Die Kulturkirche als Straßenfeger: 280 Besucher drängten sich um den Altar, als der erste Tango-Takt durch die Heilig-Geist-Kirche in Breitbrunn flirrte. Che Tango Che, hey Tango überschrieb das Ad-hoc-Quartett aus dem KlangZeit-Duo Melchior und Zeller, aus Bettina Ullrich und Claudia Hrbatsch den Abend. Er war dem Tango-Komponisten Astor Piazolla gewidmet. „Tango”, erklärt Marie-Josefin Melchior ihre Liebe zum 4/8-Takt, „ist eine großartige Musik, weil sie so eine große Bandbreite an Emotionen hat.” Und diese Emotionen liegen den Beiden aus Breitbrunn besonders. Den Gesangspart hatte Bettina Ullrich übernommen, im bürgerlichen Leben Dozentin an der Theaterakademie und der LMU. Am Klavier saß Claudia Hrbatsch.
Der Tango, im vorletzten Jahrhundert in Argentinien und Uruguay entstanden, ist heute so vielfältig wie der Jazz. Diese Strömungen spiegelten sich besonders im Leben des Komponisten Astor Piazolla, den Bettina Ullrich in ihren kurzen Zwischentexten lebendig werden ließ. Als der Argentinier Piazolla seinen Tango Nuevo populär machen wollte, wurde er von Traditionalisten sogar verprügelt. Das ist Johann Zeller noch nie passiert, er und sein Akkordeon haben im Tango fast eine Art Lebensthema gefunden. Zu einem Tango-Ensemble gehört eigentlich ein Bandoneon, aber Zeller spielt sein Akkordeon so virtuos, dass es fast klingt wie das traditionelle argentinisches Handzuginstrument.

Vor 2 Jahren war KlangZeit schon einmal mit Bettina Ullrich aufgetreten, damals haben beide Duos jeweils ihre Glanz-Stücke vorgetragen Für das Konzert in der Kulturkirche trat nun ein veritables Quartett auf, wenngleich jedes Paar auch eigene Stücke präsentierte. Als KlangZeit Le Soleil levant intonierte, reagierte das Publikum fast wie bei einem Rockkonzert erkennbar emotionalisiert. Auch das gemeinsame Stück Yo Soy Maria aus einer Piazolla-Oper brachte kaum für möglich gehaltene Emotionen in das doch eher gesetztere Publikum. Auch nach dem Stück, das sich mit dem Jahr 3001 beschäftigte, brachen wahre Beifallsstürme los.
Das Zwei plus Zwei Quartett spielte mit einer Vertrautheit, als würde es schon lange zusammen spielen. Dabei kennen sich die 3 Musikerinnen und der Musiker erst aus 3 gemeinsamen Auftritten. „Hans und ich haben von Anfang so gut harmoniert, dass wir gar nicht viel proben mussten. Das ergibt sich einfach im Spiel. Interessanterweise passierte mit Bettina Ullrich und Claudia Hrbatsch am Klavier das Gleiche. Wir haben im Konzert Stimmungen erzeugt und Energien freigesetzt, die wir in den Proben garnicht hatten”, erzählt Marie-Josefin Melchior. Nur so ist zu verstehen, dass lediglich 2 Proben ein solches Klangbild erzeugen können.

Das Konzert war auch finanziell ein Erfolg: „Wenn wir immer soviele Spenden bekämen, wäre alles gut”, sagt die „Intendantin” der Kulturkirche, Marie-Josefin Melchior. Aber die „phantastische Unterstützung” der Gemeinde Herrsching scheint bitter nötig zu sein. „Ich versuche immer, die Gagen so auszuhandeln, dass wir bei Null rauskommen.” Die Breitbrunnerin hofft, dass der Kulturkirche noch ein paar Sponsoren aus der örtlichen Unternehmerschaft unter die Arme greifen. „Ich warte immer noch darauf, dass ein großzügiger Gönner in der Tür steht.”