Nehmen wir mal an, Sie wollen heiraten, und das einzige Nass, das vergossen wird, sollen die Tränen sein. Keinesfalls aber soll der Himmel weinen – für welchen Hochzeitstermin entscheiden Sie sich? Dr. Georg Baumann, Unternehmer, leidenschaftlicher Segler und Hobby-Meteorologe, rät zur Kalenderwoche 32. Von der Kalenderwoche 23 im Juni würde er abraten, denn seine in 17 Jahren gesammelten Wetterdaten melden für diesen Zeitraum 56 Prozent Regenwahrscheinlichkeit. Aber ums Heiraten geht’s dem 68-Jährigen weniger: Er will mit seiner Wetterseite zebrafell.de Segler, Kiter, Windsurfer, Wingfoiler, SUP-Paddler oder einfach nur Badenixen glücklich machen.
„Ratet mal, wen wir da mitgebracht haben”, fragt der Reporter von herrsching.online am Herrschinger Kitespot, „hier ist der Macher von zebrafell.de.” Die Fortwirtschaftsstudentin und leidenschaftliche Kiterin Lisa aus Bruck scheint kurz zu überlegen, ob sie Georg Baumann nicht einfach um den Hals fallen solle. „Wir sind Dir ja so dankbar”, juchzt sie, „eine tolle Seite. Ich schau da immer rein, bevor ich an den Ammersee fahre.” Auch andere Kiter am Seekreuz haben sich als „zebrafell-addicted” geoutet.
Die Wetterseite für den Ammersee begleitet die Süßwasser-Matrosen tatsächlich schon 17 Jahre lang durch Sturm und Flaute, durch Frost, Frust und Fun. Und nirgends Werbung: Zebrafell ist so etwas wie Mutter Theresa für die Gleitgemeinde. „Wir haben schon viele Anfragen wegen Anzeigen bekommen, wir haben immer abgelehnt”, sagt Georg Baumann. Sein Hobby muss kein Geld einbringen – der Unternehmer setzt mit seinem weltweit tätigen Robotik- und Maschinenbauunternehmen rund 100 Millionen um und beschäftigt über 600 Mitarbeiter. „Ich wollte damals einfach wissen, wie das Internet funktioniert”, sagt der Teilzeit-Herrschinger. Dass Baumann dazu ein so komplexes Thema wie Meteorologie und Prognosen für sein „Internet-Praktikum” wählte, entspringt seinem Forschergeist: „No guts, no glory” steht in seinem Besprechungszimmer an der Wand, wer keinen Schneid hat, der wird keinen Ruhm ernten. Dabei ist ihm Ruhm offensichtlich nicht wichtig, Baumann hält sich auf Zebrafell strikt im Hintergrund.
Zebrafell ist viel mehr als eine der zahllosen Apps, die ihre User mit minutengenauen Vorhersagen veräppeln. Wer wegen Zebrafell in der Flaute sitzt oder im Biergarten nass wird, der hat die Funktionen der Seite nicht verstanden.
Die aktuellste Orientierung liefern die Bilder von einem Dutzend Lifecams an den Segelvereinen des Ammersees. Da hat schon manche besorgte Mutter geguckt, ob der Sprößling nicht gekentert ist.
Diese virtuelle Umschau genügt für eine schnelle Lagebetrachtung. Und wenn eine Cam eine blinkende Sturmwarnung zeigt, weiß der Kiter, dass er den Achter-Schirm einpacken sollte, der Windsurfer wird das 5,2 ins Auto werfen und der Segler wird brav die Segel streichen.
Unter den Cam-Fotos, die alle 10 Minuten erneuert werden, folgt eine allgemeine Übersicht über Sonnen- und Mondaufgang, den Wasserstand (Mitte August lag er genau im Mittel), die Luft- und Seetemperatur (die Wassertemperatur hat sich Mitte August erholt und liegt bei satten 24 Grad). Dann folgt – von wetter.com geliefert – die Übersicht über die Woche. Diese Daten allerdings, das wissen die erfahrenen Zebrafell-Streichler, sind nette Mutmaßungen über das Wettergeschehen. Wetter.com, so scheint es, ist so prognosenfest wie die Vorhersagen der Börsen-Gurus.
Unter dieser groben Zusammenfassung bietet Georg Baumann auch die konkreten Prognosen von Windfinder, Windguru und eine Zusammenschau verschiedener Modelle an. Wer jetzt immer noch nicht verwirrt ist, der kann sich ja vom Niederschlagsradar und vom Wolkenbild über Süddeutschland seinen Pessimismus bestätigen lassen.
Endgültig großartig wird Zebrafell aber durch die Diagramme, in denen Baumann
• den Wasserpegelstand grafisch darstellt, einen Überblick über die
• Sonnenstunden,
• Regenstunden,
• Temperaturen,
• Wind und
• Luftdruck in bunten Kurven zeigt.
Alle 10 Minuten generiert Zebrafell einen gesamten Datensatz und speichert ihn – welch passende Metapher – in der Cloud ab.
So wird die Seite sogar zum wertvollen Zeugen für Polizei und Versicherungskunden. Die Herrschinger Inspektion wollte zum Beispiel wissen, wie stark der Wind war, als ein Segelboot die HERRSCHING gerammt hatte. „Gerüchteweise wird berichtet, dass der Skipper nach dem Crash gleich mal einen Kasten Bier über Bord geworfen habe”, erzählt Baumann lachend. Und ein Herrschinger Hausbesitzer ließ sich von Zebrafell für seine Versicherung bestätigen, dass die Böe am 22. Juni tatsächlich Orkanstärke hatte. Die effektive Windstärke speichert nämlich nur Zebrafell – die DWD-Windboje in der Seemitte liefert nur gemittelte Werte. So ist privater Pioniergeist mal wieder der amtlichen Mittelwert-Mentalität überlegen.
Was Sie schon immer fragen wollten und beinahe nicht beantwortet bekommen hätten: Warum bitte heißt eine Wetterseite für den Ammersee Zebrafell? Georg Baumann: „Der Name prägt sich doch wunderbar ein.”