am Rande: Es besteht nach einer Studie der Bundesanstalt für Straßenwesen ein Zusammenhang zwischen Fahrstil und Lebensstil. „Dieser Studie zufolge haben besonders die älteren Autofahrenden ein erhöhtes Unfallrisiko, die einen sehr aktiven Lebensstil haben und Abwechslung und Spaß suchen.”
Dass nicht jede Irrfahrt eines Seniors mit einem Crash oder Führerscheinentzug enden muss, erlebte ein Rentner aus Österreich: Er hatte auf dem Weg zu seiner Werkstatt in Innsbruck das Navi falsch eingestellt – und kam am Edeka in Inning raus. Die Polizei als Freund und Helfer stellte ihm den elektronischen Wegweiser richtig ein. Der Mann kam tatsächlich wieder heil und ohne Unfall zu Hause an – die Herrschinger Beamten riefen ihn abends sogar fürsorglich an, ob alles gut gegangen sei.
Da ich 72 bin, würde mich interessieren, mitan welche Tests die Politiker da denken. Bekommt die Gruppe der 18 – 25 jehrigen Führerscheinbesitzer da die gleichen Nachtests aufgedrückt. Ich bin in meinem langen Berufsleben viel in und um Muenchen unterwegs gewesen und immer unfallfrei gefahren. Jetzt fahre ich nur noch zwischen Breitbrunn und Herrsching in der Nacht mit dem Pkw. Aber wenn es denn sein soll, dann mach ich die Prüfung halt.