„Ist der neue Arbeitskreis Umwelt eine Grünwaschanlage für den Gemeinderat – oder ein politisches Gewächshaus für grüne Ideen?” fragte herrsching.online in einem exklusiven Artikel über die erste Sitzung. Die Frage muss erweitert werden: Ist der neue Arbeitskreis Umwelt ein Geheimnisträger mit vertraulicher Agenda? Der Gemeinderat beschloss in seiner letzten Sitzung, dass das Gremium auch künftig ohne Öffentlichkeit tagen sollte. FDP-Gemeinderat Alexander Keim war mit seinem Antrag gescheitert, Bürger und Presse als Zuhörer einzuladen. Nur die Rätinnen der Bürgergemeinschaft Herrsching stimmten mit Keim für öffentliche Sitzungen. Die Grünen waren mit der CSU der Meinung, dass der Arbeitskreis „in einem geschützten Rahmen” tagen sollte.
Bürgermeister Christian Schiller kritisierte, dass die Geheimhaltung nicht funktionierte: Obwohl klar gewesen sei, dass nichtöffentlich getagt werden sollte, habe man am nächsten Tag auf herrsching.online Sitzungsdetails nachlesen können. „Der Gemeinderverwaltung ist es egal, ob im Arbeitskreis Bürger und Presse anwesend sind”, sagte der Rathaus-Chef, „aber es sind Arbeitssitzungen, Arbeitsvorbereitungen, da werden ja keine Beschlüsse gefasst.” Bei der letzten Sitzung sei alles sauber abgelaufen.
Genau das hatte Gemeinderat Keim bestritten. Seine Vorwürfe:
• „Die Zweite Bürgermeisterin (Christina Reich) war als Zuhörerin anwesend, hielt sich aber mit Wortbeiträgen nicht zurück.”
• Der AK Umwelt hat 12 Mitglieder, es wurden aber 15 Personen zur Abstimmung über die Priorisierung ..aufgefordert.
• Mehrere Verwaltungsmitglieder durften mit abstimmen, darunter auch Nichtbürger Herrschings”
Keim hatte in seinem Antrag verlangt, dass der Arbeitskreis künftig öffentlich, zumindesten in jeder zweiten Sitzung, tagen sollte. Außerdem sollten die Statuten für die Geschäftsordnung ergänzt werden sollte.
Die Zweite Bürgermeisterin Christina Reich (CSU) holte dann zum Gegenschlag aus und bezeichnete Keims Einlassungen als „nicht in Ordnung”. Sie habe bei der Diskussion über die Agenda „keine Priorisierungspunkte geklebt, weil sie formal nicht Mitglied des Arbeitskreises ist. Sie zeigte sich verwundert darüber, dass Keim nicht wisse, dass Gemeinderäte bei allen Sitzungen dabei sein dürften.
Gerd Mulert (Grüne) meinte in seiner Entgegnung, dass nach seinem Eindruck die Zweite Bürgermeisterin „nicht nur Zuschauerin war”. Dann aber schwenkte er auf die CSU-Linie ein: „Ich bin dafür, dass der Arbeitskreis in einem geschützten Rahmen tagen sollte, ohne dass da eine Gruppe mit 25 Leuten im Zuhörerraum sitzt.” Claudia von Hirschfeld erinnerte daran, dass es beim Baumschutz eine große interessierte Öffentlichkeit gebe. Sie wolle aber wissen, ob man als Arbeitskreis-Mitglied mit anderen Bürgern über die Ergebnisse reden dürfe. Traudi Köhl (Grüne) meinte, dass durch die Beteiligung anderer Vereine und Gruppierungen ja schon Öffentlichkeit hergestellt sei.
Tatsächlich sitzen neben den Gemeinderäten Thomas Bader (CSU), Anke Rasmussen (Grüne), Leo Gruber (BGH), Hans-Hermann Weinen (SPD) und Alexander Keim (FDP) auch die Bürgerinitiative Pro Natur, die Gartenbauvereine, ein Vertreter des Grundeigentümer-Vereins, als Vertreter der Landwirte Magnus Ruhdorfer, Hubert Eichberger vom Brauchtumsverein in Widdersberg und die Seen- und Schlösserverwaltung in dem Gremium. Der BUND Naturschutz wurde nicht in den Arbeitskreis gewählt, was ein Gemeinderat als „schlechten Witz” bezeichnete.
Die Verbands- und Parteienvertreter dürfen ihre Mitglieder über die Ergebnisse der Sitzungen informieren. Damit wären dann mehr als 100 Personen eingeweiht.
Bürgermeister Schiller schlug nun einen Kompromiss vor, der Öffentlichkeit im kontrollierten Rahmen ermöglichen soll: Das Protokoll der Sitzungen wird auf der offiziellen Rathaus-Website veröffentlicht – allerdings erst dann, wenn alle Teilnehmer mit dem Wortlaut einverstanden sind.
Ermattet von der langen Diskussion, stimmten die CSU, die Grünen und die SPD dankbar zu. Den Alternativ-Vorschlag von Alexander Keim, jede zweite Sitzung öffentlich zu machen, fanden neben dem Antragsteller die Gemeinderätinnen Christiane Gruber und Claudia von Hirschfeld (BGH) gut (siehe dazu auch den Kommentar und den Exklusiv-Artikel von herrsching.online https://herrsching.online/2023/05/05/will-der-arbeitskreis-umwelt-wirklich-eine-baumschutzverordnung/(öffnet in neuem Tab
).
Bürgermeister Schiller hat am 2. Mai mehreren Herrschinger Bürger:innen, die als Zuhörer:innen die Behandlung von Umweltthemen in ihrem Ort mitverfolgen wollten, den Zutritt zur AK Umweltsitzung verweigert, mit der Aussage: „Dies ist eine nichtöffentliche Sitzung!“
Zu diesem Zeitpunkt gab es weder im Gemeinderat, noch im Arbeitskreis selbst eine Abstimmung darüber, dass die Öffentlichkeit ausgeschlossen ist. Da es bei den zu behandelnden Umwelt- Themen/Anträgen weder um Personalangelegenheiten, Rechtsgeschäfte in Grundstücksangelegenheiten oder Steuerangelegenheiten geht, gibt es keine rechtliche Grundlage für eine nichtöffentliche Beratung.
Auf welcher rechtlichen Grundlage Herr Schiller die Öffentlichkeit am 2. Mai ausgeschlossen hat, steht unbeantwortet im Raum.
Dass der Ausschluss der Öffentlichkeit bei Bürger:innen Skepsis und Mißtrauen verursacht, ist umso verständlicher. Insbesondere, weil drei konkrete Bürgeranträge in diesen Arbeitskreis zur Behandlung „abgeschoben“ wurden.
Was hat Bürgermeister Schiller eigentlich vor der Öffentlichkeit zu verbergen?
Wer mehr von der Grünen Fraktion erwartet hat, soll sich getäuscht fühlen und sein Wahlverhalten überdenken. Wenn mir ein Grüner ins Gesichts sagt, Politik sei kein Wunschkonzert, habe ich mein Kreuz an der falschen Stelle gemacht.
Was ist falsch an der Aussage? Es gibt eben auch noch andere Parteien, die versuchen, ihre Interessen durchzusetzen.
Nennt sich Demokratie.
“….Wir wollen, dass die Menschen ihr Bayern besser mitgestalten und mehr mitbestimmen können. Dafür brauchen die Bürger*innen verständlichere Informationen und ein umfassendes Auskunfts- und Akteneinsichtsrecht. Mit uns gibt es deswegen ein Transparenzgesetz nach dem Grundsatz: Öffentliche Informationen werden öffentlich gemacht, private Informationen bleiben privat. So stärken wir demokratische Mitwirkung, so gelingt Informationsfreiheit in Bayern. In der Bayerischen Gemeindeordnung verankern wir das umfassende Recht auf Auskunft für Kommunalpolitiker*innen, die Fragen an die Verwaltung vor Ort haben. Wir stärken die Korruptionsprävention in der öffentlichen Beschaffung.
Wir stärken die direkte Demokratie durch mehr Bürgerbeteiligung: Die Hürden für Volksbegehren werden gesenkt und Volksentscheide auch dann ermöglicht, wenn sie finanzielle Auswirkungen haben könnten oder nur einzelne Maßnahmen betreffen. Die Bindungswirkung von Bürgerentscheiden verlängern wir auf zwei Jahre. Innovative Beteiligungsmodelle wie Bürgerräte, Planungszellen, Bürgergutachten und digitale Beteiligungsplattformen wollen wir in ganz Bayern erproben. Wir machen das Petitionsrecht zum bürgerfreundlichsten in ganz Deutschland [siehe Kapitel 4.2].
Zur Demokratie gehört auch die Stärkung der Grund- und Bürgerrechte. Deshalb werden wir ein Versammlungsfreiheitsgesetz erlassen und uns weiter dafür einsetzen, dass das Trennungsgebot zwischen Polizei und Verfassungsschutz eingehalten statt aufgeweicht wird…”
Regierungsprogramm zur Landtagswahl 2023 | Grüne Bayern