Gastkommentar zum Gründungsversuch eines Groß-Arbeitskreises „Miteinander leben in Herrsching”/ Von Christl Voit

Bürgermeister Schiller und Gemeinderätin Gruber bemühten sich redlich, den Anwesenden die Sinnhaftigkeit des Plans schmackhaft zu machen. Allerdings stellte sich schnell heraus, dass die Gruppen, außer dass sie in Herrsching miteinander leben, nicht viel gemeinsam haben, weder in Struktur noch Organisationsform noch Zielgruppen, und dass sie außerdem alle mehr als ausgelastet sind. Die netteren Kommentare für diesen Kessel Buntes waren „Überfrachtung”, „bürokratisches Monstrum”, „Artefakt”, „Unmachbar” oder „Absolut praxisfern”.
Irgendwann ließ dann die Sitzungsleitung die Katze aus dem Sack. Offensichtlich gab es nicht nur fürsorgliche Gründe für die Neuregelung der Agenda-Arbeitskreise.
Es sollten wohl auch zwei Gruppen, die irgendwie zu unbequem geworden waren, abgedrängt werden, nämlich Pro Natur und der Helferkreis Asyl (die man im übrigen bisher durch die offizielle Behandlung im Glauben gelassen hatte, sie seien bereits Agenda-Arbeitskreise).
An Zufall mag man da eher nicht glauben – ein Schelm, wer Schlechtes dabei denkt.
Speziell der Helferkreis (besser Helfer*innenkreis) hatte jahrelang auch für die Gemeinde Steine aus dem Weg geräumt und lautlos viele Integrationsaufgaben übernommen, die nicht nur für die Geflüchteten hilfreich waren, sondern auch einen Beitrag zum guten Miteinander von Geflüchteten und Altherrschinger*innen leisten.
Aber, statt nur Kuchen für Neuankömmlinge zu backen, mischte sich der Helferkreis kraft eigener Expertise in die Gemeindepolitik ein und machte so ungeziehmende Vorschläge wie Schaffung von bezahlbarem Wohnraum am ehemaligen Bofrostgelände oder den Vorschlag zur Verlängerung der Laufzeit des hiesigen Containerstandorts .
Da muss was geschehen, mag sich so mancher Offizielle gedacht haben und ersann flugs, erst nichtöffentlich, dann, nach Anmahnung durch die Rechtsaufsicht, öffentlich, ein ausgefeiltes Beschäftigungsprogramm für die aus der Rolle gefallenen Helferkreis-Kinder, die sich jetzt einfach mal an der Quadratur des Kreises versuchen sollten, damit sie nicht zu übermütig werden.
Übrigens – kleiner Exkurs – sei erwähnt, dass die einzelnen Gruppen punktuell schon lange zusammenarbeiten ; so geben Mitglieder des Seniorenbeirats Geflüchteten Mathenachhilfe, junge Geflüchtete arbeiten im Jugendbeirat mit, der Verein “Wir Schaffen Das” und der Helferkreis sind eng verknüpft. Die Herrschinger Insel hilft zum Beispiel den Geflüchteten mit Kleidung und anderen Gebrauchsgegenständen und ist kompetenter Ansprechpartner auch für Helfer*innen.
Jetzt sollte noch ein monströser Überbau aufgestellt werden, der Brüssel zu aller Ehre gereicht hätte, aber es wurde vergessen (oder billigend ins Kalkül gezogen), dass dafür keine Hauptamtlichen, wie in diesen Gremien üblich, zur Verfügung stehen, sondern Ehrenamtler, deren Zahl im Lauf der Jahre stark geschrumpft ist.
Mehr ist nicht immer wirklich Mehr, die bisher zielgerichteten Aktionen wären notgedrungen im Ungefähren versandet.
Hätte man rechtzeitig mit den Betroffenen geredet, hätte man das vorher gemerkt und den Sitzungssaal für diesen Anlass nicht heizen müssen.
Immerhin zeigte sich im Lauf des Abends bei der Sitzungsleitung sowas wie Einsicht – die Angelegenheit soll nochmal dem Gemeinderat vorgelegt werden.
Als Bittsteller wird der Helferkreis, der sich laut Agenda-Prozess sowieso selber zum Agenda-Arbeitskreis erklären kann, aber nicht auftreten. Es sollte vielmehr eine Selbstverständlichkeit sein, dass die Gemeinde den Helferkreis in die Agenda aufnimmt. Für uns Helfer*innen, und da spreche ich bestimmt für alle, ist es ein Engagement aus Überzeugung – schaden würde es aber überhaupt nicht, wenn das auch offiziell endlich anerkannt würde.